OFD Erfurt, Verfügung v. 29.7.2002, S 1402 A - 31 - L 251

Durch Änderung der Vorschriften in §§ 146,147 und 200 AO haben die Finanzbehörden im Rahmen von Außenprüfungen bei DV-gestützten Buchführungssystemen ab 1.1.2002 das Recht, Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem der Unternehmen zur Prüfung zu nutzen. Vor diesem Hintergrund wird zunehmend insbesondere durch die Vertreter der steuerberatenden Berufe die Frage aufgeworfen, ob die Einführung eines Buchführungs- oder Archivierungssystems durch die Finanzverwaltung zu genehmigen, oder vorab anzuerkennen ist. Nachfolgend ein Musterschreiben, mit dem diese Anfragen beantwortet werden können:

Die Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen sowie für die Aufbewahrung von Unterlagen in der AO §§ 146, 147 AO) und im HGB § 257 HGB) sehen nicht vor, dass die Einführung eines Buchführungssystems oder eines Archivierungssystems durch die Finanzverwaltung zu genehmigen oder vorab anzuerkennen ist. Eine Stellungnahme, ob ein bestimmtes System den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht, kann schon aus Gründen der Wettbewerbsneutralität nicht erfolgen.

Auch die Möglichkeit, das vorhandene oder geplante DV-System von der Finanzverwaltung als mit den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfung digitaler Unterlagen (GDPdU) konform zertifizieren zu lassen, besteht nicht. Insbesondere die Vielzahl und unterschiedliche Ausgestaltung und Kombination selbst marktgängiger Buchhaltungs- und Archivierungssysteme lässt keine Aussage der Finanzverwaltung zur Konformität der verwendeten oder geplanten Hard- und Software zu.

Allgemein ist jedoch Folgendes anzumerken:

Wird die Buchführung mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, muss sichergestellt sein, dass während der Dauer der Aufbewahrungsfrist die Daten jederzeit verfügbar sind, unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können § 145 Abs. 5 AO).

Zur Speicherung von Unterlagen lässt § 147 Abs. 2 AO den Einsatz, von Bildträgern oder anderen Datenträgern zu, wenn das jeweilige Verfahren den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspricht.

Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 7.11.1995 (BStBl 1995 I S. 738 ff.) „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme” (GOBS) aufgestellt. In diesem BMF-Schreiben wurden unter anderem auch Grundsätze zur Ordnungsmäßigkeit von Dokumentenarchivierungen aufgenommen.

Des Weiteren haben die Rechtsänderungen „Datenzugriff 1.1.2002” zur Folge, dass „konventionelle” EDV-Buchführungen, bei denen die Grundbücher und Konten laufend oder am Jahresende ausgedruckt (oder mikroverfilmt) und die Datenträger anschließend gelöscht werden, ab dem 1.1.2002 nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen entsprechen. Der Erwerb eines besonderen Archivierungsprogramms ist allerdings nicht erforderlich, soweit das genutzte Buchführungsprogramm über hinreichende Archivierungsfunktionen verfügt oder auf andere Weise – etwa durch Einsatz der im Betriebssystem vorhandenen Funktionen der Datenzugriff gewährleistet werden kann. Künftig müssen die gespeicherten Daten selbst bereitgehalten werden, wenn sie mittels EDV verarbeitet wurden. Eine Verarbeitung von Daten durch den Stpfl. mittels EDV liegt vor, wenn die Daten in elektronischer Form in das DV-System eingehen oder im DV-System erzeugt werden.

Nähere Einzelheiten regelt das BMF-Schreiben vom 16.7.2001 (BStBl 2001 I S. 415).

Über die oben beschriebenen Grundsätze hinaus ist aber für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit eines Buchführungs- und Archivierungssystems unter anderem entscheidend, ob die Belegerfassung lückenlos und die Verantwortlichkeit für die Belegarchivierung feststellbar ist.

Die Belegspeicherung sowie die Wiedergabe der Daten muss geordnet erfolgen und für einen fremden Dritten nachvollziehbar sein. Auch muss verfahrensbedingt ausgeschlossen sein, dass an einem einmal erfassten Beleg Veränderungen vorgenommen werden können.

Es muss sichergestellt sein, dass die Reproduktion immer mit dem Originalbeleg übereinstimmt. Soweit § 147 Abs. 2 Nr. 1 AO eine bildliche Übereinstimmung fordert, ist eine digital/optische Archivierung dann unbedenklich, wenn alle auf dem Originalbeleg enthaltenen Informationen originalgetreu bildlich wiedergegeben werden.

Ob die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, kann allerdings im Einzelfall nur im Rahmen einer Außenprüfung zusammen mit der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beurteilt werden. Bei solch einer Prüfung wird darüber hinaus festzustellen sein, ob das Archivierungssystem so ausgestaltet ist, dass die abgelegten Daten während des gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungszeitraums keinen system- bzw. material-bedingten Veränderungen unterliegen. Hinsichtlich der Aufbewahrungsfristen ist auch § 147 Abs. 3 Satz 2 AO zu beachten. Für die Prüfung ist eine aussagefähige Verfahrensdokumentation unbedingt notwendig.

Die System- und Verfahrensdokumentation muss so angeleg...

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