Leitsatz
1. Der Buchwertantrag nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 2006 kann in der notariellen Urkunde über die Umwandlung, von der der Notar dem zuständigen Finanzamt nach § 54 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung eine beglaubigte Abschrift übersendet, gestellt werden.
2. Ist die Mitunternehmerin der übernehmenden Personengesellschaft eine (weitere) Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft, die als Organgesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fungieren kann (§ 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG), darf das Feststellungsfinanzamt in der Gewinnfeststellung für die übernehmende Personengesellschaft keine Feststellung zur Abziehbarkeit des Übernahmeverlusts im Sinne des § 4 Abs. 6 UmwStG treffen.
Normenkette
§ 3 Abs. 2, § 4 Abs. 6 UmwStG 2006, § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG, § 54 EStDV
Sachverhalt
Die Kläger (zwei GmbHs) sind (Rechtsnachfolger von) Gesellschaftern einer KG, die aus einer formwechselnden Umwandlung einer anderen GmbH entstanden ist. In dem notariell beurkundeten Umwandlungsvertrag war vereinbart, dass das Betriebsvermögen zu steuerlichen Buchwerten übergehe. Der Notar übersandte den Vertrag dem FA. Die Kläger wandten sich im Laufe des Gewinnfeststellungsverfahrens für die KG gegen den Ansatz eines Übernahmeverlustes, den das FA festgestellt und einer GmbH als Gesellschafterin und Rechtsvorgängerin einer Klägerin zugerechnet hatte.
Die Kläger tragen vor, eine Buchwertübertragung sei nicht wirksam zustande gekommen. Das FG hat die Klage abgewiesen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 25.2.2022, 7 K 11215/18, Haufe-Index 15607069).
Entscheidung
Die Revision ist unbegründet, soweit die Zulässigkeit der Buchwertfortführung betroffen ist. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen der Buchwertübertragung erfüllt sind.
Begründet ist die Revision allerdings und das Urteil des FG aufzuheben, soweit dort angenommen wurde, dass der Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG nicht berücksichtigungsfähig sei. Da der Verlust auf eine Körperschaft entfällt, ist hier bei der Gewinnfeststellung der übernehmenden Personengesellschaft nur eine "Brutto"-Feststellung zulässig.
Hinweis
1. Ein Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG ist grundsätzlich nur "netto" festzustellen, also nur den abzugsfähigen Teil berücksichtigend.
2. Kann in dem Gewinnfeststellungsverfahren der übernehmenden Personengesellschaft nicht darüber entschieden werden, ob der Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStG außer Ansatz bleibt (Mitunternehmerin ist etwa Kapitalgesellschaft, die Organgesellschaft sein könnte – Ausschluss nach § 15 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG; oder es liegt mehrstöckige Personengesellschaft vor), so hat es eine "Brutto"-Feststellung des gesamten Übernahmeverlusts vorzunehmen und zusätzlich festzustellen, inwieweit darin ein Übernahmeverlust nach § 4 Abs. 6 UmwStGenthalten ist.
3. Für den Antrag auf Buchwertfortführung nach § 3 Abs. 2 UmwStG ist geregelt, dass er spätestens bis zur Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übertragenden Körperschaft zuständigen FA zu stellen ist.
4. Formvorschriften existieren nicht für diesen Buchwertantrag; er kann auch formfrei gestellt werden. In steuerlicher Schlussbilanz müssen Wirtschaftsgüter nicht tatsächlich mit Buchwerten angesetzt sein. Maßgeblich ist der rechtzeitig gestellte Antrag (Rechtsänderung durch UmwStG 2006).
5. Eine Buchwertvereinbarung in notariellem Umwandlungsvertrag ist ungenügend – außer eine Antragsklausel für FA ist darin enthalten, also ein an das FA gerichteter Antrag auf Ansatz eines Buch- oder Zwischenwertes.
6. Verfassungsrechtliche Prüfung der Nichtabziehbarkeit des Übernahmeverlustes erfolgt nur dort, wo Nichtabziehbarkeit festgestellt wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 10.7.2024 – IV R 8/22