Die Vorlage ist unzulässig. Im Verfahren der konkreten Normenkontrolle (Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG) ist eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht den Gerichten vorbehalten. “Gericht” kann in einem Kollegialgericht auch der Einzelrichter sein, soweit er nach der jeweiligen Prozeßordnung dazu berufen ist, die anstehende Entscheidung allein zu treffen (vgl. BVerfGE 54, 159 ≪163 f.≫). Das ist hier nicht der Fall.
Nach der Finanzgerichtsordnung kann der Berichterstatter nicht als konsentierter Einzelrichter die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber einholen, ob die von ihm als verfassungswidrig erachteten Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Es stellt einen Ermessensmißbrauch dar, wenn der Berichterstatter nach § 79a Abs. 3 und Abs. 4 FGO einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluß erläßt (vgl. Pahlke, DB 1997, S. 2454 ff.; BFH, Beschluß vom 14. Januar 1998 – IV B 48/97 – Umdruck S. 9; Stelkens, NVwZ 1991, S. 209 ≪215≫ zu § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO). Wie in den Fällen, in denen der Einzelrichter das Kollegialorgan durch die Rückübertragung der Sache (§ 348 Abs. 4 ZPO n.F. oder § 6 Abs. 3 FGO) mit der Entscheidung zu befassen hat (vgl. zur Ausübung des Ermessens bei der Rückübertragung: Ulsamer in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG Kommentar, Stand April 1997, § 80 Rn. 210; Bettermann in: Starck (Herausgeber), Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, 1976, Bd. I, S. 323 ≪355≫; Zierlein in: Festschrift für Ernst Benda 1995, S. 457 ≪495 ff.≫), so ist auch hier eine “Ermessensreduzierung auf Null” gegeben. Der Vorlagebeschluß vom 23. Juli 1997 ist deshalb, unbeschadet des Umstandes, daß er zur Ermessensausübung im Rahmen des § 79a Abs. 3, Abs. 4 FGO keinerlei Darlegungen enthält, unzulässig.
Zu den Voraussetzungen, unter denen sich der Berichterstatter zum konsentierten und damit zu dem zur Entscheidung über den Streitstoff befugten Richter bestellen kann, gehört zunächst einmal, daß die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklären. Die (Selbst-)Bestellung zum konsentierten Richter steht sodann im pflichtgemäßen Ermessen des Richters (vgl. dazu (ausführlich) Pahlke, DB 1997, S. 2454 ff.; Koch in: Gräber, FGO Kommentar 4. Auflage, § 79a Rz. 17; Ortloff in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO Kommentar, Stand Mai 1997, § 87a Rn. 44; BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 – IVb ZR 10/88 – BGHZ 105, S. 270 ≪273≫ zu § 524 Abs. 4 ZPO); Teile der Literatur, die unter Berufung auf BVerfGE 8, 248 die Zuständigkeit des konsentierten Einzelrichters für einen Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht bejahen, erörtern die Frage des Ermessens nicht.
a) Die Ermessensausübung hat sich zunächst und primär an dem mit der Neuregelung des § 79a FGO vom Gesetzgeber verfolgten Gesetzeszweck, die Senate der Finanzgerichte zu entlasten und die finanzgerichtlichen Verfahren zu straffen (vgl. BTDrucks 12/1061 S. 16), auszurichten. Wird dieser durch die Bestellung eines konsentierten Richters nicht erreicht oder führt die Bestellung gar zu einer Verzögerung des Verfahrens, liegt Fehlgebrauch des Ermessens vor. Eine Verfahrensstraffung wird dadurch, daß der konsentierte Einzelrichter einen Vorlagebeschluß faßt, keinesfalls erreicht.
b) Als weiterer Gesichtspunkt ist bei der Abwägung zu berücksichtigen, daß die Finanzgerichte im Grundsatz als Kollegialgerichte ausgestaltet sind. Nur in besonderen, vom Gesetz aufgeführten Ausnahmefällen ist eine Entscheidung durch den Einzelrichter in der Prozeßordnung vorgesehen. Dem liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, daß richterlichen Entscheidungen eines Kollegiums eine höhere Richtigkeitsgewähr beizumessen ist (vgl. Stöcker in: Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht AO, FGO, Nebengesetze Kommentar, Stand September 1997, § 79a FGO Rz. 8). Dieser Vorstellung hat der Gesetzgeber in § 6 Abs. 1 FGO deutlich Ausdruck verliehen, wenn dort angeordnet wird, daß nur solche Verfahren dem Einzelrichter zu übertragen sind, die keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen. Zwar enthält die Vorschrift des § 79a FGO über die (Selbst-)Bestellung zum konsentierten Richter eine derartige Tatbestandsvoraussetzung nicht. Das Gewicht dieses den Gerichtsaufbau und die Prozeßordnung bestimmenden Grundsatzes gebietet es aber, daß er im Rahmen der Ermessensausübung Berücksichtigung findet. Jedenfalls bei Rechtsfragen von überragender Bedeutung, wie sie die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit gesetzgeberischen Tuns darstellt, die überdies das Verhältnis von Judikative und Legislative aufs engste berührt, kann im Rahmen der Ermessensentscheidung die Abwägung nur dahin gehen, daß die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht dem Richterkollegium vorbehalten bleibt. Dieses Ergebnis wird noch durch folgende Erwägung erhärtet: Bestimmt schon das Bundesverfassungsgerichtsgesetz, daß die Beurteilung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes (und gegebenenfalls seine Nichtigerklärung) nur dem Senat, also dem gesamten Richterkollegium, nicht aber seinem Teilspruchkörper “Kammer” obliegt (§ 93c Abs. 1 S. 3 BVerfGG), dann muß erst recht auch gefordert werden, daß von den Fachgerichten verfassungsrechtliche Bedenken gegen ein Gesetz nur vom gesamten Spruchkörper getragen und entsprechend artikuliert werden.
c) Der Zuständigkeit des konsentierten Einzelrichters für einen Aussetzungs- und Vorlagebeschluß an das Bundesverfassungsgericht steht schließlich der auch für das Verfahren der konkreten Normenkontrolle geltende Gedanke der Subsidiarität der Verfassungsgerichtsbarkeit gegenüber Verfahren, deren abschließende Beilegung in die Gerichtsbarkeit der Fachgerichte gehört, entgegen. Die Verfahrensordnung des Ausgangsverfahrens ist, sobald es um die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes geht, nicht mehr allein, sondern in ihrem Zusammenhang mit den Bestimmungen des Normenkontrollverfahrens zu sehen (vgl. BVerfGE 47, 146 ≪155≫). Zu diesen zählt auch die Subsidiarität der Verfassungsgerichtsbarkeit. Die mit dem Normenkontrollverfahren verbundene Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts und weiterer oberster Verfassungsorgane des Bundes und der Länder (vgl. § 82 BVerfGG) läßt sich nur rechtfertigen, wenn sie zur Entscheidung eines konkreten Verfahrens unerläßlich ist (vgl. etwa BVerfGE 11, 330 ≪334 f.≫; 34, 118 ≪127≫; 47, 146 ≪154 f., 159≫; 79, 256 ≪265≫). Der Berichterstatter, der eine seiner Auffassung nach entscheidungserhebliche Norm für verfassungswidrig hält, hat deshalb unter dem Blickwinkel der Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 80 ff. BVerfGG eine Entscheidung im Senat herbeizuführen und ist daran gehindert, als konsentierter Einzelrichter nach § 79a Abs. 3 und 4 FGO über die Frage einer Vorlage zu entscheiden. Bei dieser Verfahrensweise erübrigt sich eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht möglicherweise deshalb, weil der Senat in seiner Mehrheit die Verfassungsmäßigkeit der Norm bejaht oder deren Entscheidungserheblichkeit verneint. Der Grundsatz der Subsidiarität soll zudem auch gewährleisten, daß der Streitstoff und die Rechtslage in einfach-rechtlicher wie in verfassungsrechtlicher Hinsicht von den Fachgerichten umfassend und eingehend erörtert werden (vgl. BVerfGE 74, 69 ≪74≫;'' 86, 382 ≪; 386, 388≫). Die Gewähr hierfür bietet der Senat als Kollegialorgan in deutlich höherem Maße als ein Einzelrichter.