Zusammenfassung
- Beim Business Partnering geht es im Kern darum, dass Controller dazu beitragen die Qualität unternehmerischer Entscheidungen zu verbessern, und dafür sorgen, dass die gewählte Alternative den höchsten finanziellen Wertbeitrag bei einem akzeptablen Risikolevel liefert.
- In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welche aktiven, d. h. konkreten Beiträge Controller leisten können. Der Fokus liegt dabei auf der Ausgestaltung des Entscheidungsprozesses, da dieser von zentraler Bedeutung für die Qualität von Entscheidungen ist.
1 Weshalb ist ein guter Entscheidungsprozess so wichtig?
Eine Studie von McKinsey kommt zu dem interessanten Ergebnis, dass der Entscheidungsprozess einen 6 Mal höheren Einfluss auf die Qualität der Entscheidung hat als die Analyse. Wenn diese Erkenntnis möglicherweise auf den ersten Blick verwundern mag, so ist sie doch auf den zweiten Blick plausibel. Entscheidungen sind mit Unsicherheit verbunden. Wir können versuchen diese zu reduzieren, jedoch wird bei jeder Entscheidung eine mehr oder weniger große Unsicherheit bleiben. Von daher müssen wir zwischen einer guten Entscheidung (gut in dem Sinne, dass sie auf einem guten Entscheidungsprozess basiert) und einem guten Ergebnis einer Entscheidung unterscheiden. Wenn die Zukunft sicher wäre, bräuchten wir diese Unterscheidung nicht. Die Entscheidung können wir steuern, nicht aber das Ergebnis der Entscheidung. Insofern ist der beste Weg, die Anzahl guter Ergebnisse zu erhöhen, den Fokus auf einen qualitativ hochwertigen Entscheidungsprozess zu legen.
Zu ergänzen ist noch eine interessante Erkenntnis aus einer neueren Studie von McKinsey. Danach ist auch die Schnelligkeit, mit der Unternehmen entscheiden können, ein wichtiger Erfolgsfaktor. Lange andauernde Entscheidungsprozesse führen nicht notwendigerweise zu besseren Ergebnissen.
2 Warum sollte das Controlling für den Entscheidungsprozess "zuständig" sein?
Wenn der Entscheidungsprozess wie eben erläutert so wichtig ist, dann stellt sich konsequenterweise als nächstes die Frage des Process Owners. Hier bietet sich die Finance Function bzw. speziell das Controlling an. Warum? Weil Controlling keine Partikularinteressen verfolgt. Bei der Arbeit des Controllers steht immer das Interesse des Gesamtunternehmens im Vordergrund und ist Maßstab seines Handelns. Da die Vielfalt der Perspektiven und die Flexibilität im Denken herausragende Merkmale guter Entscheidungen sind , wäre es nicht zielführend, den Prozess in die Hände einer Fachabteilung zu legen, die aus der Natur der Sache heraus Partikularinteressen – bzw. um es genauer zu sagen: ihre eigenen – verfolgt.
Und man kann es nicht oft genug betonen: viele schlechte Entscheidungen haben ihre Ursache in (zu) einseitigen Perspektiven auf das Entscheidungsproblem. Henry Ford sagte dazu sehr treffend: "If there is any one secret of success, it lies in the ability to get the other person's point of view and see things from that person's angle as well as from our own". In diesem Sinne kann man auch sagen, dass es eine der Hauptaufgaben eines Business Partners ist, ein "Perspektivwechselermöglicher" zu sein.
3 Was kann der Controller zu den einzelnen Schritten des Entscheidungsprozesses beitragen?
Abb. 1 gibt einen generischen Überblick über die Schritte eines guten Entscheidungsprozesses.
Abb. 1: 9 Schritte eines guten Entscheidungsprozesses
3.1 Schritt 1: Entscheidungsbedarfe erkennen
Entscheidungsbedarfe entstehen aus Engpässen (wie bspw. Kosten zu hoch, Qualität nicht gut genug, Durchlaufzeit zu lang oder Kapazität zu niedrig), aus Strategien oder – und diesem Thema sollte man im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie in Zukunft mehr Beachtung schenken – aus der Prävention, d. h. der Vermeidung zukünftiger Probleme. Diese Entscheidungsbedarfe können top-down oder bottom-up festgestellt werden. Für Controller sind hier 3 Beiträge denkbar und wünschenswert.
- Sie können und sollten sich, wie alle Mitarbeiter eines Unternehmens, einbringen, wenn es darum geht, Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dabei sollte die Messlatte für Controller hier etwas höher liegen, da Controller bezüglich der verfügbaren Daten ja sozusagen an der Quelle sitzen. Von daher sollten ihnen durch ihre Analysen und kritischen Fragen grundsätzlich mehr Verbesserungsansätze auffallen.
- In großen Organisationen besteht bei Mitarbeitern mitunter Unkenntnis darüber, wie man einer Idee oder einem Thema in der Organisation Gehör verschaffen und es anschließend voranbringen kann, d. h. zunächst einmal entscheidungsfähig aufbereiten kann. Bei dieser Aufgabe, die auch als "Issue Selling" bezeichnet wird, können und sollten Controller aktiv unterstützen.
- Der dritte Beitrag besteht in der oben erwähnten Prävention, für die Dan Heath den Begriff "Upstream" geprägt hat. Beim Upstream-Denken und -Handeln geht es um Maßnahmen, die entweder verhindern sollen, dass Probleme entstehen oder die das Schadensausmaß bei deren Eintreten reduzieren sollen. Es ist eine Richtung, kein Ziel. Das Gegenteil hiervon sind Downstream-Maßnahmen. Diese werden ergriffen, um bereits bestehende Probleme zu lösen. Upstream bezeichnet also ein Denken und Handeln, das grundsätzlich aus dem Risikomanagement bekannt ist...