Leitsatz
1. Die Regelungswirkung eines Bescheids, der einen vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31. Dezember eines Jahres feststellt, kann sich nicht auf Umstände beziehen, die sich erst im Folgejahr ereignen; insoweit trifft der Bescheid auch keine Feststellungen, die für Folgebescheide Bindung entfalten könnten.
2. Wird die an einer GmbH & atypisch still beteiligte GmbH auf die still beteiligte Personengesellschaft verschmolzen und ist für die atypische stille Gesellschaft ein Verlustvortrag festgestellt, um den die aufnehmende Personengesellschaft ihren Gewerbeertrag kürzen will, muss die für die Kürzung nach § 10a GewStG erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Gewerbebetrieb bestehen, den die GmbH vor ihrer Verschmelzung auf die Personengesellschaft geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Personengesellschaft nach der Verschmelzung (fort)führt. Der für die GmbH & atypisch still festgestellte Gewerbeverlust geht mangels Unternehmeridentität in dem Umfang unter, in dem er nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die verschmolzene GmbH entfiel.
Normenkette
§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO, § 10a GewStG, § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG
Sachverhalt
Die klagende KG war alleinige Anteilseignerin einer GmbH, an der mit einem Anteil von 80 % ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt gewesen war. Der stille Gesellschafter hatte seinen Anteil später an die KG verkauft. Einige Jahre später, im Juni 1998, wurde die GmbH mit Wirkung auf den 1.1.1998 auf die KG verschmolzen.
Im Jahr 1999 erließ das FA einen Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust der atypisch stillen Gesellschaft auf den 31.12.1997. Diesen Verlustvortrag berücksichtigte es jedoch bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags 1998 für die KG nicht, weil es an der Identität des Unternehmens der stillen Gesellschaft und der KG fehle.
Das FG teilte die Auffassung des FA (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 14.7.2009, 5 K 268/06, Haufe-Index 2209029, EFG 2009, 1796).
Entscheidung
Der BFH war anderer Meinung und verwies das Verfahren an das FG zurück. Für die Unternehmensidentität sei nicht auf das Unternehmen der stillen Gesellschaft, sondern das Unternehmen der GmbH abzustellen. Es müsse geprüft werden, ob das Unternehmen der GmbH mit dem der KG identisch sei. Treffe dies zu, sei der anteilig auf den Stillen entfallende Verlustvortrag zugunsten der KG zu berücksichtigen.
Hinweis
1. Die vom ersten Leitsatz des Urteils angesprochene verfahrensrechtliche Frage betrifft an sich eine Selbstverständlichkeit: Der Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31.12. eines Jahres kann Umstände, die sich erst nach dem Stichtag ereignet haben, nicht berücksichtigen.
Der BFH ist auf die Frage eingegangen aufgrund eines Arguments der klagenden KG, die sich auf ein BFH-Urteil zum Verlustabzug nach einem Mantelkauf gem. § 8 Abs. 4 KStG a.F. bezogen hatte (BFH, Urteil vom 22.10.2003, I R 18/02, BStBl II 2004, 468). Das FA hatte in dem damaligen Fall den Untergang des Verlustvortrags übersehen und auf den 31.12. des betreffenden Jahres einen Verlustvortrag zu Unrecht, aber bestandskräftig, festgestellt. Im Folgejahr wollte die GmbH den Verlustvortrag nutzen, was der BFH wegen der Bestandskraftwirkung des Vorjahresbescheids für gerechtfertigt hielt. Diese erfasse nicht nur die Höhe des Verlusts, sondern auch dessen Abzugsfähigkeit.
Im hier entschiedenen Fall lag das Ereignis, das zum Untergang des Verlustabzugs geführt haben konnte, aber nach dem Stichtag der Verlustfeststellung. Deshalb konnte aus der Feststellung nicht auf die nach dem Stichtag fortdauernde Abzugsfähigkeit des Verlustvortrags geschlossen werden.
2. In materieller Hinsicht kann der Verlustvortrag nur mit Gewinnen desselben Unternehmens verrechnet werden, das den Verlust erwirtschaftet hat (Unternehmensidentität), und zudem nur von dem Unternehmer, der den Verlust in eigener Person erlitten hat (Unternehmeridentität).
a) |
In Bezug auf die Unternehmensidentität hatten im entschiedenen Fall FA und FG angenommen, dass das Unternehmen einer atypisch stillen Gesellschaft in dem Halten der stillen Beteiligung bestehe. Dem widerspricht der BFH und vertritt die Auffassung, dass auf das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes abzustellen sei, wenn die stille Gesellschaft an seinem gesamten Unternehmen besteht. |
b) |
Hinsichtlich der Unternehmeridentität verhindert im Fall der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft § 18 Abs. 1 Satz 2 UmwStG den Übergang des Verlustvortrags auf die Personengesellschaft. Im Urteilsfall war die Personengesellschaft aber auch als atypisch stille Gesellschafterin an der umgewandelten Kapitalgesellschaft beteiligt. Weil bei Mitunternehmerschaften die Mitunternehmer als Träger des Verlusts angesehen werden, stand hier der Übernehmerin bereits in ihrer Funktion als Mitunternehmerin ein Anteil am Verlustvortrag der atypisch stillen Gesellschaft und damit letztlich am Verlust der Kapitalgesellschaft zu. Dieser Verlustanteil blieb ihr auc... |