Benjamin Frank, Julian Dombrowski
1.1 Über SMA Solar
SMA Solar Technology AG (SMA) mit Sitz im hessischen Kassel ist ein Spezialist für Photovoltaik- und Speicher-Systemtechnik. Das Portfolio umfasst ein breites Spektrum an Solar- und Batterie-Wechselrichtern, Systemlösungen für Photovoltaikanlagen und Speichersysteme aller Leistungsklassen, intelligenten Energiemanagementsystemen sowie Ladelösungen für Elektrofahrzeuge und Power-to-Gas-Anwendungen. Digitale Energiedienstleistungen sowie Serviceleistungen bis hin zur Übernahme von Betriebsführungs- und Wartungsdienstleistungen für Photovoltaik-Kraftwerke runden das Angebot ab.
Abb. 1: Übersicht Geschäftsportfolio der SMA Solar Technology AG
Die SMA begann Ende 2020 mit der Entwicklung eines Zielbildes zur integrierten Planung. Hierauf aufbauend folgte im Jahr 2021 auf der einen Seite die fachliche Konzeption von Prozessen, Rollen und funktionalen Anforderungen an ein neues System zur Umsetzung eines "Business Driven Planning" Ansatzes. Auf der anderen Seite erfolgte noch im selben Jahr die prozessuale und systemische Umsetzung, welche nach nur 12 Monaten in einem ersten Release live ging. Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in das Zielbild von SMA und wie dieses in einem neuen Prozess strukturiert wurde und beleuchtet die Herausforderungen der systemischen Implementierung.
1.2 Ausgangslage
Die SMA vereint unterschiedliche Geschäftsmodelle unter einem Dach, von klassischem Produktgeschäft mit Eigenproduktion und zugekaufter Handelsware über Großanlagen im Projektgeschäft bis hin zu Servicedienstleistungen. Dies findet weltweit in allen relevanten Märkten mit einem globalen Supply Chain set-up, bestehend aus europäischer Fertigung mit globaler Distribution und zu beliefernden Distributionszentren, statt.
Die Supply-Chain-Planung spielt daher eine elementare Rolle bei SMA, sodass als Ausgangspunkt der Reise zur vollständig integrierten Planung bereits ein gut strukturierter Sales & Operations Planning (S&OP) Prozess bestehend aus Sales Forecast, Demand Planning und Operations Planning bestand.
Wie in einem klassischen S&OP üblich, war dieser jedoch primär darauf fokussiert Kapazitätsbedarfe mit dem internen Angebot zu matchen, d. h. eine direkte Berücksichtigung der Finanzperspektive fand zu diesem Zeitpunkt nur einzelfallgetrieben bzw. in einer Parallelplanung statt.
1.3 Ursprünglicher Planungsprozess
Wie in Abb. 2 dargestellt, gab es zu Beginn des Projektes 4 Teilprozesse, welche den monatlichen Planungsablauf formen und einen rollierenden Planungshorizont von 18 Monaten aufweisen:
Sales Forecast (A): Die Bottom-up Vertriebsplanung der verschiedenen Regionalgesellschaften dient als initialer Input für die S&OP Planung und parallel dazu für sämtliche finanzielle Prognosen.
Dauer: Arbeitstag 1-5 jedes Monats | System: Salesforce
BU Demand Plan (B): Aufbauend auf dem Sales Forecast führen die einzelnen Geschäftsbereiche eine Top-down Anreicherung des Forecasts durch, um z. B. künftige Marktpotentiale oder Portfolioveränderungen ausreichend zu berücksichtigen. Dies ist als Gesamtbedarfsbild die Ausgangsbasis für die Operations Planning.
Dauer: Arbeitstag 6-8 jedes Monats | System: Excel / SAP Analytics Cloud
Operations Planning (C): Ausgehend vom Demand Plan findet die Erstellung des Produktionsgrobplans statt, d. h. der Demand Plan wird in mehreren Iterationen kapazitätsbereinigt unter Berücksichtigung aktueller lokaler Bestände, verfügbarer Fertigungskapazitäten und offener Bestellungen. Dieser Plan wird letztendlich innerhalb des monatlichen S&OP Meetings abgestimmt, mit möglichen Veränderungen gemeinsam verabschiedet und als Vorplanung für die nächsten Monate in das SAP System übergeben.
Dauer: Arbeitstag 9-17 jedes Monats (inkl. S&OP Meeting) | System: Excel
Revenue & Financial Forecast (D): Ausgehend vom Sales Forecast sowie Kapazitätsinformationen des Vormonats findet die monatliche Finanzplanung von Umsatz und Working Capital statt.
Dauer: Arbeitstag 6-12 | System: Excel
Wie die Dauer der Prozesse bereits andeutet (s. Abb. 2), bestanden bei SMA in der Vergangenheit 2 parallele Planungswelten jeden Monat.
Abb. 2: Ursprüngliche monatliche Planungsprozesse und ihre Verknüpfungen
Der ursprüngliche Ansatz bestand auf 4 verschiedenen, nur lose verknüpften Prozessabschnitten. Im Prozessabschnitt A agierte der monatlich rollierende S&OP Ablauf, der auf den aktuellen Vertriebsprognosen zu Beginn des Monats basierte. In Abschnitt B fand parallel hierzu die Finanzplanung statt; auch für diese bildete der Sales Forecast des aktuellen Monats die Ausgangsbasis. Da der S&OP-Lauf jedoch erst an Arbeitstag 17 abgeschlossen wurde, mussten für Zwecke der Finanzplanung jedoch die Kapazitätsinformationen des Vormonats genutzt werden.
Auf dieser Basis war eine integrierte Sicht mit einheitlicher Datenbasis nicht bzw. nur mit erheblichem Abstimmungsaufwand möglich. Zudem wurden Mitarbeiter in parallel ablaufenden Prozessen mit vielfachen Doppelabstimmungen und Datenübersetzungen zwischen verschiedenen Anwendungen und Systemen gebunden.
Um aus diesen Parallelwelten ein Gesamtbild zu erzeug...