Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Änderung einer Vergnügungsteuersatzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die rückwirkende Änderung einer Vergnügungsteuersatzung verstößt nicht gegen das Prinzip des Vertrauensschutzes, wenn in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorausgegangen sind und mit der Neuregelung kein neuer Steuertatbestand eingeführt, sondern nur eine unwirksame Abgabensatzung geheilt wird.
2. Dass für Spielgeräte in Spielhallen und andernorts unterschiedliche Steuersätze für die Vergnügungsteuer als Aufwandsteuer gelten, ist sachlich wegen der unterschiedlichen Spielanreize und den vom Satzungsgeber verfolgten Lenkungszielen gerechtfertigt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 105a Abs. 2a; KAG BW §§ 1, 2 Abs. 1, § 9 Abs. 4
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 21.07.2008; Aktenzeichen 2 S 2706/07) |
VG Stuttgart (Urteil vom 10.10.2007; Aktenzeichen 16 K 2252/04) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte, die auf Grundlage einer mit Rückwirkung versehenen kommunalen Satzung festgesetzt wurde.
I.
1. Der Beschwerdeführer, ein Spielgeräteaufsteller, der Geldgewinnspielgeräte in einer Spielhalle und einer Gaststätte im Gebiet der Stadt F. aufgestellt hatte, wurde auf der Grundlage der in der Stadt F. im Jahre 1984 erlassenen Vergnügungssteuersatzung für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004 zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 35.640 EUR herangezogen. Nach dieser Satzung hatte jeder Aufsteller pro Monat und für jedes aufgestellte Geldspielgerät pauschal 120 EUR an Steuer zu bezahlen; dieser Betrag verdoppelte sich auf 240 EUR, wenn das Geldspielgerät in einer Spielhalle aufgestellt war.
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Beschwerdeführer Klage gegen die Steuerbescheide. Während des Klageverfahrens änderte die Stadt am 12. Juni 2007 ihre Vergnügungssteuersatzung. Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Geldspielgeräte war nunmehr das Einspielergebnis. Die Steuer betrug 15 Prozent des Einspielergebnisses. Weiterhin wurde eine Mindeststeuer von 60 EUR pro Monat und aufgestelltem Gerät, sowie eine Höchststeuer von 120 EUR pro Monat und aufgestelltem Gerät eingeführt. Für Geldspielapparate in Spielhallen betrug die Mindeststeuer 120 EUR, die Höchststeuer 240 EUR. Diese Änderung sollte bis 30. Juni 2007 gelten und rückwirkend ab 1. April 2003 Anwendung finden.
Am selben Tag beschloss die Stadt F. eine neue Vergnügungssteuersatzung, die am 1. Juli 2007 in Kraft treten sollte. Die Besteuerung der Geldspielgeräte betrug auch hier 15 Prozent des Einspielergebnisses, die Mindeststeuer war unverändert, nur eine Höchststeuer war für die künftige Satzung nicht vorgesehen.
Nachdem der Beschwerdeführer der Stadt seine Einspielergebnisse für den maßgeblichen Zeitraum mitgeteilt hatte, erließ diese am 13. August 2007 auf Grundlage der rückwirkend geänderten Satzung geänderte Vergnügungssteuerbescheide. Für den streitigen Zeitraum wurde die bisher festgesetzte Vergnügungssteuer auf 24.124,32 EUR vermindert.
2. Das Verwaltungsgericht wies mit Urteil vom 10. Oktober 2007 die Klage als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Kammer aus, die Auswahl des Einspielergebnisses als Bemessungsgrundlage sei rechtlich zulässig und wesentlich wirklichkeitsnäher als der zuvor verwendete pauschale Stückzahlmaßstab.
Die zugleich in der angegriffenen Satzung enthaltenen Mindeststeuersätze seien vor dem Hintergrund des mit der Vergnügungssteuer auch verfolgten Lenkungszwecks der Eindämmung der Spielsucht rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei nicht feststellbar, dass die durch die Stadt gewählte Mindeststeuer nach ihrer tatsächlichen Besteuerungswirkung dazu führe, dass der Primärmaßstab, der den Vergnügungsaufwand der Spieler abbilde, in Frage gestellt werde.
Auch die in der Satzung vorgesehenen Höchstbetragssätze stellten keinen unzulässigen Stückzahlmaßstab dar. Wegen der der Gemeinde zustehenden Schätzungsbefugnis bei Nichtvorlage der erforderlichen Belege sei die vorgesehene Besteuerung nach dem Höchstbetrag auch gerechtfertigt.
Die durch die Änderungssatzung vom 12. Juni 2007 angeordnete Rückwirkung stelle lediglich eine unechte Rückwirkung beziehungsweise tatbestandliche Rückanknüpfung dar. Es werde durch die Satzung auf in der Vergangenheit begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte eingewirkt. Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen, insbesondere dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit sei dies vereinbar.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ließ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart nicht zu.
Entscheidungsgründe
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG.
Die Verletzung seiner Berufsfreiheit erfolge durch die Festsetzung der Vergnügungssteuer, insbesondere in Form einer Mindeststeuer. Die Ausübung des Berufs des Automatenaufstellers werde beschränkt, da die Aufstellung von Spielgeräten an weniger stark frequentierten Orten gezielt eingedämmt und verhindert werden solle. Dieser Eingriff sei nicht gerechtfertigt.
Die Vergnügungssteuersatzung sei verfassungswidrig, da sie bereits außerhalb der Kompetenznorm des Art. 105 Abs. 2a GG stehe. Die unterschiedlichen Mindest- und Höchststeuersätze für die Aufstellung der Spielgeräte in Spielhallen und Gaststätten verstießen zudem gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung und seien nicht mit dem Charakter einer Aufwandsteuer in Einklang zu bringen. Die Spieler würden an beiden Orten den gleichen Spieleinsatz bezahlen. Eine Gleichheit im Belastungserfolg sei nicht mehr gewährleistet. Eine beabsichtigte Eindämmung der Spielsucht könne die höhere Besteuerung von Spielautomaten in Spielhallen nicht rechtfertigen, da eine übermäßige Betätigung der Spielsucht unabhängig von dem Ort der Aufstellung der Geräte stattfinden könne.
Die Vergnügungssteuersatzung verstoße auch gegen das Rechtsstaatsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG. Die Satzung entfalte eine unzulässige echte Rückwirkung, beziehungsweise eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen. Soweit Steuertatbestände an Handlungen anknüpften, müsse die Rechtsfolge bereits im Augenblick des Handelns gesetzlich vorgesehen sein. Diese echte Rückwirkung sei für den Beschwerdeführer auch belastend, da zum Zeitpunkt der Aufstellung der Spielgeräte kein wirksamer Steuertatbestand gegeben gewesen sei. Anders als bei Gesetzen gehe von Satzungen keine Rechtsscheinwirkung aus. Auch könne eine nichtige Satzung keine Rechtsscheinwirkung entfalten.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die Voraussetzungen für eine Annahme nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen des verfassungskonformen Steuermaßstabs von Spielgerätesteuern, der Zulässigkeit von rückwirkenden Abgabennormen sowie der Zulässigkeit von Lenkungszwecken im Abgabenrecht sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der von dem Beschwerdeführer als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Belastung der Spielgeräteaufsteller mit einer Vergnügungssteuer, zumal wenn sie wie hier auch dem Ziel dient, die Zahl der Geldgewinnspielgeräte einzudämmen, greift in die Berufsausübungsfreiheit der Spielgeräteaufsteller ein (vgl. BVerfGE 14, 76 ≪101≫; 31, 8 ≪26 ff.≫). Die angegriffenen Vergnügungssteuerbescheide in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. August 2007 und die die geänderte Steuerfestsetzung bestätigenden Entscheidungen der Verwaltungsgerichte verletzen die Berufsfreiheit des Beschwerdeführers jedoch nicht. Die der Steuerfestsetzung zugrunde liegende Vergnügungssteuersatzung in der hier maßgeblichen Fassung vom 12. Juni 2007 begründet eine verfassungsrechtlich zulässige kommunale Aufwandsteuer (a), die von der Stadt F. ohne Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG rückwirkend im Besteuerungsmaßstab geändert werden konnte (b). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Vergnügungssteuersatzung mache es den Aufstellern von Spielautomaten wirtschaftlich unmöglich, den gewählten Beruf zur Grundlage ihrer Lebensführung zu machen, ist die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung bereits unzulässig; im Übrigen ist die auf dieser Satzung beruhende Steuerfestsetzung unter dem Gesichtspunkt der Berufsausübungsfreiheit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (c).
a) Bei der hier in Streit stehenden Spielgerätesteuer handelt es sich um eine Aufwandsteuer, die auf der Grundlage des Art. 105 Abs. 2a GG durch die Stadt F. gemäß § 1, § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 4 des Kommunalabgabengesetzes für Baden-Württemberg durch eine Satzung begründet werden konnte. Danach können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Zur Begründung der Rechtsnatur der Spielgerätesteuer als Aufwandsteuer wird auf den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009 zum Hamburgischen Spielgerätesteuergesetz verwiesen (1 BvL 8/05, DVBl 2009, 777 ff., juris Rn. 44 ff.). Die Vergnügungssteuer in der Form der herkömmlichen Spielautomaten- oder auch Spielgerätesteuer ist danach den Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG zuzuordnen, da sie die Leistungsfähigkeit des Spielers erfassen soll, der sich an dem Gerät vergnügt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 46f.). Bei der Vergnügungssteuer der Stadt F. handelt es sich um eine solche Aufwandsteuer, unabhängig davon, ob – nach der ursprünglichen Fassung – ein Stückzahlmaßstab verwendet wurde oder – nach der durch Beschluss vom 12. Juni 2007 geänderten Fassung – die Bemessung der Steuer an den Spieleinsatz anknüpft.
b) Die in der Änderungssatzung vom 12. Juni 2007 angeordnete Rückwirkung der Neuregelung zum 1. April 2003 verletzt nicht das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG und damit auch nicht die Freiheit der Berufsausübung des Beschwerdeführers aus Art. 12 Abs. 1 GG.
aa) Vor dem Rechtsstaatsprinzip bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines in der Vergangenheit liegenden Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte. Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde den Einzelnen in seiner Freiheit erheblich gefährden, wenn die öffentliche Gewalt an sein Verhalten oder an ihn betreffende Umstände im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen dürfte, als sie zum Zeitpunkt seines rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 97, 67 ≪78 f.≫; 105, 17 ≪36 f.≫; 109, 133 ≪181≫). Danach ist eine echte Rückwirkung als nachträglich ändernder Eingriff in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig, eine Einwirkung des Gesetzgebers auf bereits begründete, aber noch nicht abgewickelte Sachverhalte als unechte Rückwirkung hingegen grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig (vgl. BVerfGE 72, 175 ≪196≫; 74, 129 ≪155≫; 75, 246 ≪279 f.≫; 79, 29 ≪45 f.≫; 101, 239 ≪263≫). Vertrauensschutz steht auch einer echten Rückwirkung von Gesetzen jedoch dann nicht entgegen, wenn ein solches Vertrauen sachlich nicht gerechtfertigt ist. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass bei einer Reihe von Fallgruppen schutzwürdiges Vertrauen nicht besteht (vgl. BVerfGE 13, 261 ≪271 f.≫). So ist das Vertrauen unter anderem dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge vom Gesetz zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste. Auch kann der Bürger sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen. Er kann mit anderen Worten wegen des auch von einer letztlich als ungültig erkannten Norm regelmäßig ausgehenden Rechtsscheins ihrer Wirksamkeit und mit Rücksicht auf den in ihr zum Ausdruck gekommenen Rechtssetzungswillen des Normgebers nicht stets darauf vertrauen, von einer entsprechenden Regelung jedenfalls für den Zeitraum dieses Rechtsscheins verschont zu bleiben. Der Gesetzgeber kann daher unter Umständen eine nichtige Bestimmung rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen (vgl. BVerfGE a.a.O.).
bb) Die Verwaltungsgerichte wenden diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung auf den Bereich der durch die Kommunen festgesetzten Steuern, Beiträge und Gebühren an. Danach kann eine Heilung unwirksamer kommunaler Abgabesatzungen mit Wirkung für vergangene Zeiträume ohne Verletzung des rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes grundsätzlich dann erfolgen, wenn der mit Rückwirkung versehenen Neuregelung in der Vergangenheit gleichartige Regelungsversuche vorausgegangen sind. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, von einer solchen Abgabe verschont zu werden, kann dann nicht entstehen (vgl. zu Beiträgen und Gebühren: BVerwG, Urteil vom 22. November 1968 – IV C 87.68 –, DVBl 1969, S. 273 f.; Urteil vom 26. Juni 1970 – IV C 134.68 –, DVBl 1970, S. 835; BVerwGE 50, 2 ≪7 f.≫; 64, 218 ≪220, 223≫; 67, 129 ≪131 f.≫; Beschluss vom 7. Februar 1996 – 8 B 13/96 –, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 36; Beschluss vom 19. Oktober 2006 – 9 B 7/06 –, juris, Rn. 8; für kommunale Steuern: BVerwGE 37, 252 ≪253 ff.≫ – Schankerlaubnissteuer; Beschluss vom 28. August 2007 – 9 B 15/07 –, BFH/NV 2008, Beilage 1, S. 80 – Spielautomatensteuer und Beschluss vom 31. März 2008 – 9 B 30/07 –, Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 191 – Spielautomatensteuer; vgl. ferner Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 2 Rn. 35 [September 2005] m.w.N.).
In einigen Ländern wurden in Umsetzung dieser Rechtsprechung in den Kommunalabgabengesetzen ausdrücklich Regelungen geschaffen, die den rückwirkenden Erlass von Satzungen für eine „gleiche oder gleichartige Abgabe” vorsehen (vgl. § 3 des Hessischen Gesetzes über kommunale Abgaben i.d.F. vom 31. Januar 2005, GVBl S. 54, § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes i.d.F. vom 14. Dezember 2007, GVBl S. 410, § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i.d.F. vom 17. Dezember 2008, GVBl S. 452; § 2 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Schleswig-Holstein i.d.F. vom 20. Juli 2007, GVOBl S. 362). Für das Land Baden-Württemberg existiert eine solche Regelung zwar nicht; damit ist eine entsprechende Praxis jedoch nicht ausgeschlossen.
cc) Diese im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte Rechtspraxis begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Gerade im Bereich der kommunalen Abgaben zeigt sich, dass gemeindliche Abgabensatzungen immer wieder an – teilweise rein formalen – Fehlern leiden, die die Rechtmäßigkeit ihrer Erhebung im Grundsatz jedoch nicht in Frage stellen. Hat eine Gemeinde ihre Absicht, eine bestimmte Abgabe zu erheben, durch den förmlichen Erlass einer entsprechenden Satzung kund getan, kann der Bürger, auch wenn er sie für rechtswidrig hält, dementsprechend bekämpft und möglicherweise in einigen Punkten erhebliche Mängel der Abgabesatzung aufzuzeigen vermag, je nach Art und Behebbarkeit dieser Mängel kein schutzwürdiges Vertrauen darauf begründen, auf Dauer von dieser Abgabe verschont zu bleiben. Sofern diese Gründe für die Rechtswidrigkeit der Satzung in einer Weise behoben werden können, die den Charakter und die wesentliche Struktur der von Anfang an beabsichtigten Abgabe unberührt lässt, steht das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen des Bürgers der rückwirkenden „Reparatur” einer solchen Satzung nicht entgegen.
Handelt es sich um eine Beitrags- oder Gebührensatzung, so liegt das Fehlen eines schutzwürdigen Vertrauens auf der Hand, da der Bürger hier Sondervorteile entgegengenommen hat, deren Unentgeltlichkeit er grundsätzlich nicht erwarten kann, und deshalb auf jeden Fall mit einer entsprechenden Vorteilsabschöpfung rechnen muss. Für den Bereich der kommunalen Steuer gilt dies zwar nicht, da sie diesem Abgabentyp gemäß gegenleistungsunabhängig geschuldet wird (vgl. § 3 Abs. 1 AO). Gleichwohl besitzen die eine ausnahmsweise zulässige Rückwirkung wesentlich tragenden Gründe auch bei der kommunalen Steuer ihre Berechtigung, weil und sofern der Bürger sich mit dem Inkrafttreten einer entsprechenden Steuersatzung auf eine Abgabe dieser Art und für diesen Steuertatbestand grundsätzlich einstellen muss, auch wenn es noch zu späteren Korrekturen der Satzung kommen mag (vgl. die ebenfalls zum Steuerrecht ergangene Leitentscheidung für diese Rechtspraxis in BVerfGE 13, 261 ≪271≫ sowie den hierauf Bezug nehmenden Hinweis in dem zum Hamburgischen Spielgerätesteuergesetz ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 2009, a.a.O., juris Rn. 100).
dd) Gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen durfte die Stadt F. der Änderung der Vergnügungssteuersatzung mit Inkrafttreten der Änderungssatzung vom 12. Juni 2007 Rückwirkung für die Zeit bis 1. April 2003 beimessen.
Die Stadt F. hatte bis zum Inkrafttreten des Änderungsbeschlusses vom 12. Juni 2007 in § 3 der Satzung den Stückzahlmaßstab als Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer auf den Einsatz von Geldspielgeräten verwendet. Dieser Maßstab ist jedoch wegen struktureller Ungeeignetheit zur gleichheitsgerechten Belastung des Vergnügungsaufwands der Spieler verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht mehr zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., juris Rn. 63 ff.) und war schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Änderungssatzung nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur noch unter sehr engen Voraussetzungen vertretbar (vgl. BVerwGE 123, 218). Damit lagen die Voraussetzungen für eine rückwirkende „Heilung” des fehlerhaften Maßstabs vor.
Der Beschwerdeführer konnte in dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. April 2003 bis 31. März 2004, in dem er Geldspielgeräte entgeltlich zur Nutzung bereitgehalten und damit die in der zur damaligen Zeit bekannt gegebenen Satzung genannten Merkmale des Steuertatbestandes erfüllt hat, kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend entwickeln, er werde für diesen Zeitraum nicht mit einer Vergnügungssteuer belastet werden. Die Stadt F. hatte vielmehr schon bisher durch die bestehende Vergnügungssteuersatzung dokumentiert, dass sie dieses Verhalten mit einer Vergnügungssteuer belasten möchte. Mit der Änderungssatzung vom 12. Juni 2007 hat die Stadt F. dann auch nicht rückwirkend einen neuen Steuertatbestand eingeführt oder den Charakter der bereits nach der alten Steuersatzung beabsichtigten Spielgerätesteuer geändert, sondern lediglich den Steuermaßstab von der Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab auf eine Besteuerung nach dem Einspielergebnis umgestellt. Dies verändert weder den von Anfang an beabsichtigten Charakter der Steuer als Aufwandsteuer noch ihre grundlegenden Strukturen in Form der indirekten Besteuerung der im Vergnügungsaufwand der Spieler zum Ausdruck kommenden Leistungsfähigkeit, erhoben beim Automatenhalter.
Für den Beschwerdeführer stellt diese rückwirkende Änderung des Steuermaßstabs der indirekt erhobenen Vergnügungssteuer in Bezug auf vergangene Besteuerungszeiträume auch insofern keine Verletzung schützenswerten Vertrauens dar, als er in der Abgabenhöhe gegenüber der bisher geltenden Steuersatzung jedenfalls nicht schlechter gestellt wird. Der mit Rückwirkungsanordnung neu eingeführte Steuermaßstab in § 3 der Satzung stellt durch den für den Rückwirkungszeitraum vorgesehenen Steuerhöchstbetrag je Spielgerät in Höhe des bisher geltenden Stückzahlmaßstabs von 120 EUR, in Spielhallen 240 EUR, sicher, dass die vor der rückwirkenden Regelung vorgesehene Steuerbelastung nicht überschritten wird. Für den Beschwerdeführer führt dies in Kombination mit dem im Übrigen geltenden neuen Steuermaßstab dazu, dass die zunächst für den gesamten Streitzeitraum in Höhe von 35.640 EUR festgesetzte Vergnügungssteuer auf 24.124,32 EUR vermindert wurde.
c) Die Vergnügungssteuer erweist sich auch im Übrigen als verhältnismäßige Regelung der Berufsausübung des Beschwerdeführers. Sie ist durch hinreichend gewichtige Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die Beteiligung der Allgemeinheit durch eine Steuer an dem Aufwand für das Vergnügen des Spielers ist legitim und angemessen, auch wenn dadurch die Rentabilitätsgrenze der Geldspielgeräte herabgesetzt und die Zahl der Apparate vermindert wird (vgl. BVerfGE 14, 76 ≪101≫; 31, 8 ≪32≫). Hiermit kann zugleich einer Gefährdung der Spieler und der Allgemeinheit durch die Verursachung von Folgekosten vorgebeugt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89, 2 BvR 1714/92, 2 BvR 1508/95 –, juris Rn. 57, 51 sowie näher zum Lenkungszweck der Mindestbesteuerung im Folgenden unter 2).
2. Die angegriffene Steuerfestsetzung, die sie tragende Vergnügungssteuersatzung und die sie bestätigenden Entscheidungen verletzen nicht den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Der verwendete Steuermaßstab des Einspielergebnisses ist gleichheitsgerecht (a und b). Der Satzungsgeber verfolgt hinsichtlich der Einführung einer Mindeststeuer (c) und der unterschiedlichen Besteuerung der Spielautomaten, die innerhalb oder außerhalb von Spielhallen aufgestellt sind (d), verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Lenkungszwecke. Zur Rechtfertigung der Rückwirkung war auch die Festlegung eines festen Höchststeuersatzes zulässig (e).
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 ≪291≫; 117, 1 ≪30≫; stRspr). Für den Sachbereich des Steuerrechts verbürgt der allgemeine Gleichheitssatz den Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten (vgl. BVerfGE 110, 274 ≪292≫; 120, 1 ≪44≫). Der Gesetzgeber hat dabei einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (vgl. BVerfGE 65, 325 ≪354≫; 93, 121 ≪135≫; 105, 73 ≪126≫; 117, 1 ≪30≫; 120, 1 ≪29≫) und des Steuermaßstabs (vgl. BVerfGE 14, 76 ≪93≫; 31, 8 ≪19, 25 f.≫). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Steuergesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben steuerrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler darf allerdings ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die steuerlichen Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 ≪292≫; 117, 1 ≪31≫; 120, 1 ≪30≫). Außerdem darf eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. BVerfGE 27, 142 ≪150≫; 112, 268 ≪280 f.≫; 117, 1 ≪31≫). Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte – bezogen auf den in Rede stehenden Sachverhalt und seine Eigenart – ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl. BVerfGE 90, 226 ≪239≫; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 55).
Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands hat der Gesetzgeber die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne dieser Belastungsgleichheit umzusetzen. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE 99, 88 ≪95≫; 99, 280 ≪290≫; 107, 27 ≪47≫; 117, 1 ≪31≫).
Das hindert den Gesetzgeber nicht daran, außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen (stRspr; vgl. BVerfGE 93, 121 ≪147≫; 99, 280 ≪296≫; 105, 73 ≪112≫; 110, 274 ≪292≫; 117, 1 ≪31≫). Er darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden (vgl. BVerfGE 98, 106 ≪117≫; 117, 1 ≪32≫). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten des Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (vgl. BVerfGE 93, 121 ≪147≫; 117, 1 ≪32≫).
Die Lenkung mit Hilfe des Steuerrechts nimmt in Kauf, dass das Lenkungsziel nicht in jedem Fall erreicht wird. Sie ist ein Instrument zur Annäherung an ein Ziel (vgl. BVerfGE 98, 106 ≪121≫). In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (vgl. BVerfGE 17, 210 ≪216≫; 93, 319 ≪350≫; 110, 274 ≪293≫; 117, 1 ≪32≫). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet aber nur, dass er seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 ≪216≫ unter Bezugnahme auf BVerfGE 12, 354 ≪367 f.≫; 110, 274 ≪293≫; 117, 1 ≪32≫).
Außerdem muss der Lenkungszweck von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen (vgl. BVerfGE 93, 121 ≪147 f.≫; 99, 280 ≪296≫; 105, 73 ≪112≫; 110, 274 ≪293≫; 117, 1 ≪32≫) und seinerseits wiederum gleichheitsgerecht ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 93, 121 ≪148≫; 110, 274 ≪293≫; 117, 1 ≪32≫).
b) Soweit die Vergnügungssteuersatzung mit einem Prozentsatz bei dem Einspielergebnis der Spielgeräte als Bemessungsgrundlage ansetzt, ist eine gleichheitsgerechte Erfassung des Vergnügungsaufwandes des Spielers bei dem Veranstalter gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 71).
c) Die vorgeschriebene Mindeststeuer erweist sich ebenfalls als verfassungsgemäß.
aa) Soweit die Vergnügungssteuersatzung eine Mindeststeuer von 60 EUR pro Spielgerät und Monat unabhängig von dem tatsächlichen Aufwand der Spieler regelt, führt dies zu einer ungleichen Höherbelastung von Spielgeräteaufstellern, soweit sie an einem Automaten ein unter 400 EUR im Monat liegendes Einspielergebnis erzielt haben, gegenüber den Aufstellern, die jenseits dieser Grenze in Höhe von 15 Prozent des Einspielergebnisses besteuert werden. Die Situation entspricht im Anwendungsbereich des Mindeststeuerbetrages dem Ansatz eines – verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht mehr zulässigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 63 ff.) – Stückzahlmaßstabs. Trotz ungleicher Einspielergebnisse von 0 EUR bis 400 EUR entsteht in jedem Fall bei dem Geräteaufsteller der Mindeststeuersatz von 60 EUR.
bb) Diese Ungleichbehandlung ist indessen durch den mit der Einführung der Mindestbesteuerung verfolgten Lenkungszweck gerechtfertigt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss zur Hamburgischen Spielgerätesteuer ausdrücklich angemerkt, dass es den normgebenden Körperschaften unbenommen bleibe, durch die spezifische Ausgestaltung eines mit Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich vereinbaren Steuermaßstabs für eine Verwirklichung des Lenkungsziels zu sorgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 89). Hierbei hat der Senat auf einen entsprechenden Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Leitentscheidung zu den verfassungsrechtlichen Grenzen des Stückzahlmaßstabs Bezug genommen, der ausdrücklich einen Mindeststeuersatz zu Lenkungszwecken für zulässig hält (vgl. BVerwGE 123, 218 ≪235≫).
Ein solch zulässiges Lenkungsziel ist in der Bekämpfung und Eindämmung der Spielsucht zu sehen. Hierbei handelt es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel. Nach dem gegenwärtigen Stand der Forschung steht fest, dass Glücksspiele und Wetten zu krankhaftem Suchtverhalten führen können. Spielsucht kann zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für den Betroffenen selbst führen, sondern auch für seine Familie und die mit Folgekosten belastete Gemeinschaft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 1997, a.a.O., Rn. 57, 51; EuGH, Urteil vom 6. November 2003 – C-243/01 – Gambelli u.a., Slg. 2003, I-13076 ≪13099≫; BVerfGE 115, 276 ≪304 f.≫). Von den unterschiedlichen Formen des Glücksspiels spielen die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten, die nach den Vorschriften der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen (vgl. BVerfGE 115, 276 ≪305≫ m.w.N.).
cc) Die Stadt F. beabsichtigte ausweislich des Satzungsentwurfs vom 22. Mai 2007, die Zahl der im Stadtgebiet aufgestellten Spielgeräte – neben der bezweckten Einnahmenerzielung – deshalb zu beschränken, um die Spielsucht zu bekämpfen. Der Mindeststeuerbetrag sollte deshalb neben dem einzuführenden Prozentsatz des Einspielergebnisses festgesetzt werden, damit zur Eindämmung der Spielsucht keine Spielgeräte mehr an schwächer frequentierten Standorten lohnend betrieben werden können.
dd) Der Lenkungszweck wird auch im Ergebnis gleichheitsgerecht verfolgt. Insbesondere erweist er sich als hinreichend gewichtig, um die darauf gestützte Differenzierung zu tragen, und der Mindeststeuerbetrag als geeignet, erforderlich und nicht unverhältnismäßig, um das beabsichtigte Lenkungsziel zu erreichen. Dabei kommt dem Normgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang bei der Frage zu, ob ein Mittel zur Erreichung seines Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. BVerfGE 115, 276 ≪308 f.≫).
(1) Geeignet im verfassungsrechtlichen Sinne ist ein Mittel dann, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 63, 88 ≪115≫; 67, 157 ≪175≫; 96, 10 ≪23≫; 103, 293 ≪307≫; 115, 276 ≪308≫). Nach diesem Maßstab ist die Annahme des Satzungsgebers, durch den Mindeststeuersatz werde eine Verbreitung von Geldspielautomaten eingeschränkt, nicht zu beanstanden. Nach den Regeln des Marktes ist davon auszugehen, dass Angebot und Nachfrage entscheidend für das wirtschaftliche Verhalten der beteiligten Akteure sind. Sollte sich deshalb für einen aufgestellten Spielapparat innerhalb einer gewissen Zeit nicht das Einspielergebnis einstellen, das einen Gewinn des Aufstellers gewährleistet, so wird er regelmäßig seinen Auftritt am Markt überdenken. Es erscheint durchaus wahrscheinlich, dass er die Aufstellung von Spielgeräten dort unterlassen wird, wo das Einspielergebnis so gering ist, dass er nicht einmal seine eigenen Kosten decken kann. Der Druck auf den Spielgeräteaufsteller, aus Gründen der Wirtschaftlichkeit weniger Spielgeräte aufzustellen, wird durch einen Mindeststeuersatz erhöht.
(2) Die Erforderlichkeit einer gesetzgeberischen Maßnahme zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts ist verfassungsrechtlich nur dann zu beanstanden, wenn nach den dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen jedoch weniger belasten (vgl. BVerfGE 25, 1 ≪12, 19 f.≫; 40, 196 ≪223≫; 77, 84 ≪106≫; 115, 276 ≪309≫). Dass mit einem geringeren Mindeststeuerbetrag als den angeordneten 60 EUR die gleiche Lenkungswirkung bei geringerer Eingriffsintensität erzielt werden könnte, ist jedenfalls nicht offensichtlich. Die Wahl des Steuersatzes durch den Satzungsgeber erfolgte im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
(3) Der Ansatz eines Mindeststeuerbetrages erweist sich auch nicht als unangemessen. Der mit der Mindeststeuer zulässigerweise erstrebte Lenkungszweck der Eindämmung der Spielsucht durch Verminderung der Zahl der aufgestellten Spielgeräte darf nicht dazu führen, dass das Ziel einer gleichheitsgerechten Erfassung des Vergnügungsaufwands des Spielers an Geldspielgeräten insgesamt nicht mehr erreicht wird. Die Mindeststeuer darf deshalb nicht den oberhalb der Mindeststeuer durch prozentuale Besteuerung des Einspielergebnisses geschaffenen Wirklichkeitsmaßstab in seiner tatsächlichen Besteuerungswirkung in Frage stellen (vgl. BVerwGE 123, 218 ≪235≫). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass der Mindeststeuersatz im Satzungsgebiet der Stadt F. in weniger als 30 Prozent der Steuererhebungen angesetzt wurde. Dass der Satzungsgeber damit seinen Gestaltungsspielraum bei der Verfolgung legitimer Lenkungszwecke überschritten hätte, ist nicht erkennbar, da der ganz überwiegende Teil der Besteuerungsvorgänge danach im Bereich des Wirklichkeitsmaßstabs verbleibt und im Übrigen auch bei Anwendung der Mindeststeuer vielfach noch in der Nähe des Einspielergebnisses liegen dürfte.
ee) Die durch die Stadt F. mit der Mindeststeuer verfolgten Lenkungsziele stehen auch nicht im Widerspruch zur übrigen Rechtsordnung. Bodenordnungsrechtliche Regelungen über die Gebietsverträglichkeit von Vergnügungsstätten in Bebauungsplänen und der Baunutzungsverordnung werden durch Ziel und Funktion der Mindestbesteuerung von Geldspielautomaten – eine gewisse Eindämmung des Spieltriebs zu erreichen – nicht beeinträchtigt. Auch läuft die ökonomische Begrenzung der Spielsucht durch Besteuerung nicht den ordnungsrechtlichen Regelungszielen der Bestimmungen der Spieleverordnung zuwider.
d) Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch der erhöhte Mindeststeuerbetrag für Spielgeräte, die in Spielhallen aufgestellt werden.
Soweit der Mindeststeuerbetrag von monatlich 120 EUR für jedes in einer Spielhalle aufgestellte Geldspielgerät greift, erhöht sich die schon für den Mindeststeuerbetrag von 60 EUR festgestellte ungleiche Belastung von Geräteaufstellern mit geringerem Einspielergebnis. Trotz ungleicher Einspielergebnisse von 0 EUR bis 800 EUR monatlich entsteht in jedem Fall der Mindeststeuerbetrag von 120 EUR. Für das auch damit verfolgte Ziel der Eindämmung der Spielsucht gilt das vorstehend zum Mindeststeuerbetrag von 60 EUR Ausgeführte entsprechend. Wegen des zusätzlichen Anreizes, den Spielhallen aufgrund der Vielfalt und der Menge der aufgestellten Geräte bieten, sowie mit Rücksicht darauf, dass Spielhallen regelmäßig allein um des Spieles willen aufgesucht, ein Gaststättenbesuch hingegen typischerweise nur gelegentlich mit einem Automatenspiel verbunden ist, erweist sich auch diese höhere Mindestbesteuerung als sachlich gerechtfertigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 1997, a.a.O., Rn. 53).
e) Schließlich ist auch der von dem Satzungsgeber für den Zeitraum der angeordneten Rückwirkung der Gebührensatzung vorgesehene Höchststeuersatz nicht zu beanstanden. Der in der Vergnügungssteuersatzung angeordnete Höchststeuerbetrag von 120 EUR, in Spielhallen 240 EUR, für jeden Monat der Bereitstellung eines Geldspielgerätes widerspricht allerdings im Ausgangspunkt dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten, der grundsätzlich eine proportionale Erfassung des Vergnügungsaufwands des Spielers erfordert. Der Höchststeuerbetrag führt zu vergleichbaren Ungleichheiten wie der verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht mehr zulässige Stückzahlmaßstab (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 63 ff.). Einspielergebnisse oberhalb von 800 EUR – beziehungsweise 1.600 EUR bei in Spielhallen aufgestellten Spielgeräten – werden unabhängig von ihrer tatsächlichen Höhe und dem darin zum Ausdruck kommenden getätigten Vergnügungsaufwand des Spielers mit einem einheitlichen Steuerbetrag belastet. Diese Ungleichbehandlung von Einspielergebnissen oberhalb und unterhalb der Kappungsgrenze des Höchststeuerbetrags bedarf der besonderen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 116, 164 ≪183 ff.≫ zur direkten Steuer; BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009, a.a.O., Rn. 59, 84 ff. zum Stückzahlmaßstab der Vergnügungssteuer).
Eine solche Rechtfertigung findet sich in der erkennbaren Absicht des Satzungsgebers, mit der oberen Kappungsgrenze eine Schlechterstellung der Steuerpflichtigen bei der rückwirkenden Umstellung der Vergnügungssteuersatzung auf einen einspielergebnisbezogenen Maßstab zu verhindern. Das rechtsstaatlich begründete Vertrauen des Steuerschuldners, nicht im Nachhinein mit einer höheren Steuer als ursprünglich festgelegt, belastet zu werden, ist ein legitimes Schutzziel des Satzungsgebers, dem er auch um den Preis einer nach Zeit und Umfang begrenzten Ungleichbehandlung bei der rückwirkenden „Reparatur” der Vergnügungssteuersatzung Rechnung tragen durfte.
Diese Zielsetzung der Höchstbetragsregelung kommt bei der Entstehung der Änderungssatzung vom 12. Juni 2007 und in der Systematik der Satzungsregelungen hinreichend deutlich zum Ausdruck und kann deshalb – auch wenn sie weder vom Verwaltungsgericht noch vom Verwaltungsgerichtshof ins Feld geführt wurde – bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung herangezogen werden. In der Gemeinderatsvorlage zur Änderungssatzung wird der vorgesehene Höchstbetrag zwar nicht ausdrücklich begründet. In der dem Satzungsentwurf beigegebenen Begründung heißt es im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Rückwirkung des neuen Steuersatzes von 15 Prozent der Einspielergebnisse jedoch, es müsse beachtet werden, dass die Aufsteller gegenüber der bisherigen Regelung nicht schlechter gestellt werden dürften. Die rückwirkend zu ermittelnde und nachträglich festzusetzende oder zu korrigierende Vergnügungssteuer könne daher zwar unter der bislang festgesetzten Vergnügungssteuer liegen, dürfe diese aber nicht übersteigen. Dieselben Erwägungen finden sich bei der Erörterung der Änderungssatzung im Gemeinderat. Die vertrauensschützende Funktion des Höchststeuersatzes wird dadurch bestätigt, dass entsprechende Höchststeuersätze in der von der Stadt F. zeitgleich verabschiedeten neuen Steuersatzung vom 12. Juni 2007 für die Zeit ab 1. Juli 2007 nicht mehr vorgesehen sind, sondern der Steuersatz von 15 Prozent nach oben unbegrenzt auf dem Einspielergebnis aufsetzt. Auch dies belegt, dass die Höchststeuerbeträge vor allem der Verhinderung von Härten aus dem Systemwechsel der Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab auf eine Besteuerung nach dem Einspielergebnis dienen sollten.
Ob die Höchststeuersätze daneben auch, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss über die Nichtzulassung der Berufung meint, die mit den Mindeststeuersätzen verfolgte Lenkungswirkung der Spielsuchteindämmung unterstützen und verstärken sollen (vgl. dazu auch Hessischer VGH, Beschluss vom 10. April 2007 – 5 TG 3116/06 –, NVwZ-RR 2007, S. 706 f.) und hierfür überhaupt geeignet sind, kann vor dem Hintergrund ihrer jedenfalls vertrauensschützenden Zielsetzung und Legitimation dahinstehen.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Eichberger, Masing
Fundstellen
Haufe-Index 2238375 |
BFH/NV 2010, 154 |
HFR 2010, 177 |