Leitsatz
1. Die gegen eine vZTA i.S. des Art. 33 Abs. 1 UZK erhobene Anfechtungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO) erledigt sich nicht, wenn die vZTA aufgrund einer Änderung der KN nach Klageerhebung ungültig geworden ist.
2. Ein Probeneinlasssystem für ein Massenspektrometer ist unter Anwendung der Anm. 2 Buchst. a zu Kap. 90 KN in die Unterpos. 8424 89 00 KN einzureihen.
Normenkette
Unterpos. 8424 89 00, Kap. 90 Anm. 2 Buchst. a, Unterpos. 9027 90 50, Abschn. XVI Anm. 3 KN, § 100 Abs. 1 Sätze 1 und 4 FGO, Art. 33 Abs. 1, 2 und 3, Art. 34 Abs. 1 und 3 EUV 952/2003
Sachverhalt
Die Klägerin beantragte eine vZTA für ein Probeneinlasssystem X und schlug eine Einreihung in die Unterpos. 9027 90 50 KN vor. Das HZA reihte X mit vZTA vom 29.5.2012 allerdings in die Unterpos. 8419 89 98 KN ein. Den Einspruch der Klägerin wies das HZA zurück, hob die vZTA auf und reihte den X mit vZTA vom 7.4.2015 nunmehr in die Unterpos. 8424 89 00 KN ein.
Dagegen erhob die Klägerin Klage. Während dieses Klageverfahrens wurde die (vom HZA als einschlägig erachtete) Unterpos. 8424 89 00 KN mit Wirkung zum 1.1.2017 aufgehoben.
Die Klage hatte keinen Erfolg (FG Hamburg, Urteil vom 24.11.2017, 4 K 75/15, Haufe-Index 11638527). Das FG hielt den Hauptantrag, das HZA zu verpflichten, der Klägerin eine vZTA zu erteilen, mit der das X für den Zeitraum vom 7.4.2015 bis zum 31.12.2016 in die Unterpos. 9027 90 50 KN eingereiht werde, insgesamt für zulässig. Die vZTA vom 7.4.2015 sei durch Wegfall der Unterpos. 8424 89 00 KN erst ab 1.1.2017 ungültig geworden. Der Hauptantrag sei jedoch unbegründet, weil das HZA das X zu Recht in die Unterpos. 8424 8900 KN eingereiht habe. Der Hilfsantrag, festzustellen, dass die vZTA vom 7.4.2015 rechtswidrig gewesen sei, hielt das FG für unzulässig, weil bereits der Hauptantrag statthaft sei.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Soweit die Verpflichtungsklage für den Zeitraum vom 1.5.2016 bis 31.12.2016 zulässig war, bestätigte der BFH die Einreihung des Probeneinlasssystems durch das HZA in die Unterpos. 8424 89 00 KN in der vZTA vom 7.4.2015.
Hinsichtlich des Zeitraums vom 7.4.2015 bis zum 30.4.2016 war der Hauptantrag unzulässig. Die insoweit hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage war aus den gleichen Erwägungen unbegründet.
Hinweis
Zolltarifliche Entscheidungen haben selten Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Der Streitfall ist eine Ausnahme. Denn er betrifft eine ungültig gewordene verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) im Übergang von Zollkodex (ZK) zu Unionszollkodex (UZK).
Die Klägerin begehrte den Erlass einer bestimmten vZTA, hilfsweise die Feststellung, dass die bislang vorliegende vZTA rechtswidrig sei.
Im Kern ging es um die prozessualen Folgen dieses Ungültigwerdens einer vZTA, insbesondere ob das Rechtsschutzinteresse der Klägerin für eine Verpflichtungsklage weggefallen war oder nicht.
Eine vZTA kann insbesondere – wie im Streitfall – aufgrund einer Änderung der maßgeblichen Position der Kombinierten Nomenklatur (KN) (Art. 12 Abs. 5 ZK, Art. 34 Abs. 2 UZK), in die die Ware eingereiht wurde, oder aufgrund Zeitablaufs (Art. 12 Abs. 4 Satz 1 ZK, Art. 33 Abs. 3 UZK) ungültig werden. In beiden Fällen wird die vZTA nur für die Zukunft ungültig, nicht jedoch für die Vergangenheit (vgl. Art. 34 Abs. 3 UZK).
Nach der ständigen Senatsrechtsprechung unter Geltung des ZK ist der Klagegegenstand entfallen und der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, wenn eine angefochtene vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK ungültig wird. Eine Fortführung des auf Verpflichtung des HZA zur Erteilung einer vZTA gerichteten Klageverfahrens kam danach nicht in Betracht, weil es keinen zollrechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Tarifauskunft gibt.
Wird dem Antragsteller eine vZTA erteilt, ist sein Antrag beschieden, und zwar unabhängig davon, ob er die tarifliche Einreihung durch die Zollbehörde für zutreffend hält oder nicht. Ein eventuelles späteres Ungültigwerden der erteilten vZTA gemäß Art. 12 Abs. 5 ZK führt daher nicht dazu, den Antrag auf Erteilung einer vZTA nunmehr als nicht beschieden anzusehen (BFH, Beschluss vom 8.1.2014, VII R 38/12, BFH/NV 2014, 562, Haufe-Index 6466552).
Anders unter Geltung des UZK:
Gemäß Art. 33 Abs. 2 UZK ist eine vZTA sowohl für die Zollbehörden als auch für den Inhaber verbindlich. Dementsprechend muss der Einführer – anders noch unter Geltung des ZK – gemäß Art. 20 UZK-DVO die Referenznummer der vZTA zwingend in der Zollanmeldung angeben, wenn von den Zollförmlichkeiten Waren betroffen sind, die unter die vZTA fallen (auch wenn die Einreihung seinen Vorstellungen nicht entspricht). Diese beiderseitige Bindung einer vZTA gilt ab dem 1.5.2016 auch für solche vZTA, die zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft waren.
Auf dieser Grundlage hat der Senat im Streitfall unterschieden zwischen dem Zeitraum bis einschließlich 30.4.2016 und dem Zeitraum ab dem 1.5.2016:
- Hinsichtlich des Zeitraums bis 30.4.2016 war die im Hauptantrag erhobene Verpflichtungsklage unzulässig. Die hilfs...