Leitsatz
Verkauft eine Personengesellschaft Wirtschaftsgüter zum Buchwert an eine Schwesterpersonengesellschaft, ist über den Wortlaut der Vorschrift hinaus eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG möglich. Folglich kann die Übertragung steuerneutral vollzogen werden.
Sachverhalt
Eine Personengesellschaft verkaufte mehrere Grundstücke zum Buchwert an eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft. Kurz darauf wurde die Verkäuferin rückwirkend auf ihre Komplementärgesellschaft verschmolzen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die stillen Reserven der übertragenen Grundstücke aufzudecken seien, da vom Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG eine Buchwertübertragung zwischen Schwesterpersonengesellschaften nicht erfasst sei. Dabei stützte sich die Verwaltung auf ein Urteil des 1. Senat des BFH, welcher eine steuerneutrale Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen dem Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaft als unzulässig erachtete. Dagegen brachte der Kläger vor, dass die Anwendung der Vorschrift durch das Folgerichtigkeitsgebot gerechtfertigt sei und diese Auslegung auch vom 4. Senat des BFH in einem Aussetzungsbeschluss vertreten wurde.
Entscheidung
Das Gericht folgte dem Kläger und gab seiner Klage statt. Nach Auffassung des FG wurde im Streitfall keine Entnahme der Immobilien begründet. Vielmehr liege eine Übertragung von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft vor. Dieser Vorgang sei in Hinblick auf den BFH-Beschluss v. 15.4.2010, IV B 105/09 unter Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG ohne Aufdeckung von stillen Reserven möglich. Aufgrund der hiervon abweichenden Rechtsauffassung des 1. Senat des BFH in einem anderen Verfahren (BFH, Urteil v. 25.11.2009, I R 72/08) wurde eine Revision zugelassen.
Hinweis
Ein Revisionsverfahren ist mittlerweile beim 1. Senat des BFH anhängig (Az. I R 80/12). Darüber hinaus ist ein ähnliches Revisionsverfahren beim 4. Senat des BFH anhängig (Az. IV R 28/12). Da die beiden Senate die zu klärende Rechtsfrage in der Vergangenheit unterschiedlich beantwortet haben, ist eine endgültige Klärung wohl erst nach einer Vorlage beim Großen Senat des BFH zu erwarten. Da der Ausgang der Revision somit unklar ist, ergeben sich für die Gestaltungspraxis zunächst keine unmittelbaren Folgen. Allerdings sollten in vergleichbaren Verfahren Feststellungs- bzw. Festsetzungsverfahren durch Einspruch offen gehalten werden.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2012, 13 K 1988/09