Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 13 O 438/02) |
Tenor
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 1. April 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frank-furt/Oder abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.476,05 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. August 2002 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Auf den Eröffnungsantrag der … K. … GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) vom 15.02.1999 hin beauftragte das Amtsgericht durch Beschluss vom 19.02.1999 (Bl. 12 d.A.) den Beklagten mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens.
Am 05.03.1999 ließ der Geschäftsführer der Schuldnerin – auf Vorschlag einer Mitarbeiterin des Beklagten – bei der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten ein neues Giro-konto einrichten. Bei der Kontoeröffnung erwähnte er den zuvor gestellten Insolvenzantrag nicht. Auf das neu eröffnete Konto gingen am 15.03.1999 Zahlungen in Höhe von 37.564,00 DM ein. Am 16.03.1999 bestellte das Amtsgericht um 13.00 Uhr durch Beschluss den Be-klagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter (Bl. 17, 18 d.A.). Es ordnete an, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vor-läufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. In dem Beschluss heißt es weiter unter anderem:
„Der vorläufige Insolvenzverwalter ist nicht allgemeiner Vertreter der Schuldnerin … Er wird ermächtigt, mit rechtlicher Wirkung für den Schuldner zu handeln, ist jedoch verpflichtet, diese Befugnis nur wahrzunehmen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufgabe schon vor der Ververfahrenseröffnung dringend erforderlich ist. Den Schuldnern der Schuldne-rin (Drittschuldnern) wird verboten, an die Schuldnerin zu zahlen. Der vorläufige Insolvenz-verwalter wird ermächtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen …” (Bl. 17 d.A.).
Dieser Beschluss ging der Schuldnerin am 18.03.1999 und der Klägerin am 31.03.1999 zu.
Am 16.03.1999 erteilte der Geschäftsführer der Schuldnerin der Klägerin verschiedene Überweisungsaufträge über insgesamt 22.445,21 DM (Bl. 20 – 23 d.A.). Die Klägerin führte die Überweisungen am 17. und 19.03.1999 aus. Am 19.04.1999 zahlte sie das Restguthaben der Schuldnerin in Höhe von 15.138,79 DM auf ein Konto des Beklagten.
Mit Schreiben vom 06.05.1999 (Bl. 26 d.A.) forderte der Beklagte die Klägerin auf, die – ohne seine Zustimmung – überwiesenen Beträge von 22.445,21 DM auf ein für die Schuldnerin eingerichtetes Konto zurückzuerstatten. Die Klägerin zahlte am 17.06.1999 den Betrag von 22.445,21 DM (11.476,05 EUR) an den Beklagten. Am 29.06.1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insol-venzverwalter ernannt (Bl. 28, 29 d.A.).
Die Klägerin verlangt die Rückzahlung des Betrages von 22.445,21 DM (11.476,05 EUR) mit der Begründung, ihr stehe ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereiche-rung gegen die Insolvenzmasse zu; bei diesem Anspruch handele es sich um eine Massever-bindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO bzw. § 55 Abs. 2 InsO); bei Ausführung der Überwei-sungsaufträge vom 16.03.1999 habe sie keine Kenntnis von dem vorläufigen Insolvenzver-fahren gehabt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.476,05 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.08.2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausge-führt, die Klage sei unzulässig, weil der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick darauf fehle, dass titulierte Forderungen nicht mehr durchsetzbar seien (§§ 87, 89 InsO). Im übrigen liege eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 InsO nicht vor. Der Klägerin stehe auch ein Anspruch aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO) nicht zu, weil der eingeforderte Betrag bereits mit der Überweisung auf das „Treuhandkonto” des Beklagten und damit vor Insolvenzeröffnung der Insolvenzmasse zugeflossen sei.
Die Klägerin hat Berufung eingelegt.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichem Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und auch begründet.
I.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die auf Erlangung eines Vollstreckungstitels gegen die Masse gerichtete Klage nicht schon unzulässig. Die Masse-gläubiger sind vorweg zu befriedigen (§ 53 InsO). Geschieht dies nicht, bedarf es eines Voll-streckungstitels gegen die Masse, der im Wege der Zwangsvollstreckung auch durchgesetzt werden kann. Das folgt aus der (Spezial-)Vorschrift...