OFD Cottbus, Verfügung v. 8.12.1998, S 7100 - 48 - St 132
1. Runderlaß des Ministeriums des Innern
Mit dem Erlaß vom 15.10.1997, II Nr. 10/1997 hat das Ministerium des Innern die Landräte und Oberbürgermeister im Land Brandenburg darauf hingewiesen, daß es sich bei der Trinkwasserversorgung im Land Brandenburg um eine pflichtige (nicht: freie) Selbstverwaltungsaufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften handelt. Die kommunalen Gebietskörperschaften können diese pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe nicht auf Dritte übertragen, sondern sich lediglich privater Rechtssubjekte zur technischen Aufgabenerfüllung bedienen. Daraus ergibt sich u.a., daß aus den Bescheiden und Rechnungen, die ggf. von den privaten Rechtssubjekten gegenüber den Verbrauchern erstellt und versandt werden, in jedem Fall erkennbar sein muß, daß die Abrechnungen im Namen und für Rechnung der kommunalen Gebietskörperschaft erfolgen.
2. Leistungsbeziehungen
Da die öffentliche Wasserversorgung nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgisches Wassergesetz vom 13.7.1994 eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden bzw. an deren Stelle der Zweckverbände ist, sind diese bei der Wasserversorgung zwingend in den Leistungsaustausch eingebunden. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Wasserversorgung durch privatrechtliche Unternehmen (z.B. GmbH, KG) durchgeführt wird. In diesen Fällen sind die folgenden zwei Leistungen zu unterscheiden:
3. Leistung der Gemeinden bzw. der Zweckverbände
Die Gemeinden bzw. die Zweckverbände liefern im eigenen Namen und für eigene Rechnung Wasser an die Verbraucher. Als juristische Personen des öffentlichen Rechts begründen sie mit dieser Tätigkeit gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 KStG einen Betrieb gewerblicher Art. Ein nachhaltiger Jahresumsatz von über 60.000 DM dürfte regelmäßig erreicht werden,Abschnitt 5 Abs. 5 KStR 1995.
Die Gemeinden bzw. Zweckverbände sind somit im Bereich der Wasserversorgung unternehmerisch tätig, § 2 Abs. 3 UStG. Die Lieferung des Wassers ist steuerbar und steuerpflichtig. Sie unterliegt gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG i.V.m. lfd. Nr. 34 der Anlage zum UStG dem ermäßigten Steuersatz. Bemessungsgrundlage sind die von den Verbrauchern entrichteten Wassergebühren abzüglich der USt, auch wenn diese direkt an die (auch mit dem Inkasso) beauftragten privaten Unternehmen gezahlt werden. Die Gemeinden bzw. Zweckverbände (bzw. an deren Stelle die beauftragten privatrechtlichen Unternehmen im Namen und für Rechnung der Gemeinden bzw. Zweckverbände) können mit gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis über die Wasserlieferungen abrechnen. Sie sind im Bereich der Wasserversorgung grundsätzlich zum Vorsteuerabzug (z.B. aus den Abrechnungen der beauftragten privaten Unternehmen) berechtigt.
4. Leistung der beauftragten privatrechtlichen Unternehmen
Empfänger der Leistung der privatrechtlichen Unternehmen sind die Gemeinden bzw. die Zweckverbände, die als zur Wasserversorgung gesetzlich Verpflichtete die privatrechtlichen Unternehmen mit der Durchführung beauftragt haben. Die Leistung der privatrechtlichen Unternehmen an die Gemeinden bzw. Zweckverbände besteht in der Lieferung von Wasser, die als steuerbare und steuerpflichtige Lieferung ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG i.V.m. lfd. Nr. 34 der Anlage zum UStG unterliegt. Entgelt für diese Lieferungen sind alle von den Gemeinden bzw. Zweckverbänden gezahlten Beträge abzüglich der Umsatzsteuer. Dazu gehören z.B. die den Gemeinden bzw. Zweckverbänden zustehenden Wassergebühren, soweit sie im Wege des Inkassos von den privatrechtlichen Unternehmen erhoben und mit den eigenen Forderungen aus den Wasserlieferungen an die Gemeinden bzw. Zweckverbände verrechnet werden (Tz. 4 des Erlasses), oder auch an die privatrechtlichen Unternehmen weitergeleitete Zuschüsse zu den Betriebskosten oder zum Bau von Anlagen. Die privatrechtlichen Unternehmen können über ihre Wasserlieferungen unter gesondertem Umsatzsteuer-Ausweis gegenüber den Gemeinden bzw. Zweckverbänden, die insoweit vorsteuerabzugsberechtigt sind, abrechnen.
5. Fälle, in denen die Gemeinden bzw. Zweckverbände bisher nicht eingeschaltet waren
Wie aus Tz. 1 des Erlasses hervorgeht, haben einige Gemeinden bzw. Zweckverbände ihre pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der öffentlichen Wasserversorgung bisher nicht wahrgenommen. Die privatrechtlichen Unternehmen haben in diesen Fällen unter eigenem Namen und für eigene Rechnung Wasserlieferungen an die Verbraucher erbracht.
Abweichend von den oben unter Tz. 2. bis 4. dargestellten Grundsätzen sind diese Wasserlieferungen den privatrechtlichen Unternehmen zuzurechnen,Abschnitt 16 Abs. 2 Satz 1 UStR. Die Gemeinden bzw. Zweckverbände waren in diesen Fällen nicht in den Leistungsaustausch eingebunden. Ein Betrieb gewerblicher Art und eine unternehmerische Tätigkeit lag insoweit nicht vor.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 3