Leitsatz
1. Der Einschlag einzelner hiebsreifer Bäume in der Endnutzung führt zu einer Abspaltung eines Teilbetrags vom Buchwert des stehenden Holzes. Die Buchwertabspaltung ist allerdings nur bis zur Höhe des Teilwerts des jeweiligen Bestands zulässig. Reine Durchforstungsmaßnahmen lassen den Buchwert des stehenden Holzes unberührt.
2. Einschläge zur Anlegung von befestigten Wirtschaftswegen oder Lagerplätzen führen immer zur Abspaltung des auf das eingeschlagene Holz entfallenden Teils des Buchwerts. Die Anlage von (unbefestigten) Rückewegen ist demgegenüber als Durchforstungsmaßnahme anzusehen, die keine Minderung des Buchwerts für das stehende Holz zur Folge hat.
Normenkette
§ 4 Abs. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2003 einen Wald in Ostdeutschland mit einer Fläche von 228 ha und einem Bestand von ca. 105.000 Festmetern Holz erworben. Im Rumpf-Wirtschaftsjahr 2003 und im Wirtschaftsjahr 2003/04 veräußerte er insgesamt ca. 7.500 Festmeter Holz und machte in seinen Einnahmen-Überschussrechnungen Betriebsausgaben für Abschreibungen auf den Holzbestand von insgesamt ca. 100.000 EUR geltend. Das FA erkannte diese Betriebsausgaben nicht an.
Die dagegen erhobene Klage beim Thüringer FG (Urteil vom 10.2.2011, IV 639/06, Haufe-Index 2889325, EFG 2012, 678) hatte keinen Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, nur Einschläge auf einer zusammenhängenden Fläche von mindestens 1 ha führten zu einer Abspaltung des Buchwerts des eingeschlagenen Holzes und könnten zu Betriebsausgaben führen. Solche Einschläge habe der Kläger aber nicht vorgenommen.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision des Klägers statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Auch Einschläge einzelner Bäume führten zu einer Buchwertabspaltung, wenn es sich um eine Endnutzung handele und soweit dadurch der Teilwert des betroffenen Bestands nicht unterschritten werde. Bei Anlage von befestigten Wegen und Plätzen komme es immer zur Abspaltung des Buchwerts des dabei eingeschlagenen Holzes. Das FG müsse noch diesbezügliche Feststellungen treffen.
Hinweis
1. Das Urteil klärt Folgefragen zu BFH-Urteilen aus dem Jahr 2008, nämlich den Urteilen vom 5.6.2008, IV R 67/05 (BStBl II 2008, 960) und IV R 50/07 (BStBl II 2008, 968). Dort hatte der BFH seine ständige Rechtsprechung, dass nicht jeder einzelne Baum eines Waldes als Wirtschaftsgut anzusehen sei, dahin konkretisiert, dass als Wirtschaftsgut grundsätzlich der Baumbestand der kleinsten forstwirtschaftlichen Planungseinheit sei, der mindestens eine Fläche von 1 ha umfasse.
2.Folge davon ist, dass bei dem Einschlag eines gesamten solchen Bestandes das diesbezügliche Anlagegut "stehendes Holz" untergeht. Der Buchwert des betreffenden Holzes geht dann in das Umlaufvermögen über, zu dem das "geschlagene Holz" zählt. Werden nur Teile des Bestands abgeholzt, bleibt das Wirtschaftsgut weiter existent. Es kann zwar durch den Einschlag in seinem Wert unter die Anschaffungskosten gemindert sein. Dies würde aber nur in Gestalt einer Teilwertabschreibung zu einer Gewinnauswirkung führen. Eine Teilwertabschreibung kommt bei der in der Forstwirtschaft üblichen Einnahmen-Überschussrechnung jedoch nicht in Betracht.
3. Die Urteile des BFH aus dem Jahr 2008 waren teilweise – und so auch von der Vorinstanz des hiesigen Urteils – dahin verstanden worden, dass sich der Buchwert des stehenden Holzes ausschließlich bei Einschlag eines ganzen Bestands mindern könne. Dass dies ein Missverständnis war, stellt der BFH nun klar. Es gibt auch andere Gründe für eine Buchwertminderung, die nicht auf einer Teilwertabschreibung beruht.
a) Ein Anwendungsfall kann die sog. Endnutzung des Holzes sein, also der Einschlag hiebsreifer Bäume. Hier kommt es zu einer Abspaltung der anteilig auf den (wertvollen) Baum entfallenden Anschaffungskosten vom Anlagevermögen und deren Zuordnung zum Umlaufvermögen, soweit der Teilwert des Restbestands dadurch nicht unterschritten wird. Der Teilwert des jeweiligen Bestands bildet die untere Grenze der Buchwertabspaltung durch Einschlag in der Endnutzung.
b) Immer zur Abspaltung des Buchwerts kommt es bei der Anlage von befestigten Wegen und Plätzen im Wald. Diese Wege und Plätze werden eigenständige Wirtschaftsgüter. Nach Auffassung des BFH wird dann auch das auf den dafür verwendeten Flächen stehende Holz zu einem eigenständigen Bestand, dessen Buchwert sich von dem Buchwert des bisherigen Bestands abspaltet. Mit dem Einschlag bei Errichtung der Wege und Plätze geht das durch Abspaltung entstandene Wirtschaftsgut unter.
c) Kein Fall der Abspaltung ist der Einschlag im Zuge von Durchforstungsmaßnahmen. Diese dienen dem Zweck, durch Entfernung forstwirtschaftlich unerwünschter Bäume dem vorhandenen Bestand ein weiteres ungehindertes Wachstum zu sichern. Die Substanzminderung durch den Einschlag fällt im Vergleich zur Substanzsicherung des zu erhaltenden Baumbestands nach Meinung des BFH nicht ins Gewicht.
d) Kein Fall der Abspaltung ist auch der Einschlag zur Anlegung von sog. Rückewegen. ...