OFD Niedersachsen, Verfügung v. 15.9.2015, S 2240 - 186 - St 222/St 221
Bezug: Verfügung vom 15.12.2010, S 2240 – 186 – St 221/St 222
I. Allgemeines
Ein Blockheizkraftwerk dient der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme (sogenannte Kraft-Wärme-Kopplung). Dabei wird mit einem Verbrennungsmotor zunächst mechanische Energie erzeugt und dann durch einen Generator in Strom umgewandelt. Die anfallende Abwärme des Generators und des Motors wird unmittelbar vor Ort zum Heizen eines Gebäudes und für die Warmwasserbereitung in dem Gebäude verwandt. Voraussetzung für einen sinnvollen Einsatz eines Blockheizkraftwerkes ist daher der gleichzeitige Bedarf an Strom und Wärme. Der selbst erzeugte Strom wird in der Regel insoweit in das öffentliche Netz eingespeist, als er nicht selbst verbraucht wird. Dabei sind die Netzbetreiber verpflichtet, Blockheizkraftwerke an ihr Netz anzuschließen und den in diesen Anlagen erzeugten Strom vorrangig abzunehmen.
Blockheizkraftwerke werden für unterschiedliche Einsatzgebiete mit verschiedenen Wirkungsgraden hergestellt:
Kleine Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung bis 50 Kilowatt (kw) werden in Wohn- und Geschäftshäusern anstelle oder zusätzlich zu einer Heizungsanlage eingebaut. Der Strom wird selbst genutzt, an die Mieter weitergegeben oder in das Stromnetz eingespeist.
Mittelgroße Blockheizkraftwerke mit einer Leistung bis zu mehreren 100 kw werden z.B. von Stadtwerken zur Heizung von Wohnsiedlungen oder Hallenbädern genutzt. Dabei wird der Strom in das eigene Netz eingespeist. Hierzu gehören auch die Blockheizkraftwerke, die zusammen mit einer Biogasanlage betrieben werden.
Große Blockheizkraftwerke über 10.000 kw eignen sich für die Strom- und Wärmeversorgung von großen Wohn- und Gewerbegebieten und Fabriken.
Die steuerliche Behandlung von Blockheizkraftwerken, die im Zusammenhang mit einer Biogasanlage betrieben werden, ergibt sich aus der Biogasfachprüferbesprechung 2014. Diese finden Sie im Fachinformationsportal/Fachbereiche/Einkommensteuer u. LuF/LuF/ESt-Luf: Biogasanlagen-Fachbesprechungen/Biogasanlagen-Fachbesprechung 2014.
II. Abgrenzung Gebäudebestandteil – Betriebsvorrichtung
II.1 Bisherige Verwaltungsauffassung
Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung waren Blockheizkraftwerke als selbständige, vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter und damit nicht als unselbständige Gebäudebestandteile zu behandeln. Dabei war es unerheblich, ob das Blockheizkraftwerk im Zuge einer Neuerrichtung eines Gebäudes oder einer Sanierungsmaßnahme hergestellt oder angeschafft worden ist und unter Umständen die einzige im Gebäude vorhandene Heizung darstellte.
II.2 Aus der Rechtsprechung resultierende neue Verwaltungsauffassung
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte mit Urteil vom 20.6.2008, 15 K 370/07 (DStRE 2008 S. 1437) für ein Blockheizkraftwerk keine gesonderte Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein selbständiges Wirtschaftsgut gewährt. Im Streitfall wurde die gesamte Heizungsanlage des Gebäudes ausgetauscht und durch ein Blockheizkraftwerk ersetzt. Die Klägerin hatte mithilfe dieser Anlage ihr auf Lieferung von Strom gerichtetes Gewerbe unmittelbar betrieben. Auf der anderen Seite diente das Blockheizkraftwerk als Heizungsanlage auch unmittelbar dem Zweck, das zu Wohnzwecken genutzte Gebäude nach der Entfernung der alten Heizung überhaupt nutzbar zu machen. Nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts war der Funktionszusammenhang der Heizungsanlage zum Gebäude vorrangig (kein selbständiges Wirtschaftsgut), weil die Anlage als Ersatz für eine verbrauchte Heizungsanlage installiert worden war.
Mit Urteil vom 23.9.2014, 3 K 2163/12 (EFG 2015 S. 19 – anhängiges Revisionsverfahren unter IX R 36/14), vertrat auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Auffassung, dass das Blockheizkraftwerk als Gebäudebestandteil anzusehen ist und damit die Anschaffungskosten als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen zu qualifizieren sind, wenn in einem Mietobjekt die verbrauchte Heizungsanlage durch ein Blockheizkraftwerk ersetzt wird.
Dieser Rechtsprechung haben sich die Einkommensteuer-Referatsleiter des Bundes und der Länder angeschlossen und entschieden, dass ein Blockheizkraftwerk nicht mehr wie ein selbständiges bewegliches Wirtschaftsgut, sondern als wesentlicher Gebäudebestandteil zu behandeln ist.
Bei Blockheizkraftwerken, die unmittelbar dem Gewerbe dienen (Betriebsvorrichtung), ist keine Änderung der Rechtsauffassung eingetreten. Die Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Blockheizkraftwerks gehören je nach Nutzung zu den Anschaffungs-/Herstellungskosten des von ihm mit Wärme versorgten Gebäudes oder einer (selbständigen) Betriebsvorrichtung.
II.2a Blockheizkraftwerk als Gebäudebestandteil
Blockheizkraftwerke sind wesentliche Gebäudebestandteile, wenn sie neben der Stromerzeugung auch der Beheizung und Warmwasserversorgung dieses Gebäudes dienen. Ein Gebäude ohne Heizungsanlage ist nach der Verkehrsanschauung noch nicht als fertiggestellt anzusehen. Es ist dabei ...