Für die praktische Umsetzung empfiehlt sich ein Vorgehensmodell, das sich in 3 Schritte gliedert und die oben angesprochenen Gestaltungsprinzipien konsequent einbezieht. Folgende Schritte sind dabei zu unterscheiden (s. Abb. 1):
- Phase 1: Evaluierung & Heat Map
- Phase 2: Schrittweise Optimierung
- Phase 3: Konsequente Umsetzung
Abb. 1: Übersicht zum Vorgehensmodell
3.1 Phase 1: Evaluierung & Heat Map
3.1.1 Strukturierte Analyse der Prozesse und erste Optimierungshebel
Phase 1 steht im Zeichen einer zielgerichteten Evaluierung der Prozesslandschaft. Hierbei werden bestehende Prozesse erfasst, kritisch diskutiert und Optimierungspotenziale identifiziert. Ziel ist es dabei, wesentliche bzw. weitreichende Verbesserungen in den Prozessen zu erzielen und nicht lediglich inkrementelle Optimierungen anzustreben. Ein entsprechendes Anspruchsniveau ist hierbei gemeinsam mit dem Top-Management als Projektauftraggeber zu definieren und von Beginn an zu kommunizieren.
In dieser Phase hat es sich bewährt, nicht – wie vielleicht intuitiv naheliegend, – sofort auf bestehende Prozessmodelle des Unternehmens aufzusetzen. Vielmehr ist ein entscheidender Erfolgsfaktor unabhängig von bestehenden Detaildokumentationen in enger Zusammenarbeit mit dem (Top-)Management, eine geeignete Prozesslandkarte festzulegen, die dann die Basis für die weitere Arbeit im Projekt darstellt. Bestehende Prozessdokumentationen sind oft veraltet und bilden mitunter nur mehr eingeschränkt die Realität ab. Zudem sind in einer solchen Analyse auch oftmals die "Blind Spots", also noch nicht (ausreichend) beschriebene Prozesse, vielversprechende und weitreichende Optimierungshebel, die es zu identifizieren und optimieren gilt.
Die definierte Prozesslandkarte muss sowohl Kern- als auch unterstützende Prozesse beinhalten und einen sinnvollen, d. h. managementtauglichen Detaillierungsgrad aufweisen. Wesentlich ist hierbei dann die Hypothesenbildung gemeinsam mit dem (Top-)Management hinsichtlich zentraler Optimierungshebel. Auf dieser Grundlage erfolgt dann die weitere Analyse als Top-down-getriebener Prozess.
3.1.2 Von einer Process Heat Map zur Optimierungs-Roadmap
In einem nächsten Schritt werden die definierten Hypothesen strukturiert geprüft. Dabei werden im Zuge des Desk Research bestehende Unterlagen einbezogen wie bspw. Prozessdokumentationen, Richtlinien, Handbücher etc. Sie bilden die Basis für die Vorbereitung von Interviews mit relevanten Process Ownern bzw. weiteren Ansprechpartnern. Ziel der gut vorbereiteten Gespräche ist es, das Verständnis für die Prozesse/Prozesslandschaft zu schärfen und Problembereiche bzw. Optimierungspotenziale zu identifizieren. Die Ergebnisse werden dann nutzenorientiert dokumentiert und abschließend in einer Process Heat Map aufbereitet (s. Abb. 2).
Dabei bildet das zuvor mit dem (Top)-Management entwickelte Prozessmodell die Grundlage zur Visualisierung. Auf Basis der Heat Map wird die Aufmerksamkeit auf wesentliche Potenziale gelenkt und bildet hierbei auch die Grundlage für die Priorisierung.
Abb. 2: Beispiel für eine Process Heat Map
Auf dieser Grundlage erfolgt dann die Diskussion mit dem Management. Hierbei gilt es Optimierungspotenziale zu diskutieren und diese in erste Initiativen zu überführen. Wesentlich ist dabei, dass die Kosten/Nutzen-Relation gehaltvoll diskutiert und erhoben wird. Zudem sind die erforderlichen Ressourcen (soweit bereits ableitbar) und (potenzielle) Risiken darzustellen. Ebenso sind Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Initiativen bereits hier zu erfassen und zu beschreiben. Ggf. sind auch relevante Projektumfelder mit deren Abhängigkeiten einzubeziehen.
Für die Zusammenführung der Einzelinitiativen empfiehlt sich die Abbildung in einer Roadmap. Diese schafft nicht nur mehr Sensibilität für Zusammenhänge und Komplexität, sie hilft auch, das Gesamtvorhaben zu visualisieren und dem Management einen Überblick zu liefern. Zudem zeigt sie auch im Falle von Abhängigkeiten die Sequenzierung der einzelnen Initiativen auf (s. Abb. 3).
Abb. 3: Phase 1 im Überblick
3.2 Phase 2: Schrittweise Optimierung
3.2.1 Konkretisierung der Initiativen
Auf Grundlage der identifizierten Potenziale werden konkrete Initiativen abgeleitet. Die Initiativen sind in Phase 2 zu detaillieren, um die Basis für die Umsetzung zu schaffen. Dafür sind auch frühzeitig konkrete Verantwortlichkeiten zuzuweisen und jene Personen, die später die Umsetzung vorantreiben, auch intensiv einzubinden.
In dieser Phase sind fallbezogen auch Deep Dives, also ein detaillierterer Einstieg in den Prozess und seiner Charakteristika erforderlich. Ziel ist es dabei, die aktuelle Vorgehensweise im Detail zu verstehen und kritische Aktivitäten nicht vorschnell auszublenden, die aber entscheidend für die Abwicklung des Prozesses sind. Auf Grundlage dieser sehr fokussierten vertiefenden Analyse kann dann die Entwicklung der Sollprozesse erfolgen.
Bei der Entwicklung der Sollprozesse gilt es den potenziellen Raum an Lösungsoptionen von Beginn an breiter aufzuspannen und nicht von vornherein ausschließlich auf eine (inkrementelle) prozessuale Veränderung zu fokussieren. Erfahrungsgemäß müssen Optimierungshebel umfassend gedacht und im Rahmen der Entwicklung der Sollprozesse analysiert bzw. diskuti...