Dipl.-Betriebsw. (FH) Silvia Bach
2.2.1 Allgemeines
Rz. 34
Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GOB) sind ein unbestimmter Rechtsbegriff, der die Gesamtheit aller kodifizierten und nicht kodifizierten Regeln umschreibt, die für die Rechnungslegung maßgebend sind. Die nicht kodifizierten Vorschriften sind sog. gesetzesergänzende Rechtssätze und damit zwingendes Recht.
Nach der sehr allgemeinen Definition in § 238 Abs. 1 HGB entspricht eine Buchführung dann den GoB, wenn sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Vermögenslage des Unternehmens vermitteln kann und sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und sachlichen Zuordnung verfolgen lassen.
Rz. 35
Die Normen des Handelsrechts und des Steuerrechts beantworten nicht alle bei der Führung der Bücher und bei der Erstellung des Jahresabschlusses auftretenden Fragestellungen, da der Gesetzgeber nicht alle zu regelnden Bereiche bis in alle Einzelheiten normieren kann. Mithilfe der nicht kodifizierten GoB müssen für diese offenen Fragen Lösungen gefunden werden. Diese nicht gesetzlich normierten GoB sind unter Beachtung von Sinn und Zweck der Rechnungslegung aus der Rechtsprechung, verschiedenen Fachgutachten und Stellungnahmen, dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum sowie der allgemeinen Verkehrsauffassung deduktiv zu erschließen.
Rz. 36
Eine vollständige Kodifizierung erscheint vor dem Hintergrund der sich ständig weiterentwickelnden Automatisierung und auch der Internationalisierung der Buchungsarbeit nicht sinnvoll, da die GoB einem dauernden Wandel und damit Anpassungsvorgang unterliegen.
Darüber hinaus kann es für die Rechtsentwicklung vorteilhaft sein, nicht zu stark durch starre Gesetze eingeschränkt zu sein.
Rz. 37
Die GoB lassen sich einteilen in
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung i. e. S.
(= GoB im Zusammenhang mit der eigentlichen Buchführung),
- Grundsätze ordnungsmäßiger Inventur und
- Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung.
Im Folgenden werden die GoB i. e. S. näher erläutert.
2.2.2 Handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (i. e. S.)
Rz. 38
Richtigkeit und Willkürfreiheit
Der Grundsatz der Richtigkeit und Willkürfreiheit verlangt die richtige Verbuchung der Geschäftsvorfälle in sachlicher und wertmäßiger Hinsicht. Die notwendige Übereinstimmung von Buchung und Geschäftsvorfall ist erfüllt, wenn der zugrunde liegende Tatbestand dem Buchungssatz sowie den Belegen vollständig entspricht. Die (kontenmäßige) Abbildung des Geschäftsvorfalles muss sowohl den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen als auch den rechtlichen Vorschriften genügen.
Willkürfreiheit bedeutet, dass der Buchführungspflichtige bei Schätzungen keine Werte ansetzen darf, die er selber nicht für zutreffend hält. Bei unklarem Sachverhalt muss der Geschäftsvorfall als "ungeklärter Posten" dokumentiert werden.
Rz. 39
Vollständigkeit
Zur sog. materiellen Ordnungsmäßigkeit gehört neben dem oben beschriebenen Grundsatz der Richtigkeit der Grundsatz der Vollständigkeit. Der Grundsatz bedeutet zum einen, dass alle Vorgänge, die das Vermögen oder den Erfolg des Unternehmens wertmäßig oder strukturell verändern, erfasst werden müssen. Grundsätzlich gilt die Einzelaufzeichnungspflicht für jeden einzelnen Geschäftsvorfall. Von der Aufzeichnungspflicht darf nur dann abgewichen werden, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich (unzumutbar) ist, die einzelnen Geschäftsvorgänge aufzuzeichnen. Diese Unzumutbarkeit hat der Steuerpflichtige nachzuweisen.
Die lückenlose Erfassung aller Geschäftsvorfälle ist bei DV-Systemen durch technische und organisatorische Kontrollen sicherzustellen. Ebenso darf ein Vorgang nicht mehrfach aufgezeichnet werden.
Die Nicht-Buchung buchungspflichtiger Vorgänge ist demnach ebenso unzulässig wie die Buchung fingierter Geschäftsvorfälle. In DV-Systemen darf die Erfassung eines tatsächlichen Geschäftsvorfalles nicht unterdrückt werden.
Zum anderen bedeutet der Grundsatz der Vollständigkeit für den einzelnen Geschäftsvorfall, dass dieser vollständig mit allen notwendigen Angaben wie Buchungsdatum, Belegnummer, Buchungssatz und Buchungstext dokumentiert werden muss.
Rz. 40
Grundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit (Ordnung)
Neben der materiellen Ordnungsmäßigkeit ist die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung verpflichtend. Diese gibt vor, dass die Buchführung so klar und übersichtlich beschaffen sein muss, dass ein sachverständiger Dritter sie ohne Schwierigkeiten übersehen kann und die Aufzeichnungen somit jederzeit nachprüfbar sind. Der Grundsatz der Klarheit und Übersichtli...