Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
1. Hat sich der Ehegatte des Alleingesellschafters einer GmbH gegenüber einer Bank für einen Kredit verbürgt, den diese der GmbH in einer wirtschaftlichen Krise gewährt hat, und wird der Ehegatte aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, sind die Bürgschaftsaufwendungen bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts der GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters zu berücksichtigen, soweit dieser verpflichtet ist, seinem Ehegatten die Aufwendungen zu ersetzen.
2. Ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Gesellschafter kann sich insbesondere aus § 426 BGB ergeben, wenn beide Ehegatten sich gesamtschuldnerisch für die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH verbürgt haben, beide aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurden und der bürgende Nichtgesellschafter einen höheren Beitrag geleistet hat, als seinem Anteil nach § 426 BGB entspricht.
Normenkette
§ 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG
Sachverhalt
Die Kläger (Eheleute) werden für das Streitjahr 1987 zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger betrieb zunächst ein Einzelunternehmen. Ab 1.1.1977 verpachtete er das Anlagevermögen an eine von ihm neu gegründete GmbH (GmbH I). Die GmbH I fiel im Januar 1981 in Konkurs.
Die Klägerin gründete am 1.5.1981 als Alleingesellschafterin die GmbH II, die fortan das Anlagevermögen des Einzelunternehmens pachtete. Ende 1984 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH II mangels Masse abgelehnt.
Beide Ehegatten hatten sich bereits im Mai 1981 gegenüber der Sparkasse X für alle Forderungen der Sparkasse gegenüber der GmbH II verbürgt. Das Vermögen der GmbH II wurde 1984 und 1985 zugunsten der Gläubiger verwertet. Zusätzlich wurden die Kläger im März 1985 aus ihrer Bürgschaft zugunsten der GmbH II von der Sparkasse in Anspruch genommen. Die Klägerin trat aufgrund ihrer Bürgschaftsverpflichtung ihre Ansprüche aus einer Lebensversicherung an die Sparkasse ab. Die Bürgschaftsverpflichtung des Klägers wurde durch Verwertung seines Guthabens bei der Sparkasse und durch Verwertung von Maschinen seines Einzelunternehmens erfüllt.
Das FA ging davon aus, dass die Verwertung von Vermögenswerten des Klägers nicht zu einer Erhöhung des Verlusts der Klägerin nach § 17 Abs. 4 EStG führe, da der Kläger an der GmbH II nicht beteiligt gewesen sei. Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab. Die Revision der Kläger hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 23.8.1999, GrS 2/97, BStBl II 1999, 782) kommt ein voller Abzug der Finanzierungsaufwendungen in Betracht, wenn Ehegatten gemeinsam, d.h. als Gesamtschuldner nach § 421 BGB, ein Darlehen aufgenommen haben und dieses nur von einem von ihnen zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Der BFH rechnet in diesem Fall die Finanzierungsaufwendungen dem Ehegatten zu, der das Darlehen für seine Einkünfteerzielung nutzt, unabhängig davon, ob die Leistungen auf das Darlehen mit Mitteln des Einkünfte erzielenden Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten bestritten wurden (BFH, Beschluss vom 23.8.1999, a.a.O.). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise, wenn sich Ehegatten gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung eines Darlehens verbürgen, das nur der Erzielung von Einkünften eines der Ehegatten dient.
Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft sind nur dann und insoweit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, als sie den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts unterliegen. Finanzierungshilfen Dritter unterliegen grundsätzlich nicht den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts.
Eine Ausnahme gilt aber für solche Finanzierungshilfen Dritter, die zwar nicht rechtlich, aber wirtschaftlich aus dem Vermögen eines Gesellschafters aufgebracht werden sollen. Diese Voraussetzung ist u.a. dann erfüllt, wenn die Finanzierungshilfe des Dritten wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters gewährt wird, z.B. weil dieser dem Dritten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist. So liegt es im Streitfall.
Die Leistungen des Klägers aus der Bürgschaft überstiegen die der Klägerin um 68970 DM. Nach §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 BGB waren beide Kläger im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen aus der gemeinschaftlich übernommenen Bürgschaft verpflichtet. Dem Kläger steht deshalb, soweit seine Leistungen aus der Bürgschaft die der Klägerin überstiegen, ein hälftiger Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin nach § 426 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB zu. Er hat in diesem Umfang für Rechnung der Klägerin geleistet.
Hinweis
1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kommen als nachträgliche Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung des Kapitalgesellschafters auch Verluste aus Bürgschaften des Gesellschafters zugunsten der Gesellschaft in Betracht, wenn die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlos ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 6.7.1999, VIII R 9/98, BStBl II 1999, 817). Die Übernahme der Bürgschaft ist nur dann durch das Gesellschaftsverhältnis ve...