Leitsatz
Wird ein Wirtschaftsgut durch den an einer KG zu 100 % beteiligten Kommanditisten (Situation der sog. Einmann-GmbH & Co. KG) aus dessen Sonderbetriebsvermögen unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen derselben KG übertragen, so ist für die Übertragung nicht deshalb rückwirkend der Teilwert anzusetzen, weil die KG bei unveränderten Beteiligungsverhältnissen das Wirtschaftsgut innerhalb der Sperrfrist des § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG veräußert. Dies gilt auch dann, wenn das Wirtschaftsgut in der Gesamthandsbilanz der KG mit dem bisherigen Buchwert ausgewiesen und deshalb für den Übertragenden keine negative Ergänzungsbilanz erstellt worden ist (Anschluss an BFH, Urteil vom 31.7.2013, I R 44/12, BFHE 242, 240).
Normenkette
§ 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 und Satz 4 EStG
Sachverhalt
Eine Einmann-GmbH & Co. KG hatte ein von ihr aktiviertes Grundstück vermietet. Im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für einen Verkauf des Grundstücks wurde bemerkt, dass dieses im Eigentum des Gesellschafters stand. Die Buchwerte für Grundstück und Gebäude wurden daraufhin in eine Sonderbilanz des Kommanditisten übernommen. Im Dezember des Folgejahrs (2007) brachte der Kommanditist das Grundstück zum Buchwert von ca. 1,7 Mio. EUR in das Vermögen der KG ein. Mit Kaufvertrag von demselben Tag veräußerte die KG das Grundstück zum Preis von 8,5 Mio. EUR. Der wirtschaftliche Übergang fand bei Kaufpreiszahlung im Jahr 2008 statt. Die KG stellte den Gewinn in eine Rücklage nach § 6b EStG ein.
Das FA war der Meinung, die Grundstücksveräußerung sei als Verletzung der nach der Buchwerteinbringung laufenden Sperrfrist gem. § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG zu beurteilen. Die KG war anderer Auffassung, weil keine stillen Reserven auf andere Gesellschafter übergegangen seien. Gleichwohl legte sie eine geänderte Gesamthandsbilanz auf den 31.12.2007 vor, in der sie das Grundstück mit dem späteren Kaufpreis abzüglich der Veräußerungskosten auswies. Außerdem wurde eine negative Ergänzungsbilanz für den Kommanditisten aufgestellt.
Das FA ging gleichwohl weiter von einer Sperrfristverletzung aus und erfasste die stillen Reserven des Grundstücks in der Gewinnfeststellung für 2007 als Sonderbetriebseinnahme des Kommanditisten.
Mit ihrer Klage hatte die KG Erfolg. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.7.2012, 3 K 2579/11 F, Haufe-Index 3304425, EFG 2012, 1914) entschied, die Sperrfrist sei zwar verletzt, der dadurch entstandene Übertragungsgewinn sei aber dem Kommanditisten durch die negative Ergänzungsbilanz zugeordnet und dadurch "neutralisiert" worden.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil im Ergebnis, stützte sich aber auf eine andere Begründung. Das Grundstück sei zum Buchwert auf die KG übertragen worden, was wegen der alleinigen Vermögensbeteiligung des Kommanditisten nicht zu einer Verschiebung der stillen Reserven auf ein anderes Steuersubjekt geführt habe. Deshalb sei durch den Vorgang keine Sperrfrist ausgelöst worden, sodass die Veräußerung im Folgejahr keine rückwirkende Aufdeckung der stillen Reserven auf den Zeitpunkt der Einbringung zur Folge habe.
Hinweis
1. Das Urteil des IV. Senats bestätigt die bereits vom I. Senat vertretene Auffassung, dass eine Buchwertübertragung gem. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG vom Gesellschafter auf die Gesellschaft bei einer Ein-mann-GmbH & Co. KG grundsätzlich keine Sperrfrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG auslöst. Vielmehr wird Satz 4 des § 6 Abs. 5 EStG in einem solchen Fall im Wege einer teleologischen Reduktion insgesamt nicht angewendet. Eine spätere Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen der Gesellschaft führt dann nicht zu einer rückwirkenden Aufdeckung der stillen Reserven im Jahr der Übertragung, sondern zur Versteuerung des Gewinns aus der Veräußerung oder Entnahme im betreffenden Wirtschaftsjahr.
Die Finanzverwaltung hat bisher in R 6.15 EStR eine andere Auffassung vertreten. Es ist zu hoffen, dass sie sich jetzt der einhellig vom BFH vertretenen Meinung anschließt.
2. Der Aufstellung einer Ergänzungsbilanz bedarf es zur Vermeidung einer Sperrfrist danach also grundsätzlich nicht. Allerdings gibt es auch keine Regelung, die die Aufstellung einer Ergänzungsbilanz im Fall der Einbringung verbieten würde. Wenn das Wirtschaftsgut in der Handelsbilanz mit einem den bisherigen Buchwert überschreitenden Wert bilanziert wird, ist eine negative Ergänzungsbilanz ohnehin erforderlich, um steuerlich die zwingende Buchwertfortführung zu erreichen. Auf die Zuordnung des späteren Veräußerungs- oder Entnahmegewinns wirkt sich die Ergänzungsbilanz allerdings nicht aus, weil dieser ja ohnehin dem alleinigen Kommanditisten der Einmann-GmbH & Co. KG zusteht.
3. Die vorstehenden Bemerkungen beruhen auf der in den beiden Urteilsfällen gegebenen Konstellation, dass im Zeitpunkt der Entnahme oder Veräußerung noch immer derselbe Kommanditist allein am Vermögen der KG beteiligt ist, der auch schon im Zeitpunkt der Buchwertübertragung beteiligt war. Für den Fall eines zwischenzeitlichen Beteiligungswechsels können and...