Leitsatz

Die Übertragung von WG zwischen Schwestergesellschaften ist vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG nicht erfasst. § 6 Abs. 5 EStG ist im Wege einer verfassungskonformen Auslegung jedoch auf Übertragungen zwischen Gesamthandsvermögen von beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften zu erstrecken.

 

Sachverhalt

Bei der Klägerin handelt es sich um eine GmbH & Co. KG, an deren Vermögen die Gesellschafter K zu 67 % und B zu 33 % als Kommanditisten beteiligt sind. Komplementärin ohne Vermögensbeteiligung ist die M GmbH. Die Klägerin war Eigentümerin von drei Grundstücken. Des Weiteren gründeten K und B zusammen mit der S GmbH die S KG. Ihre Kommanditisten sind ebenfalls K mit 67 % und B mit 33 %. Die S GmbH ist Komplementärin ohne Kapitalanteil. Im Vertrag über die Errichtung der S KG war vereinbart, dass die Kommanditisten ihren Kapitalanteil durch Übertragung der drei oben genannten Grundstücke auf die S KG erbringen. In ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr verbuchte die Klägerin die Grundstücksübertragung als Entnahme zu Buchwerten; dementsprechend wurden die eingebrachten Grundstücke in der Eröffnungsbilanz der S KG zum Buchwert eingelegt. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Regelung des § 6 Abs. 5 EStG könne nicht auf die Überführung einzelner Wirtschaftsgüter zu Buchwerten zwischen Schwestergesellschaften angewendet werden, unabhängig von ihrer Personen- oder Beteiligungsidentität. Es seien daher die stillen Reserven aufzudecken. Hiergegen wurde Klage erhoben.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht einen Entnahmegewinn erfasst. Die vorliegende Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwestergesellschaften ist zwar vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG nicht erfasst. Allerdings ist § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG entsprechend anzuwenden. Es entspricht dem Subjektsteuerprinzip, dass ein Steuersubjekt die ihm zuzuordnenden stillen Reserven ungeachtet dessen beibehalten kann, in welchem Betriebsvermögen sich das betreffende Wirtschaftsgut befindet. Diesen Grundsatz regeln systemkonform §§ 6 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 EStG. Es ist deshalb eine besondere Rechtfertigung erforderlich, um stille Reserven der Besteuerung zu unterwerfen, wenn diese dadurch demselben Steuersubjekt zugeordnet bleiben, dass sie vom Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft unentgeltlich oder gegen Minderung und Gewährung von Gesellschaftsrechten in das Gesamthandsvermögen einer beteiligungsidentischen anderen Personengesellschaft übertragen werden. Eine solche Rechtfertigung ist jedoch nicht ersichtlich. Die Aufdeckung stiller Reserven aufgrund einer derartigen Übertragung würde demzufolge zu einer gleichheitswidrigen Besteuerung führen, denn sie kann sich weder auf die gesteigerte Leistungsfähigkeit des Gesellschafters noch auf eine Entstrickung und noch nicht einmal auf die erhöhte Gefahr einer späteren unbemerkten Entstrickung stützen.

 

Hinweis

Das Urteil ist zu begrüßen, da es eindeutig der steuerlichen Logik widersprechen würde, wenn bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften die stillen Reserven aufgedeckt werden müssten. Allerdings ist festzustellen, dass bereits Revision eingelegt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber die Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG abschließend entsprechend der steuerlichen Systematik zugunsten der Steuerpflichtigen ändert.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.05.2012, 1 K 271/10

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