Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zum Zweck der gemeinsamen Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten verletzen Regelungen das Grundrecht der Berufsfreiheit, soweit sie zugunsten einer der beteiligten Berufsgruppen deren Anteils- und Stimmrechtsmehrheit (hier: § 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO und § 52e Abs. 2 Satz 1 PAO) sowie deren Leitungsmacht (hier: § 59f Abs. 1 Satz 1 BRAO und § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO) und Geschäftsführermehrheit (hier: § 59f Abs. 1 Satz 2 BRAO) vorschreiben und bei einer Missachtung eine Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft ausschließen.
2. Eine Vorgesellschaft kann den Schutz der Berufsfreiheit für sich jedenfalls insoweit in Anspruch nehmen, als ihre Funktion als notwendige Vorstufe für die erstrebte Kapitalgesellschaft dies erfordert.
Verfahrensgang
Tenor
1.
- § 59e Absatz 2 Satz 1 und § 59f Absatz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 303-8 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 3786), sind mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit sie der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung der Gesellschaft und die Mehrheit der Geschäftsführer den Rechtsanwälten überlassen sind.
- Der Bescheid der Rechtsanwaltskammer München vom 14. September 2009 – Zul. 50151 –, das Endurteil des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 25. Februar 2010 – BayAGH I – 25/2009 – und das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2011 – AnwZ (Brfg) 1/10 – verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Oktober 2011 – AnwZ (Brfg) 1/10 – wird aufgehoben. Das Verfahren wird an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
2.
- § 52e Absatz 2 Satz 1 und § 52f Absatz 1 Satz 1 der Patentanwaltsordnung (PAO) vom 7. September 1966 (Bundesgesetzblatt I Seite 557), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 13 des Gesetzes zur Modernisierung des Geschmacksmustergesetzes sowie zur Änderung der Regelungen über die Bekanntmachungen zum Ausstellungsschutz vom 10. Oktober 2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 3799), sind mit Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit sie der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Patentanwaltsgesellschaft entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung der Gesellschaft den Patentanwälten überlassen sind.
- Das Gutachten der Patentanwaltskammer vom 20. Juli 2009 – IV/06/09 – und der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2011 – PatAnwZ 1/10 – verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit diese Entscheidungen die unter Nummer 4 und Nummer 5 des Gutachtens festgestellten Gründe für die Versagung der Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft betreffen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 22. Februar 2010 – PatA – Z – 2/09 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit diese Entscheidung den unter Nummer 4 des Gutachtens der Patentanwaltskammer festgestellten Grund für die Versagung der Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft betrifft. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 14. Dezember 2011 – PatAnwZ 1/10 – wird aufgehoben, soweit er das Vorliegen der unter Nummer 4 und Nummer 5 des Gutachtens der Patentanwaltskammer aufgeführten Versagungsgründe feststellt. Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen.
- Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 236/12 verworfen.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die ihr im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 2998/11 entstandenen und zwei Drittel der ihr im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 236/12 entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
4. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für die Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf jeweils 30.000 EUR (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage der Verfassungsmäßigkeit berufsgerichtlicher Entscheidungen und ihnen zugrunde liegender gesetzlicher Vorschriften, die einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Zweck der gemeinsamen Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten eine gleichzeitige Zulassung als Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft durch Vorgaben zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie zur Leitungsmacht der namensgebenden Berufsgruppe verwehren.
I.
1. Der Rechtsanwaltsberuf wird wesentlich durch die Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (im Folgenden: BRAO) bestimmt. Gemäß § 1 BRAO ist der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Nach § 2 Abs. 1 BRAO übt er einen Freien Beruf aus. Seine Tätigkeit ist kein Gewerbe (§ 2 Abs. 2 BRAO). Er ist der berufene und unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Teil der rechtsanwaltlichen Grundpflichten ist das Verbot, Bindungen einzugehen, die die berufliche Unabhängigkeit gefährden (§ 43a BRAO).
Maßgeblich für den Patentanwaltsberuf sind in erster Linie die Regelungen der Patentanwaltsordnung (im Folgenden: PAO), die denen der Bundesrechtsanwaltsordnung weitgehend entsprechen, wobei allerdings der berufliche Aufgabenbereich für Patentanwältinnen und -anwälte teilweise enger und anders zugeschnitten ist als für die Rechtsanwaltschaft. Nach § 1 PAO ist der Patentanwalt in seinem Aufgabenbereich ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Ausgeübt wird ein Freier Beruf (§ 2 Abs. 1 PAO), die Tätigkeit ist kein Gewerbe (§ 2 Abs. 2 PAO). Auch Patentanwälte sind unabhängige Berater und Vertreter der Rechtsuchenden, anders als Rechtsanwälte allerdings beschränkt auf den Bereich von Patentangelegenheiten (§ 3 PAO). In bestimmten Grenzen ist ihnen dabei auch das Auftreten vor Gericht gestattet (§ 4 PAO). Zu den Grundpflichten der Patentanwälte gehört gleichfalls das Verbot, Bindungen einzugehen, die ihre berufliche Unabhängigkeit gefährden (§ 39a Abs. 1 PAO). Gemäß § 3 Abs. 5 PAO bleibt das Recht der Rechtsanwälte zur Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 BRAO) unberührt, so dass sich aus der Patentanwaltsordnung keine Beschränkungen der anwaltlichen Befugnisse ergeben.
Zur Rechtsanwaltschaft kann im Regelfall nur zugelassen werden, wer die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erlangt hat (vgl. § 4 Satz 1 Variante 1 BRAO), was grundsätzlich den Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums mit der ersten Prüfung und den Abschluss eines anschließenden zweijährigen Vorbereitungsdienstes mit der zweiten Staatsprüfung voraussetzt. Die Zulassung zur Patentanwaltschaft erfordert ein technisches oder naturwissenschaftliches Hochschulstudium (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PAO), eine einjährige praktische technische Tätigkeit (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PAO) sowie eine mindestens 34 Monate dauernde Ausbildung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (vgl. § 7 PAO) und das Bestehen einer juristischen Prüfung (vgl. § 8 PAO).
2. Das Berufsrecht ermöglicht eine gemeinschaftliche Berufsausübung von Rechts- und Patentanwälten in verschiedenen Formen. Ungeachtet besonderer Regelungen für Kapitalgesellschaften ist ihnen die Zusammenarbeit jeweils „im Rahmen der eigenen beruflichen Befugnisse” erlaubt (§ 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52a Abs. 1 Satz 1 PAO). Danach sind personengesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse von Rechts- und Patentanwälten insbesondere in den Rechtsformen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder der Partnerschaftsgesellschaft möglich.
Für die Partnerschaftsgesellschaft ist insbesondere das Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz – PartGG) maßgeblich. Seit dem 19. Juli 2013 ermöglicht der neu angefügte § 8 Abs. 4 PartGG die Errichtung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (vgl. Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung und zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer vom 15. Juli 2013, BGBl I S. 2386). Danach haftet für Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung den Gläubigern nur das Gesellschaftsvermögen, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 2,5 Millionen Euro (vgl. § 51a Abs. 2 BRAO) für jeden Versicherungsfall unterhält. Hierauf muss im Namen der Partnerschaft durch den Zusatz „mit beschränkter Berufshaftung” oder die Abkürzung „mbB” oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung hingewiesen werden.
3. a) Gemäß § 59c Abs. 1 BRAO können Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist, als Rechtsanwaltsgesellschaften zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten aus dem beruflichen Aufgabenbereich der Patentanwälte (§ 3 Abs. 2 und 3 PAO) ist, sieht § 52c Abs. 1 PAO entsprechend vor, dass sie als Patentanwaltsgesellschaft zugelassen werden können. Rechtsanwalts- wie Patentanwaltsgesellschaften können jeweils als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden und haben dann selbst die Rechte und Pflichten von Rechts- beziehungsweise Patentanwälten (§ 59l Satz 1 und 2 BRAO, § 52l Satz 1 und 2 PAO).
Der Unternehmensgegenstand beider Berufsausübungsgesellschaften kann sich weitergehend auch auf die interprofessionelle Zusammenarbeit von Angehörigen verschiedener sozietätsfähiger Berufe erstrecken (vgl. § 59e Abs. 1 BRAO, § 52e Abs. 1 PAO). Da nach § 59a BRAO beziehungsweise § 52a PAO eine Sozietät zwischen Rechts- und Patentanwälten zulässig ist, kann die gemeinsame Ausübung beider Berufe auch im Rahmen von Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaften erfolgen. Nach – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung darf eine interprofessionelle Berufsausübungsgesellschaft ungeachtet des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes nur in dem Bereich rechtsbesorgend tätig werden, der von ihrer Zulassung umfasst ist (so auch in einem der Ausgangsverfahren BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – PatAnwZ 1/10 –). Eine Patentanwaltsgesellschaft, die allgemein und umfassend im Sinne von § 3 Abs. 1 BRAO rechtsbesorgend tätig werden will, benötigt mithin eine Zulassung auch als Rechtsanwaltsgesellschaft. Ohne diese doppelte Zulassung ist die Patentanwaltsgesellschaft als solche von der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten, die nicht zu den Aufgaben des Patentanwalts gehören, ausgeschlossen. Mandate, die von der Zulassung zur Patentanwaltschaft nicht umfasst sind, dürfen allenfalls von den in der Gesellschaft tätigen Rechtsanwälten aufgrund einer an sie gerichteten persönlichen Beauftragung übernommen werden.
b) Die Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft ist zu erteilen, wenn die in § 59d BRAO beziehungsweise § 52d PAO genannten Voraussetzungen vorliegen. Hiernach ist es insbesondere erforderlich, dass den jeweiligen gesetzlichen Anforderungen an die Gesellschafter- und Geschäftsführungsstruktur entsprochen wird.
Soll im Rahmen einer interprofessionell ausgerichteten Rechtsanwaltsgesellschaft die gemeinsame Berufsausübung mit Patentanwälten erfolgen, ist § 59e Abs. 2 BRAO zu beachten. Die Bestimmung lautet wie folgt:
§ 59e
Gesellschafter
(1) …
(2) Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muß Rechtsanwälten zustehen. …
(3) bis (5) …
Für eine Patentanwaltsgesellschaft verlangt § 52e Abs. 2 PAO in gleicher Weise:
§ 52e
Gesellschafter
(1) …
(2) Die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte muß Patentanwälten zustehen. …
(3) bis (4) …
In einer interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten können grundsätzlich Angehörige beider Berufsgruppen zu Geschäftsführern bestellt werden (§ 59f Abs. 2 BRAO, § 52f Abs. 2 PAO). In der Rechtsanwaltsgesellschaft fordert § 59f Abs. 1 BRAO allerdings, dass die Rechtsanwälte die Mehrheit stellen und Leitungsmacht im Sinne einer verantwortlichen Führung ausüben:
§ 59f
Geschäftsführung
(1) Die Rechtsanwaltsgesellschaft muß von Rechtsanwälten verantwortlich geführt werden. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Rechtsanwälte sein.
(2) bis (4) …
Für Patentanwaltsgesellschaften bestimmt § 52f Abs. 1 PAO entsprechend:
§ 52f
Geschäftsführung
(1) Die Patentanwaltsgesellschaft muß von Patentanwälten verantwortlich geführt werden. Die Geschäftsführer müssen mehrheitlich Patentanwälte sein.
(2) bis (4) …
Darüber hinaus verbieten § 59c Abs. 2 BRAO und § 52c Abs. 2 PAO für Rechtsanwalts- beziehungsweise Patentanwaltsgesellschaften deren Beteiligung an Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung. Gemäß § 59e Abs. 3 BRAO und § 52e Abs. 3 PAO dürfen Anteile an beiden Gesellschaften nicht für Rechnung Dritter gehalten und Dritte auch nicht am Gewinn der Gesellschaften beteiligt werden.
c) Über die Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft entscheidet auf Antrag die örtlich zuständige Rechtsanwaltskammer (§ 33 BRAO). Wird die Zulassung abgelehnt, ist die Verpflichtungsklage zum Anwaltsgerichtshof statthaft (vgl. § 112a Abs. 1, § 112c BRAO i.V.m. §§ 42 ff. der Verwaltungsgerichtsordnung ≪VwGO≫). Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zum Bundesgerichtshof zu, wenn sie vom Anwaltsgerichtshof oder auf Beschwerde vom Bundesgerichtshof zugelassen wird (vgl. § 112e BRAO).
d) Das Verwaltungsverfahren über den Antrag auf Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft richtete sich vorliegend nach den inzwischen teilweise außer Kraft getretenen Vorschriften der Patentanwaltsordnung in der bis zum 31. August 2009 gültigen Fassung (vgl. § 161 Abs. 1 Satz 1 PAO). Danach war die Zuständigkeit des Präsidenten des Patentamts gegeben. Er war für seine Entscheidung an ein Gutachten gebunden, das er beim Vorstand der Patentanwaltskammer einzuholen hatte und in dem zu allen Zulassungsvoraussetzungen des § 52d PAO gleichzeitig Stellung genommen werden sollte (vgl. § 52g Abs. 2 PAO a.F.). Über die im Gutachten festgestellten Versagungsgründe konnte der Bewerber eine Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen (§ 52g Abs. 5, § 16 Abs. 2 PAO a.F.), die mit der sofortigen Beschwerde beim Bundesgerichtshof angefochten werden konnte (§ 38 PAO a.F.).
e) Mit den geschilderten Regelungen zur Öffnung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die rechtsbesorgenden Berufe griff der Gesetzgeber eine von der Rechtsprechung angestoßene Entwicklung auf. Im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. November 1993 (BGHZ 124, 224), das eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Unternehmenszweck der Erbringung ambulanter Zahnbehandlungen gestützt auf Art. 12 Abs. 1 GG als zulässig anerkannt hatte, entschied das Bayerische Oberste Landesgericht mit Beschluss vom 24. November 1994 (BayObLGZ 1995, S. 353), dass der Zusammenschluss von Rechtsanwälten zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung grundsätzlich erlaubt sei. Das Gericht hielt jedoch Beschränkungen der Gesellschafterstruktur und der Leitungsmacht für erforderlich. Um die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte auch in der Berufsausübungsgesellschaft sicherzustellen, müsse die Gesellschaft bestimmte unerlässliche Mindestnormen einhalten. Die Satzung müsse Vorsorge treffen, dass der Erwerb von Geschäftsanteilen nur durch die in § 59a BRAO aufgeführten Angehörigen sozietätsfähiger Berufe möglich sei, damit der Einfluss von berufsfremden Kapitaleignern zuverlässig ausgeschlossen bleibe. Ferner sei zu fordern, dass sich die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte in der Hand von Rechtsanwälten befinde, die ihren Beruf aktiv in der Gesellschaft ausübten.
Eine gesetzliche Regelung erfolgte anschließend durch das Gesetz zur Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl I S. 2600). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll mit der Schaffung eines gesetzlichen Ordnungsrahmens insbesondere denkbaren Gefahren begegnet werden, die für die Rechtspflege durch unreglementierte Anwaltsgesellschaften mit beschränkter Haftung entstehen könnten (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 1). Das Mehrheitserfordernis hinsichtlich der Geschäftsanteile und der Stimmrechte (§ 59e Abs. 2 BRAO) sichere deshalb den maßgeblichen Einfluss von Rechtsanwälten auf die Geschicke der Rechtsanwaltsgesellschaft (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 14). Mit Blick auf die Geschäftsführung wird ausgeführt, dass es wegen des Aufgabenbereichs der Rechtsanwaltsgesellschaft notwendig sei, die ausschlaggebende Entscheidungsgewalt Rechtsanwälten vorzubehalten. Der Bestimmung zur Leitungsmacht der Rechtsanwälte in der Gesellschaft (§ 59f Abs. 1 Satz 1 BRAO) wird diesbezüglich eine Auffangfunktion beigelegt; sie biete eine Handhabe, bei Gefährdungen der inneren und äußeren Unabhängigkeit eines Rechtsanwalts einzugreifen (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 14). Die Möglichkeit, dass eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung neben ihrer Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft auch als Patentanwaltsgesellschaft anerkannt werden könne, wenn die jeweiligen berufsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die erforderlichen Mehrheitsverhältnisse, vorlägen, wird ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Dies setze aber zumindest bei einem Teil der Gesellschafter beziehungsweise Geschäftsführer eine entsprechende Mehrfachqualifikation als Rechts- und Patentanwalt voraus (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 14). Zur Begründung der weitestgehend übereinstimmenden Vorschriften zur Patentanwaltsgesellschaft verweist die Begründung auf die Ausführungen zu den Rechtsanwaltsgesellschaften (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 21).
II.
Die Beschwerdeführerin in beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Gründung. Anfang 2009 wurde der Gesellschaftsvertrag in notarieller Form geschlossen. Gründer und Gesellschafter sind zwei Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die jeweils zu gleichen Teilen am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt sind. Zum Unternehmenszweck wurde die gemeinschaftliche Berufsausübung als Patent- und Rechtsanwälte bestimmt.
1. In § 3 Abs. 1 der Satzung der Beschwerdeführerin ist bestimmt, dass die Gesellschafter Mitglieder der Patentanwaltskammer oder der Rechtsanwaltskammer sein oder den übrigen in § 52e Abs. 1 Satz 1 PAO genannten Berufen angehören müssen. Daneben kann Gesellschafterin nur noch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein, deren Zweck ausschließlich das Halten von Anteilen an einer näher bezeichneten Patentanwaltsgesellschaft ist. Nach § 3 Abs. 3 der Satzung bedarf die Beteiligung an einer anderen Berufsausübungsgesellschaft der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.
Die Geschäftsführung ist in § 8 Abs. 1 der Satzung geregelt; die Bestimmung lautet:
Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich vertreten. Die Gesellschafterversammlung ist berechtigt, Geschäftsführern Einzelvertretungsbefugnis zu erteilen. Sie kann von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien.
Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung wurden die drei Gesellschafter zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Beschwerdeführerin bestellt (vgl. § 125 Abs. 1 HGB).
§ 10 Abs. 1 der Satzung betrifft die Veräußerung von Geschäftsanteilen und lautet:
Jede Veräußerung eines Geschäftsanteils oder des Teils eines Geschäftsanteils bedarf zur Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschaft und aller Gesellschafter. Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Erwerber zu den in § 3 Abs. 1 dieses Vertrages bezeichneten Personen gehört.
2. Die Beschwerdeführerin strebt eine doppelte Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft und als Patentanwaltsgesellschaft an und stellte entsprechende Zulassungsanträge bei den zuständigen Berufskammern.
a) Die Rechtsanwaltskammer lehnte den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in der Form einer Rechtsanwaltsgesellschaft ab, weil die Beschwerdeführerin mit Blick auf die Beteiligung von anwaltlichen Berufsträgern weder den Anforderungen des § 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO hinsichtlich der Anteils- und Stimmrechtsmehrheit noch denen des § 59f Abs. 1 BRAO hinsichtlich Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit entspreche. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin erhobene Verpflichtungsklage wurde vom Anwaltsgerichtshof abgewiesen.
Ohne Erfolg blieb auch die Berufung der Beschwerdeführerin. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist der Beschwerdeführerin die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft zu Recht versagt worden. Weder die Gesellschafterstruktur noch die Geschäftsführungsbefugnisse entsprächen den berufsrechtlichen Anforderungen. Entgegen § 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO stehe die Mehrheit der Geschäftsanteile den beiden Patentanwälten und nicht dem Rechtsanwalt zu. In Widerspruch zu § 59f Abs. 1 BRAO werde die Gesellschaft überdies nicht verantwortlich von Rechtsanwälten geführt, vielmehr stellten die Patentanwälte die Mehrheit der Geschäftsführer. Außerdem sei nicht beachtet, dass die maßgeblichen Geschäftsführungsentscheidungen von Rechtsanwälten verantwortet werden müssten. Den nichtanwaltlichen Geschäftsführern hätte daher keine Einzelvertretungsmacht, sondern allenfalls Gesamtvertretungsmacht zusammen mit anwaltlichen Geschäftsführern eingeräumt werden dürfen.
Die einer Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft der Beschwerdeführerin entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar unterliege die interprofessionelle Zusammenarbeit in Personengesellschaften keinen vergleichbaren Beschränkungen, die unterschiedliche Behandlung sei aber vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt, weil die Rechtsanwaltsgesellschaft anders als eine Personengesellschaft selbst zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werde. Als Berufsausübungsregeln seien die Beschränkungen zudem mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Sie sicherten die unabhängige anwaltliche Berufsausübung in der Gesellschaft vor berufsfremden Einflüssen und verhinderten Beschlüsse und Handlungen der Rechtsanwaltsgesellschaft, die in Widerspruch zu berufsrechtlichen Bestimmungen stünden. Die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen seien zur Verwirklichung des Gemeinwohlziels auch erforderlich und angemessen. Da die Beschwerdeführerin eine eigene Zulassung zur Rechtsanwaltschaft anstrebe, setzten die Vorschriften richtigerweise bei der Willensbildung der Gesellschaft und ihrer Organe an. Nur so werde sichergestellt, dass die Gesellschaft durch ihre Organe den fachlichen Anforderungen genüge, die die Bundesrechtsanwaltsordnung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verlange.
b) Zu dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft erstattete der Vorstand der Patentanwaltskammer ein ablehnendes Gutachten nach § 52g Abs. 2 PAO a.F. Die Beschwerdeführerin erfülle die Zulassungsvoraussetzungen nicht, weil ihre Satzung unter anderem das Beteiligungsverbot aus § 52c Abs. 2 PAO verletze. Unter Nummer 4 ihres Gutachtens nennt die Patentanwaltskammer als weiteren Grund für die Versagung der Zulassung, dass die gesetzlichen Vorgaben zur verantwortlichen Führung der Gesellschaft durch Patentanwälte (§ 52f Abs. 1 Satz 1 PAO) missachtet seien. Außerdem wird unter Nummer 5 des Gutachtens als Versagungsgrund genannt, dass die Satzung den gesetzlichen Regeln zur Mehrheit der Patentanwälte bei den Gesellschaftsanteilen und Stimmrechten widerspreche.
Der hiergegen von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte teilweise Erfolg. So stellte das Oberlandesgericht zwar fest, dass die in dem Gutachten angeführten Gründe für eine Versagung der Zulassung überwiegend nicht gegeben seien, bestätigte aber, dass sich die Regelung zur Geschäftsführung in § 8 der Satzung – wie unter Nummer 4 des Gutachtens festgestellt – nicht mit den gesetzlichen Vorgaben zur Leitungsmacht in § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO vereinbaren ließen.
Auf die sofortige Beschwerde der Patentanwaltskammer änderte der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts ab und stellte fest, dass noch weitere in dem Gutachten angeführte Versagungsgründe, darunter auch die fehlende Mehrheit der Patentanwälte, vorlägen. So verstoße § 3 Abs. 3 der Satzung gegen das Beteiligungsverbot aus § 52c Abs. 2 PAO; denn der Beschwerdeführerin sei aufgrund der allein maßgeblichen Satzungslage die Beteiligung an jeder beliebigen Berufsausübungsgesellschaft erlaubt. Nicht entscheidend sei, ob sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen wolle. Da auch insoweit nur die Satzung maßgeblich sei und diese unter § 10 Abs. 1 Veräußerungen von Geschäftsanteilen ermögliche, werde zudem gegen das Erfordernis der patentanwaltlichen Anteils- und Stimmrechtsmehrheit verstoßen. Es sei irrelevant, dass die Gesellschafterstruktur derzeit den Anforderungen der Norm faktisch gerecht werde, die Beschwerdeführerin müsse die gesetzlichen Voraussetzungen auch in Zukunft erfüllen. Ferner missachte § 8 der Satzung das durch § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO bestimmte Erfordernis der verantwortlichen Führung der Gesellschaft durch Patentanwälte. Durch die Satzungsbestimmung sei nämlich nicht sichergestellt, dass Berufsträgern, die keine Patentanwälte seien, allenfalls Gesamtvertretungsmacht eingeräumt werden dürfe. Die vorliegend einer Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft entgegenstehenden gesetzlichen Bestimmungen seien aus den Gründen verfassungsgemäß, die bereits in der parallel ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft dargestellt worden seien.
III.
Die Beschwerdeführerin rügt mit ihren Verfassungsbeschwerden in beiden Verfahren eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
1. In dem die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft betreffenden Verfahren 1 BvR 2998/11 macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei durch die Versagung der Zulassung in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit verletzt. Den angegriffenen Entscheidungen mangele es an einer Rechtsgrundlage, weil die gesetzlichen Vorgaben zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit (§ 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO) sowie zur Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit (§ 59f Abs. 1 BRAO) der rechtsanwaltlichen Berufsträger verfassungswidrig seien.
Die Gesetzesmaterialien ließen keinen sachlichen Grund erkennen, der die Bevormundung anderer sozietätsfähiger Berufsgruppen – wie namentlich der Patentanwälte – durch die Gesellschafter und Geschäftsführer aus der Rechtsanwaltschaft rechtfertigen könne. Den fraglichen Regelungen fehle es an der Eignung, die Unabhängigkeit der Rechtsanwaltschaft zu fördern. Eine Gefährdung anwaltlicher Unabhängigkeit durch Patentanwälte gebe es nicht. Dies werde dadurch belegt, dass § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO Rechtsanwälten die berufliche Zusammenarbeit mit Patentanwälten grundsätzlich gestatte. Es genüge, dass die anwaltliche Leitungsmacht im Einzelfall bestehe, was mittelbar dadurch gesichert sei, dass die Gesellschaft im Haftungsfall bei den verantwortlichen Gesellschaftern Regress nehmen könne.
Die angegriffenen Vorschriften seien auch nicht erforderlich. Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund dafür, Willensbildung und Organstellung der Rechtsanwaltsgesellschaft zu reglementieren, wenn die Gesellschaft selbst schon an das Berufsrecht gebunden sei. Das gelte erst recht, wenn – wie hier – auch die Gesellschafter rechtsgebunden seien und Nicht-Anwälte ohnehin nicht anwaltlich tätig werden dürften. Eine Gefährdung der Unabhängigkeit sei bei den gemischten Sozietäten in Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Partnerschaftsgesellschaft bislang nicht aufgetreten, so dass die weniger belastende Alternative in der Abschaffung der angegriffenen Vorschriften liege. Aus der fehlenden Eignung und Erforderlichkeit folge auch die Unangemessenheit der angegriffenen Vorschriften.
Auch Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als allgemeiner Gleichheitssatz sei verletzt. Im Vergleich zu den anwaltlichen Personengesellschaften werde die Beschwerdeführerin ohne sachlichen Grund gesellschaftsrechtlichen Mehrheitserfordernissen unterworfen. Maßgeblich sei nicht der offenkundige Unterschied in der Rechtsform, sondern der Bezug zum anwaltlichen Handeln. Darin bestehe kein Unterschied zu den Personengesellschaften; denn im Außenverhältnis gälten stets dieselben berufsrechtlichen Regeln zum Schutz der Mandanteninteressen und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Anwaltliches Fehlverhalten sei unabhängig von der Rechtsform; denn stets handelten natürliche Personen.
2. Mit weitgehend gleicher Begründung wendet sich die Beschwerdeführerin im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 236/12 gegen die Versagung ihrer Zulassung zur Patentanwaltschaft. Sie ist der Ansicht, die – hier den Vorrang der Patentanwaltschaft regelnden – Vorschriften zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit (§ 52e Abs. 2 Satz 1 PAO) sowie zur Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit (§ 52f Abs. 1 PAO) seien mit der Verfassung nicht vereinbar.
Außerdem hält die Beschwerdeführerin auch das in § 52e Abs. 3 PAO geregelte Verbot einer Beteiligung Dritter an den Gesellschaftsanteilen und an dem Gewinn der Gesellschaft (Drittbeteiligungsverbot) für verfassungswidrig. Darüber hinaus meint sie, dass die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu § 3 Abs. 3 der Satzung und zu § 52c Abs. 2 PAO gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstießen. Es gebe offenkundig keinen denkbaren Gesichtspunkt, nach dem es erforderlich sein könnte, das gesetzliche Verbot einer Beteiligung der Gesellschaft an anderen Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Satzung zu wiederholen. Wenn die Satzungsbestimmung gesetzwidrig sein sollte, wäre sie ohnehin unwirksam und könnte daher keinen Grund für die Versagung der Zulassung geben.
IV.
Zu den Verfassungsbeschwerden haben das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Rechtsanwaltskammer München, die Patentanwaltskammer, der Deutsche Anwaltverein und der Bundesverband Deutscher Patentanwälte Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium der Justiz hat auf die bei Zustellung der Verfassungsbeschwerden übermittelten Fragen des Bundesverfassungsgerichts geantwortet, dass hinsichtlich der berufsethischen Maßstäbe und hinsichtlich des Umfangs der beruflichen Unabhängigkeit keine Unterschiede zwischen dem Rechtsanwalts- und dem Patentanwaltsberuf bestünden. Erfahrungswerte zu eventuellen tatsächlichen Auswirkungen der Zuweisung der gesellschaftsrechtlichen Leitungsmacht an eine Berufsgruppe in einer interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaft lägen der Bundesregierung nicht vor. Es gebe keine Hinweise dafür, dass infolge der Leitungsmacht einer Mehrheitsgruppe eine andere Berufsgruppe, die sich in der Minderheit befinde, an einer ordnungsgemäßen Berufsausübung gehindert würde.
Es seien zudem keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür bekannt, dass die berufliche Unabhängigkeit in anwaltlichen Kapitalgesellschaften grundsätzlich anderen Gefahren ausgesetzt sei als in Anwaltspersonengesellschaften. Ebenso wenig lägen Erfahrungswerte über die Existenz von Interessenkonflikten zwischen den in interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaften vertretenen einzelnen Berufsgruppen vor.
2. Die Bundesrechtsanwaltskammer und die Rechtsanwaltskammer München, die Beklagte eines der Ausgangsverfahren, halten die Verfassungsbeschwerden für unbegründet, insbesondere habe der Gesetzgeber mit den angegriffenen Bestimmungen den ihm eingeräumten Spielraum nicht überschritten. Auch der Deutsche Anwaltverein erachtet die Verfassungsbeschwerden sowohl unter dem Gesichtspunkt der Berufsfreiheit als auch dem des Gleichheitssatzes für nicht begründet.
3. In allen Stellungnahmen finden sich im Übrigen Ausführungen zur gegenwärtigen Situation der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und Patentanwälten. Dabei wurden von keiner Seite Erfahrungen mit beachtlichen Interessenkonflikten geschildert. Die Bundesrechtsanwaltskammer teilt hierzu ergänzend mit, dass auch nach dem Ergebnis einer Anfrage bei den verschiedenen Rechtsanwaltskammern keine einschlägigen Fälle bekannt geworden seien. Nach Einschätzung der Patentanwaltskammer ergebe sich bei der Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwälten und Patentanwälten wegen des weitgehend identischen Berufsrechts und der gleichrangigen beruflichen Stellung nur ein geringes Konfliktpotenzial. Die Patentanwaltskammer berichtet ferner, dass derzeit bei ihr 33 Patentanwälte eingetragen seien, die zugleich auch über die Zulassung als Rechtsanwälte verfügten. Es seien derzeit 13 Patentanwaltsgesellschaften zugelassen, wobei keine dieser Gesellschaften über eine doppelte Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft verfüge. Die Gesellschafterzahl bewege sich zum weit überwiegenden Teil zwischen einer Person und vier Personen; Ausnahmefall sei eine Patentanwaltsgesellschaft mit 39 Berufsträgern als Gesellschaftern. Soweit für sie ersichtlich, seien nur in weniger als der Hälfte der Patentanwaltsgesellschaften auch Rechtsanwälte tätig.
Entscheidungsgründe
B.
Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2998/11 ist vollständig, die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 236/12 überwiegend zulässig (I.). Im Umfang ihrer Zulässigkeit sind beide Verfassungsbeschwerden begründet (II.).
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist beschwerdefähig und beschwerdebefugt. Unschädlich ist, dass sie mangels Eintragung im Handelsregister nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG) noch nicht als juristische Person entstanden ist. Ihr stehen als Vorgesellschaft ungeachtet des Umfangs ihrer Rechtsfähigkeit gemäß Art. 19 Abs. 3 GG Grundrechte zu (vgl. BVerfGE 3, 383 ≪391≫; 83, 341 ≪351≫). Sie kann sich damit grundsätzlich auch auf die für juristische Personen geschützte Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berufen (vgl. BVerfGE 126, 112 ≪136≫; stRspr).
2. Soweit sich die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 236/12 gegen die Versagung ihrer Zulassung zur Patentanwaltschaft wendet, ist ihre Verfassungsbeschwerde allerdings hinsichtlich einzelner Rügen mangels einer Beschwer (a) sowie mangels hinreichender Begründung (b) teilweise unzulässig.
a) An einer Beschwer fehlt es zunächst, soweit die Beschwerdeführerin sich nicht nur gegen die Verfassungsmäßigkeit von Satz 1 des § 52f Abs. 1 PAO und die darin geforderte verantwortliche Führung der Gesellschaft durch Patentanwälte wendet, sondern auch die Regelung von Satz 2 beanstandet, der für die Mehrheit der Geschäftsführer die Qualifikation als Patentanwalt vorschreibt. Anders als im Verfahren 1 BvR 2998/11 zur Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft war die Regelung in dem Ausgangsverfahren zur patentanwaltsrechtlichen Zulassung nicht entscheidungserheblich. Aus § 52f Abs. 1 Satz 2 PAO wurde kein Grund für die Versagung der Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft hergeleitet.
Ebenso wenig ist die Beschwerdeführerin beschwert, soweit sie die Verfassungswidrigkeit des § 52e Abs. 3 PAO geltend macht, der die Beteiligung Dritter an der Gesellschaft und deren Gewinn untersagt. Auf dieser Vorschrift beruhen die angefochtenen Entscheidungen ersichtlich nicht.
b) Mangels einer hinreichenden Begründung ist die Verfassungsbeschwerde insoweit unzulässig, als sich die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 3 Abs. 1 GG gegen die fachgerichtliche Auslegung und Anwendung des § 52c Abs. 2 PAO wendet, der die Beteiligung von Patentanwaltsgesellschaften an Zusammenschlüssen zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbietet. Insbesondere erschließt sich nicht, aus welchem Grund es offenkundig unhaltbar sein soll, die Versagung der Zulassung auf den unbestritten rechtswidrigen Inhalt des § 3 Abs. 3 der Satzung zu stützen.
Die Unzulässigkeit dieser Rüge bleibt aber auf den konkreten Versagungsgrund beschränkt und führt nicht zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde insgesamt. Zwar reicht das Vorliegen schon dieses einen im Gutachten festgestellten Versagungsgrundes aus, um den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft als abgelehnt anzusehen (§ 52g Abs. 5, § 16 Abs. 4 Satz 2 PAO a.F.). Der Beschwerdeführerin bleibt es jedoch unbenommen, die betreffende Satzungsbestimmung, von der sie ohnehin keinen Gebrauch machen will, noch während des anhängigen Verfahrens an die gesetzlichen Vorgaben anzupassen und damit diesen Versagungsgrund auszuräumen.
II.
Soweit die Verfassungsbeschwerden zulässig sind, sind sie auch begründet.
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Eingriffe in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin (1.) sind verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt (2.).
1. Das Grundrecht der Berufsfreiheit, also das Recht, eine Tätigkeit als Beruf zu ergreifen und frei auszuüben (vgl. BVerfGE 82, 209 ≪223≫; 122, 190 ≪206≫), wird durch Art. 12 Abs. 1 GG umfassend geschützt (vgl. BVerfGE 7, 377 ≪397≫; 16, 6 ≪21≫; 85, 248 ≪256≫; 121, 317 ≪345≫) und steht auch der Beschwerdeführerin zu.
a) Nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG können juristische Personen den Schutz der Berufsfreiheit beanspruchen, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht (vgl. BVerfGE 115, 205 ≪229≫ m.w.N.). Dies gilt mithin auch für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (vgl. BVerfGE 131, 47 ≪57≫). Zwar hat die Beschwerdeführerin diese Gesellschaftsform noch nicht erreicht, als Vorgesellschaft erfüllt sie aber die Voraussetzungen einer – im verfassungsrechtlichen Sinne des Art. 19 Abs. 3 GG – juristischen Person (dazu oben B. I.), auf die in der vorliegenden Konstellation auch das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG seinem Wesen nach anwendbar ist. Sie ist als Vorgesellschaft in weitem Umfang zum Auftreten und Handeln im Rechts- und Geschäftsverkehr berechtigt und damit der Gesellschaft mit beschränkter Haftung „bereits weitgehend angenähert” (vgl. BGHZ 120, 103 ≪105 f.≫). Demgemäß unterliegt die Vorgesellschaft dem Recht der angestrebten Gesellschaftsform, soweit dieses mit ihrem besonderen Zweck als Vorgesellschaft vereinbar ist und nicht die Eintragung im Handelsregister voraussetzt (vgl. BGHZ 169, 270 ≪273≫ m.w.N.).
Wegen ihrer hiernach gegebenen Identität mit der Kapitalgesellschaft, auf deren Entstehen sie angelegt ist, kann die Beschwerdeführerin bereits für sich den Schutz der Berufsfreiheit jedenfalls insoweit in Anspruch nehmen, als ihre Funktion als notwendige Vorstufe für die erstrebte Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft dies erfordert. Ihrem Gesellschaftszweck entsprechend, das Entstehen einer Berufsausübungsgesellschaft vorzubereiten und deren Tätigkeit zu ermöglichen, ist die Beschwerdeführerin mithin in eigenen Rechten betroffen, wenn – wie hier – der Verwirklichung dieses Ziels Hindernisse entgegengestellt werden.
b) Die verfahrensgegenständlichen Entscheidungen und die ihnen zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften greifen in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin ein. Sie versagen der Beschwerdeführerin in der gegenwärtigen Organisationsform die Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft und beschränken damit deren Möglichkeiten, berufliche Tätigkeiten auszuüben, die Rechts- oder Patentanwälten vorbehalten sind. Bei den hier maßgeblichen Vorschriften handelt es sich um Vorgaben zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit (§ 59e Abs. 2 Satz 1 BRAO und § 52e Abs. 2 Satz 1 PAO) sowie zur Leitungsmacht und zur Geschäftsführermehrheit (§ 59f Abs. 1 BRAO und § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO), die über das allgemeine Gesellschaftsrecht hinaus eigene Begrenzungen für Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaften schaffen. Erfüllt die Beschwerdeführerin die gesetzlichen Vorgaben nicht, bleibt ihr die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft zur Rechtsanwaltschaft ebenso versagt wie die Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft zur Patentanwaltschaft. Sie ist damit nach den Regelungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) sowie nach den Bestimmungen des jeweils maßgeblichen Berufs- oder Verfahrensrechts an der gewählten beruflichen Tätigkeit der Beratung und Vertretung in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO) oder auch nur in Patentangelegenheiten (§§ 3, 4 PAO) gehindert. Selbst wenn die Beschwerdeführerin ohne ihre entgegenstehende Satzung abzuändern und, ohne die tatsächliche Struktur ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer anzupassen, die Eintragung in das Handelsregister und ihre damit verbundene Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung erreichen sollte, könnte sie mangels berufsrechtlicher Zulassungen nicht die angestrebte berufliche Tätigkeit in der frei gewählten Form einer Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft aufnehmen.
2. Dieser Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin ist nicht gerechtfertigt.
In das durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit (stRspr, vgl. nur BVerfGE 7, 377 ≪402≫; 103, 172 ≪183≫) darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr, vgl. nur BVerfGE 94, 372 ≪389 f.≫; 103, 1 ≪10≫; 126, 112 ≪139, 144≫). Hier sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs nicht erfüllt. Zwar ist mit den angegriffenen Bestimmungen eine ausreichende gesetzliche Grundlage gegeben, und der Gesetzgeber verfolgt mit diesen Regelungen auch legitime Zwecke (a). Ungeachtet der Frage ihrer Eignung sind die damit ermöglichten Eingriffe in die Berufsfreiheit jedoch zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele jedenfalls nicht erforderlich (b).
a) Mit Blick auf die Sicherung sowohl der beruflichen Unabhängigkeit (aa) als auch der berufsrechtlichen Qualifikationsanforderungen (bb) sowie der Beachtung des maßgeblichen Berufsrechts (cc) verfolgt der Gesetzgeber mit den angegriffenen Regelungen zur Wahrung von Entscheidungsgewalt und Einfluss der aufgrund der Zulassung als Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft jeweils gesellschaftsprägenden Berufsgruppe hinreichend legitime Zwecke. Der Schutz der Rechtsuchenden vor Irreführung scheidet hingegen unter den gegebenen Umständen zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit aus (dd).
aa) Die hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen der Rechtsanwalts- wie der Patentanwaltsgesellschaft zielen ausweislich der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung vorrangig auf die Sicherung der beruflichen Unabhängigkeit.
Deutlich wird dies in erster Linie bei der Einzelbegründung zu § 59f Abs. 1 BRAO, der in einer Rechtsanwaltsgesellschaft die Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit den Rechtsanwälten vorbehält. Danach soll in einer solchen Berufsausübungsgesellschaft die ausschlaggebende Entscheidungsgewalt den Rechtsanwälten überlassen bleiben, damit deren Eingreifen bei Gefährdungen der inneren und äußeren Unabhängigkeit eines Rechtsanwalts möglich sei. Im Verhältnis zu den Gesellschaftern und der Geschäftsführung müsse dem im konkreten Fall verantwortlichen Rechtsanwalt dasselbe Maß an Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit zustehen wie einem Anwaltssozius (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 16). Den maßgeblichen Einfluss von Rechtsanwälten sollen auch die Mehrheitserfordernisse sicherstellen, die § 59e Abs. 2 BRAO zugunsten dieser Berufsgruppe für die Geschäftsanteile und Stimmrechte in einer Rechtsanwaltsgesellschaft vorschreibt (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 15). Entsprechende Erwägungen des Gesetzgebers liegen auch den angegriffenen Bestimmungen zur Sicherung von Entscheidungsgewalt (§ 52f Abs. 1 Satz 1 PAO) und Einfluss (§ 52e Abs. 2 Satz 1 PAO) der Patentanwälte in Patentanwaltsgesellschaften zugrunde. Insoweit stellt die Gesetzesbegründung nicht nur heraus, dass die Vorschriften weitestgehend den für Rechtsanwaltsgesellschaften geltenden Bestimmungen folgen, sondern nimmt ausdrücklich Bezug auf die hierzu gegebene Begründung (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 21).
Für beide Berufsausübungsgesellschaften soll die Unabhängigkeit der handelnden individuellen Berufsträger gesichert werden, die sich keinen unzulässigen Einflussnahmen berufsfremder Geschäftsführer oder Gesellschafter unterwerfen dürfen. Zudem soll – angesichts der Sicherung des beherrschenden Einflusses der gesellschaftsprägenden Berufsgruppe – die Unabhängigkeit der Gesellschaft geschützt werden, die selbst Trägerin der Zulassung ist und daher keinen berufsfremden Einflüssen auf ihre Willensbildung sowie ihr Außenhandeln ausgesetzt sein soll. Es handelt sich damit um nähere Ausgestaltungen des Leitbilds der beruflichen Unabhängigkeit, die für Rechtsanwälte in § 1 BRAO und für Patentanwälte in § 1 PAO jeweils eine gesetzliche Grundlage findet.
Mit dem Schutz der Unabhängigkeit verfolgt der Gesetzgeber für beide Berufe einen legitimen Zweck. Für die Sicherung der beruflichen Unabhängigkeit von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ergibt sich das aus dem Gemeinwohlziel einer funktionierenden Rechtspflege. Die Wahrung ihrer Unabhängigkeit ist unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und berufene Berater und Vertreter der Rechtsuchenden (§ 3 Abs. 1 BRAO) durch ihre berufliche Tätigkeit zu einer funktionierenden Rechtspflege beitragen können (BVerfGE 117, 163 ≪182≫). Nur als unabhängige Berufsträger vermögen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sachgerechte Konfliktlösungen herbeizuführen, vor Gericht die Interessen ihrer Mandantschaft wirksam zu vertreten und zugleich staatliche Stellen möglichst vor Fehlentscheidungen zu Lasten ihrer Mandantschaft zu bewahren (vgl. BVerfGE 108, 150 ≪161≫). Anwaltliche Unabhängigkeit ist dabei auch im Verhältnis zu Sozien und anderen Dritten zu wahren (vgl. Stürner/Bormann, NJW 2004, S. 1481 ≪1482≫).
Hierbei können gerade die rechtlichen und faktischen Strukturen in Kapitalgesellschaften, die trotz des Ziels einer gemeinsamen Berufsausübung eine enge persönliche Kooperation der Berufsträger nicht zwingend erfordern, zu spezifischen Gefährdungen der beruflichen Unabhängigkeit führen. Dass der Gesetzgeber auch dem begegnen will, zeigt sich etwa an § 59f Abs. 4 BRAO, wonach die Unabhängigkeit der Rechtsanwälte, die zu Geschäftsführern, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten bestellt sind, bei der Ausübung ihres Berufs zu gewährleisten ist, und Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche Bindungen, unzulässig sind. Weitergehend betont die Gesetzesbegründung, dass den einzelnen Berufsträgern innerhalb der Berufsausübungsgesellschaft dasselbe Maß an Unabhängigkeit zustehen muss wie einem Sozius in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder der Partnerschaft; Vorgaben für seine Berufsausübung durch Kollegen sollen nur ausnahmsweise etwa bei einem besonders haftungsgefährdenden oder einem sonst berufsrechtswidrigen Verhalten zulässig sein (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 16).
Für den Schutz der beruflichen Unabhängigkeit der Patentanwaltschaft kann nichts anderes gelten. Auch Patentanwälte sind – innerhalb des ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs – unabhängige Organe der Rechtspflege (§ 1 PAO) und werden als unabhängige Berater und Vertreter tätig (§ 3 Abs. 1 PAO). Ihre berufliche Tätigkeit dient ebenfalls dem Schutz der Rechtsuchenden sowie einer geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 97, 12 ≪26 f.≫). Für den Schutz der Unabhängigkeit der Berufsträger vor besonderen Gefährdungen in patentanwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften findet sich zudem mit § 52f Abs. 4 PAO eine § 59f Abs. 4 BRAO entsprechende Verbotsnorm. Angesichts der teilweise identischen Berufsbilder gilt auch für Patentanwälte, dass sie zwar nicht umfassend wie Rechtsanwälte, aber doch innerhalb ihres spezifischen Aufgabenbereichs nur unter der Voraussetzung ihrer Unabhängigkeit zu einer rechtsstaatlichen, funktionierenden Rechtspflege beitragen können. Das Ziel der Wahrung ihrer beruflichen Unabhängigkeit kann mithin als legitimer Zweck in gleicher Weise wie bei Rechtsanwälten Eingriffe in die Berufsfreiheit von Patentanwälten rechtfertigen.
Der legitime Zweck des Schutzes der beruflichen Unabhängigkeit trägt auch die zweite Zielrichtung der angegriffenen Normen. Hier geht es darum, nicht nur die Unabhängigkeit der jeweils handelnden Berufsträger als natürliche Personen, sondern auch die Unabhängigkeit der sie beschäftigenden Berufsausübungsgesellschaften zu schützen. Rechtsanwalts- wie Patentanwaltsgesellschaften sind durch das Gesetz so gestaltet, dass sie – nicht anders als natürliche Personen – selbst mit den Aufgaben und Befugnissen eines Rechts- oder Patentanwalts tätig werden können und tätig werden dürfen. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten (§ 59c Abs. 1 BRAO) beziehungsweise Patentangelegenheiten (§ 52c Abs. 1 PAO). Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft können insbesondere als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden und haben bei dieser Tätigkeit selbst die Rechte und Pflichten eines Rechts- beziehungsweise Patentanwalts (vgl. § 59l Satz 1 und 2 BRAO, § 52l Satz 1 und 2 PAO). Es ist demnach nur konsequent, dass auch diese Gesellschaften gemäß § 59m Abs. 2 BRAO und § 52m Abs. 2 PAO zur Erfüllung der wesentlichen Berufspflichten wie eine natürliche Person verpflichtet sind. Das Tätigwerden einer Rechtsanwalts- wie einer Patentanwaltsgesellschaft kann demnach unmittelbar zu Gefährdungen für die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege führen, sollte die eigene berufliche Unabhängigkeit der Gesellschaften nicht gewährleistet sein. Solche Gefährdungen zu verhindern, ist mithin ebenfalls legitimer Zweck der angegriffenen Vorschriften. Da rechts- wie patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften eigene Zurechnungssubjekte berufsrechtlicher Pflichten sind, deren Identität auch bei einem Wechsel in den Personen ihrer Gesellschafter und der übrigen Berufsträger unverändert fortbesteht, kommt dieser Schutz beruflicher Unabhängigkeit zugleich künftigen Berufsträgern zugute, weil diese bei ihrem Eintritt nicht in vorgefundene Abhängigkeitsverhältnisse geraten.
bb) Als weiteren legitimen Zweck verfolgt der Gesetzgeber mit den angegriffenen Bestimmungen die Sicherung der berufsrechtlichen Qualifikationsanforderungen.
Diese ergeben sich für die Berufsträger als natürliche Personen zum einen aus § 4 BRAO, der den Zugang zum Rechtsanwaltsberuf grundsätzlich von der Befähigung zum Richteramt abhängig macht, und zum anderen aus § 5 PAO, wonach der Zugang zum Beruf des Patentanwalts an die in §§ 6 bis 8 PAO genannten praktischen und theoretischen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse geknüpft ist. Die berufsrechtlichen Qualifikationserfordernisse dienen mit dem Schutz der Rechtspflege und dem Schutz der Rechtsuchenden vor einem Tätigwerden fachlich ungeeigneter Personen wichtigen Gemeinschaftsgütern (vgl. BVerfGE 75, 246 ≪267≫).
Da auch die Berufsausübungsgesellschaften als solche zur rechts- und patentanwaltlichen Tätigkeit zugelassen sind, aber als juristische Personen nicht selbst handeln können, gilt es sicherzustellen, dass für sie nur Personen bei der Rechtsberatung und Vertretung tätig werden, die ihrerseits über die vorgeschriebene Zulassung als Rechts- oder Patentanwalt verfügen. Dem dient in erster Linie der Berufsträgervorbehalt, der ein Handeln natürlicher Personen für die Gesellschaft vom Erwerb der entsprechenden berufsrechtlichen Qualifikation abhängig macht. Er hat in § 59l Satz 3 BRAO und § 52l Satz 3 PAO für wesentliche Bereiche gesetzliche Regelungen gefunden, erstreckt sich aber auf die gesamte rechtsbesorgende Tätigkeit (vgl. unten B. II. 2. b bb ≪1≫). Daneben sollen auch die angegriffenen Vorschriften die berufsrechtlichen Qualifikationsanforderungen gewährleisten. Nach der Gesetzesbegründung ist eine Leitlinie der gesetzlichen Ausgestaltung, dass die Anwaltsgesellschaften nicht nur Instrumente zur gemeinschaftlichen Berufsausübung der in ihr verbundenen Personen sind, sondern als juristische Personen durch das ihnen zurechenbare Verhalten ihrer Vertreter auch selbst Erbringer rechtsbesorgender Dienstleistungen (vgl. BRDrucks 1002/97, S. 12). Angesichts dieser Erwägungen lässt sich – mit dem Bundesgerichtshof in einer der Ausgangsentscheidungen (Urteil vom 10. Oktober 2011 – AnwZ ≪Brfg≫ 1/10 –, Rn. 18 – juris; ähnlich bereits BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2007 – AnwZ ≪B≫ 91/06 –, Rn. 13 – juris) – den angegriffenen Bestimmungen der Zweck beilegen, auf dem Wege der Sicherung von Einfluss und Entscheidungsgewalt der gesellschaftsprägenden Berufsgruppe deren fachliche Qualifikation auch für die rechtsbesorgende Tätigkeit der Gesellschaft selbst zu gewährleisten.
cc) Mit den angegriffenen Vorschriften wird schließlich noch ein dritter legitimer Zweck verfolgt; denn mit der Sicherung des maßgeblichen Einflusses der gesellschaftsprägenden Berufsgruppe wird auch ein Hindernis für Entscheidungen und Maßnahmen in interprofessionellen Berufsausübungsgesellschaften geschaffen, die ihrem Berufsrecht widersprechen.
Derartige Verstöße gegen das einschlägige Berufsrecht müssen nicht zwingend in Folge von Abhängigkeiten gegenüber Berufsfremden entstehen. Ihnen kommt daher gegenüber der Sicherung beruflicher Unabhängigkeit eigenständige Bedeutung zu. Aufgrund ihrer Bindung an das eigene Berufsrecht kann die Dominanz der jeweils gesellschaftsprägenden Berufsträger bei den Geschäftsanteilen und Stimmrechten sowie bei der Leitungsmacht und Geschäftsführung dazu beitragen, dass deren Berufsrecht auch in der Gesellschaft beachtet wird. Da das Berufsrecht wiederum dem Funktionieren der Rechtspflege sowie dem Schutz der Rechtsuchenden dient, verfolgen die angegriffenen Vorschriften auch in dieser Hinsicht einen legitimen Zweck.
dd) Hingegen kommt ein Schutz vor Irreführung in der vorliegenden Konstellation als legitimer Zweck der angegriffenen Regelungen nicht in Betracht.
Der Schutz der Rechtsuchenden vor einer irreführenden Außendarstellung kann allerdings grundsätzlich ein Gemeinwohlzweck sein, der Eingriffe in die Berufsfreiheit auch bei rechtsberatender Tätigkeit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfGE 112, 255 ≪263≫). Hier ist jedoch bereits zweifelhaft, ob die Rechtsuchenden mit dem Auftreten einer Berufsausübungsgesellschaft als Rechts- oder Patentanwaltsgesellschaft eine Erwartung an bestimmte innere Strukturen wie die Mehrheitsverhältnisse der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die Leitungsmacht und die Geschäftsführermehrheit der gesellschaftsprägenden Berufsgruppe verbinden und in dieser Hinsicht überhaupt einer Fehlvorstellung erliegen können. Dessen ungeachtet ist zumindest im gegebenen Fall, in dem eine gleichzeitige Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft angestrebt wird, die Gefahr einer Irreführung von vornherein ausgeschlossen, weil bereits die doppelte Firmierung mit der Angabe beider Berufe der Erwartung, die Gesellschaft werde intern von einer der beiden Berufsgruppen nach Maßgabe der angegriffenen Vorschriften dominiert, die Grundlage entzieht. Werden beide Berufsgruppen im Gesellschaftsnamen genannt, so lässt sich kein klarer Hinweis auf den beherrschenden Vorrang eines der Berufe erkennen.
b) Die Eignung der angegriffenen Vorschriften zur Erreichung der festgestellten legitimen Zwecke kann dahinstehen. Denn soweit sie die Zusammenarbeit beider Berufe in Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaften betreffen, können die Bestimmungen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit jedenfalls deshalb nicht genügen, weil sie nicht erforderlich sind, um die festgestellten legitimen Zwecke des Schutzes der beruflichen anwaltlichen Unabhängigkeit (aa), der Sicherstellung der beruflichen Qualifikationsanforderungen (bb) und der Verhinderung von Berufsrechtsverstößen (cc) zu erreichen.
Zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zählt die Erforderlichkeit, weil Eingriffe in Grundrechte nicht weiter gehen dürfen als das verfolgte Gesetzesziel dies erfordert. An der Erforderlichkeit fehlt es, wenn der Gesetzgeber hierfür ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (vgl. BVerfGE 126, 112 ≪144 f.≫ m.w.N.). Auch unter Berücksichtigung des Beurteilungs- und Prognosespielraums, über den der Gesetzgeber bei Einschätzung der Erforderlichkeit einer von ihm getroffenen Regelung verfügt (vgl. BVerfGE 126, 112 ≪145≫ m.w.N.), fehlt es hier an dieser Voraussetzung.
aa) Die verfahrensgegenständlichen Anforderungen an die Gesellschafter- und Geschäftsführungsstruktur sind zum Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit nicht erforderlich, weil die Erreichung dieses Ziels bereits durch gesetzlich geregelte Berufspflichten der beteiligten Rechts- und Patentanwälte sichergestellt ist. Diese zielen auf konkrete Verstöße im Einzelfall und belasten damit die Berufsträger weniger als die angegriffenen Beschränkungen des Gesellschaftsrechts.
(1) So ist es Rechtsanwälten gemäß § 43a Abs. 1 BRAO und Patentanwälten gemäß § 39a Abs. 1 PAO untersagt, Bindungen einzugehen, durch die ihre berufliche Unabhängigkeit gefährdet wird. Aufgrund der Verweisungen in § 59m Abs. 2 BRAO und § 52m Abs. 2 PAO trifft diese Berufspflicht unmittelbar auch die rechts- und patentanwaltlichen Berufsausübungsgesellschaften selbst. Damit sind in umfassender Weise solche rechtlichen wie faktischen, organisatorischen wie nach außen wirkenden Gestaltungen von Gesellschaftsstrukturen verboten, die Gefahren für die vom Gesetz für beide Berufe vorausgesetzte Unabhängigkeit schaffen oder mit ihnen einhergehen.
Zudem schützt das Berufsrecht die Unabhängigkeit der Berufsträger dadurch, dass es mit § 59f Abs. 4 Satz 2 BRAO und § 52f Abs. 4 Satz 2 PAO Einflussnahmen der Gesellschafter auf die berufliche Tätigkeit des einzelnen Rechtsanwalts oder Patentanwalts untersagt. Diesen Verboten widersprechende Weisungen sind nichtig und daher unbeachtlich. Unzulässige Einflussnahmen stellen außerdem sanktionsbewehrte Berufspflichtverletzungen dar.
Die interprofessionelle Zusammenarbeit von Rechtsanwälten und Patentanwälten schafft keine spezifischen Gefährdungen, die hier weitere Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen könnten. Insbesondere sind keine Übergriffe in die berufliche Unabhängigkeit durch Angehörige der jeweils anderen Berufsgruppe zu befürchten. Die Berufsträger beider Gruppen befassen sich nicht nur gleichermaßen mit rechtlicher Beratung und Vertretung, ihnen ist vielmehr aus dem eigenen Berufsrecht die große Bedeutung beruflicher Unabhängigkeit in ihrem Aufgabenbereich bekannt. Das Berufsrecht für Rechtsanwälte und Patentanwälte stimmt insgesamt weitgehend und insbesondere hinsichtlich der Bestimmungen zur Wahrung beruflicher Unabhängigkeit überein. Wesentliche Abweichungen finden sich nur wegen der verschiedenen Tätigkeitsfelder, nicht aber – wie von den im Verfahren abgegebenen Stellungnahmen bestätigt oder zumindest nicht in Abrede gestellt – hinsichtlich des Berufsethos und allgemein der rechtlichen Ausgestaltung.
(2) Die Wirksamkeit dieser berufsrechtlichen Bestimmungen für die Wahrung der beruflichen Unabhängigkeit bleibt bezogen auf die Zusammenarbeit von einander so ähnlichen Berufen wie hier des Rechtsanwalts und des Patentanwalts nicht hinter der zurück, die sich mit den angegriffenen Regelungen erreichen lässt. Anders als die Bestimmungen, die Einfluss und Entscheidungsgewalt einer Berufsgruppe sicherstellen wollen, erreichen die Verbote des Berufsrechts das gesetzgeberische Ziel unmittelbar, indem sie im konkreten Fall Bindungen untersagen, welche die Unabhängigkeit gefährden.
Zudem sind keine Umstände zu erkennen, die angesichts der geltenden gesetzlichen Gestaltung von Berufsausübungsgesellschaften – insbesondere bei dem Gebot aktiver Berufsausübung (§ 59e Abs. 1 Satz 2 BRAO, § 52e Abs. 1 Satz 2 PAO) und dem Verbot von Drittbeteiligungen (§ 59e Abs. 3 BRAO, § 52e Abs. 3 PAO) – spezifische Gefährdungen der Unabhängigkeit durch die kapitalgesellschaftliche Organisationsform befürchten lassen. Es spricht daher auch für eine ausreichende Wirksamkeit des berufsrechtlichen Schutzes der beruflichen Unabhängigkeit, dass bei den ebenfalls zulässigen Formen interprofessioneller beruflicher Zusammenarbeit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder Partnerschaftsgesellschaft keine vergleichbaren Anforderungen an die Gesellschafter- und Geschäftsführungsstruktur wie bei einer Berufsausübungsgesellschaft bestehen. Bestätigt wird dies durch die Rechtsprechung, die Literatur sowie die im vorliegenden Verfahren abgegebenen Stellungnahmen, denen sich keine konkreten Hinweise auf unzulässige berufliche Abhängigkeiten innerhalb interprofessioneller Sozietäten entnehmen lassen, obgleich personengesellschaftliche Zusammenschlüsse bei der satzungsmäßigen Ausgestaltung der Stimmrechte und Geschäftsführung keinen zwingenden Regelungen unterworfen sind. Dementsprechend wurden solche Vorgaben auch im Zuge der Annäherung der Partnerschaftsgesellschaft an das Haftungsregime einer Kapitalgesellschaft durch Zulassung einer beschränkten Berufshaftung (vgl. § 8 Abs. 4 PartGG n.F.) nicht nachgeholt.
bb) Auch soweit die angegriffenen Vorschriften auf die Sicherung der rechtsanwaltlichen beziehungsweise patentanwaltlichen Qualifikationsanforderungen auf der Ebene der Berufsausübungsgesellschaften zielen, stehen im maßgeblichen Berufsrecht weniger belastende, aber gleichermaßen geeignete Mittel zur Verfügung.
(1) Hierfür genügt bereits der für beide Berufsausübungsgesellschaften geltende umfassende Berufsträgervorbehalt. Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaften sind als solche Erbringer rechtsbesorgender Dienstleistungen, können von den Rechtsuchenden entsprechend beauftragt werden und haben bei ihrer beruflichen Tätigkeit insbesondere als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte die Rechte und Pflichten eines Rechtsanwalts beziehungsweise Patentanwalts (§ 59l Satz 1 und 2 BRAO, § 52l Satz 1 und 2 PAO). Zur Leistung ihrer rechtsbesorgenden Dienste sind die Gesellschaften aber auf natürliche Personen angewiesen. Dass diese Beratung und Vertretung der Rechtsuchenden nur durch hinreichend qualifizierte Personen geschieht, wird dadurch sichergestellt, dass für die Berufsausübungsgesellschaft nur Organe und Vertreter handeln dürfen, in deren Person die für die Erbringung rechtsbesorgender Leistungen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen. Mithin bleibt die tatsächliche rechtsbesorgende Tätigkeit solchen Berufsträgern vorbehalten, die ihrerseits zur Rechtsanwaltschaft beziehungsweise zur Patentanwaltschaft zugelassen sind und damit die in § 4 BRAO und § 5 PAO bestimmten Qualifikationserfordernisse in eigener Person erfüllen müssen.
Der geschilderte Berufsträgervorbehalt ist zwar nur für die Beauftragung einer Rechtsanwalts- oder Patentanwaltsgesellschaft als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtige in § 59l Satz 3 BRAO und § 52l Satz 3 PAO ausdrücklich gesetzlich geregelt. Indessen kann mit Blick auf den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifizierter Rechtsberatung (vgl. § 1 Abs. 1 RDG) für reine Beratungsmandate, die keine Vertretung der Rechtsuchenden einschließen, nichts anderes gelten. Dies entspricht auch einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. So hat bereits das Bayerische Oberste Landesgericht in seiner grundlegenden Entscheidung zur Zulässigkeit einer Rechtsanwalts-GmbH aus § 4 BRAO und § 5 PAO hergeleitet, dass in einer solchen Gesellschaft diejenigen Personen, die eine rechtsberatende Tätigkeit ausüben, selbst die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft haben müssen (BayObLG, Beschluss vom 24. November 1994 – 3 Z BR 115/94 –, juris, Rn. 20; vgl. auch OLG Nürnberg, Beschluss vom 14. Januar 2013 – 10 WF 1449/12 –, juris, Rn. 8). Soweit ersichtlich geht das Schrifttum ebenfalls davon aus, dass sich aus dem Zusammenschluss als Rechtsanwaltsgesellschaft keine Erweiterung der Befugnisse einer anderen Berufsgruppe ergibt und demnach auch im Rahmen einer Beratungstätigkeit der jeweilige tatsächliche Leistungserbringer über die notwendige berufliche Qualifikation als Rechtsanwalt verfügen muss (vgl. etwa Girotto, Die Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, 2002, S. 164 ≪234≫; Zuck, MDR 1998, S. 1317 ≪1320≫; Merkner, AnwBl. 2004, S. 529 ≪534≫). Zudem wird auch § 7 Abs. 4 PartGG, der für Partnerschaftsgesellschaften weitgehend inhaltsgleich mit § 59l BRAO eine ausdrückliche Regelung nur für Vertretungsmandate trifft, ebenfalls so ausgelegt, dass Partner und Vertreter stets nur im Rahmen ihrer persönlichen beruflichen Befugnisse – und mithin nur bei entsprechender Qualifikationen – tätig werden dürfen (vgl. Henssler, in: Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 3. Aufl. 2010, § 7 PartGG, Rn. 8 ff.).
Aufgrund des umfassend geltenden Berufsträgervorbehalts ist sichergestellt, dass auch in interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaften, also bei Beteiligung verschiedener sozietätsfähiger Berufe (§ 59e Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 59a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BRAO; § 52e Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 52a Abs. 2 PAO), sämtliche rechtsbesorgende Dienstleistungen stets nur von Berufsträgern erbracht werden dürfen, die in ihrer Person die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Tätigkeit erfüllen. Auch bei gleichzeitiger Zulassung einer interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft bedeutet dies, dass Rechtsuchenden außerhalb von Patentangelegenheiten (vgl. § 3 Abs. 5 PAO) umfassende Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten nur durch Berufsträger zuteil werden kann, die selbst die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erlangt haben, was wiederum voraussetzt, dass sie die Voraussetzungen der durch § 4 BRAO geforderten fachlichen Qualifikation namentlich in Gestalt der Befähigung zum Richteramt erfüllen. Nur in Patentangelegenheiten im Sinne der §§ 3, 4 PAO sind für die Gesellschaft auch solche Berufsträger zur Beratung und Vertretung befugt, die zur Patentanwaltschaft zugelassen sind und damit die insoweit maßgeblichen fachlichen Voraussetzungen der §§ 5 ff. PAO in eigener Person erfüllen. Eine umfassende, über Patentangelegenheiten hinausgehende Rechtsbesorgung bleibt den allein zur Patentanwaltschaft zugelassenen Berufsträgern hingegen untersagt, weil dem auch bei Tätigkeit für eine Gesellschaft mit doppelter Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft der Vorbehalt zugunsten rechtsanwaltlicher Berufsträger – also insbesondere § 59l Satz 3 BRAO – entgegensteht.
(2) Ist somit bereits durch den umfassenden Berufsträgervorbehalt in jeder Hinsicht gewährleistet, dass auch für das Tätigwerden einer interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft von Rechts- und Patentanwälten die Qualifikationsanforderungen beider rechtsbesorgender Berufe in jedem Einzelfall erfüllt sind, so bedarf es angesichts dieser Regelungen nicht noch eines strengeren Schutzes durch die angegriffenen Bestimmungen zur Sicherung von Einfluss und Entscheidungsmacht der gesellschaftsprägenden Berufsgruppe innerhalb der Gesellschaft. Mit dem Berufsträgervorbehalt steht schon für sich genommen ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Ziels notwendiger beruflicher Qualifikation zur Verfügung, so dass weitere Grundrechtseingriffe durch die angegriffenen Normen nicht erforderlich sind.
cc) Auch für den Schutz vor berufsrechtswidrigem Handeln sind die angegriffenen Vorschriften nicht erforderlich.
Wird den Angehörigen der im konkreten Fall gesellschaftsprägenden Berufsgruppe mit den angegriffenen Regelungen der maßgebliche Einfluss vorbehalten, so kann es ihnen zwar aufgrund ihrer Leitungsmacht (§ 59f Abs. 1 Satz 1 BRAO; § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO) möglich sein, Verstöße gegen das maßgebliche Berufsrecht durch die anderen Berufsgruppen zu verhindern. Hier ist aber eine persönliche Bindung sämtlicher Berufsträger an das für die Gesellschaft maßgebliche Berufsrecht das mildere Mittel. Sie ist mit Blick auf die freie, unreglementierte Berufsausübung weniger belastend; denn sie setzt unmittelbar bei den maßgeblichen berufsrechtlichen Pflichten an und vermeidet weitergehende Eingriffe in die inneren Strukturen der Berufsausübungsgesellschaft, die das angestrebte Ziel nur indirekt erreichen könnten.
Der unmittelbare Ansatz einer Bindung an das Berufsrecht rechtfertigt zudem die Annahme einer zumindest gleichen, wenn nicht sogar gesteigerten Wirksamkeit. Dies zeigen Erfahrungen mit der Bindung an das für die Gesellschaft maßgebliche Berufsrecht, wie sie für Berufsfremde etwa in Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch § 56 Abs. 1 WPO oder in Steuerberatungsgesellschaften durch § 72 Abs. 1 StBerG vorgesehen sind. Dort sieht der Gesetzgeber auch bei interprofessioneller Zusammenarbeit die Angehörigen der sozietätsfähigen Berufe als hinreichend qualifiziert an, um auch den „fremden” Berufspflichten Genüge zu tun. Aus der Praxis sind keine Hinweise bekannt geworden, die diese Einschätzung auch nur in Zweifel ziehen könnten. Es gibt daher keinen Grund, die Wirksamkeit einer wechselseitigen berufsrechtlichen Bindung bei der Zusammenarbeit von Rechts- und Patentanwälten in Rechts- oder Patentanwaltsgesellschaften in Frage zu stellen, zumal das Recht gerade dieser beiden rechtsbesorgenden Berufe weitgehend durch parallele, zumindest aber durch vergleichbare Vorgaben gekennzeichnet ist.
III.
Da die Verfassungsbeschwerden, soweit sie zulässig sind, bereits aufgrund einer Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) Erfolg haben, bedarf es keiner Entscheidung, ob weitere Grundrechte, wie namentlich der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) oder die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) verletzt sind.
IV.
1. Die mit den Verfassungsbeschwerden mittelbar angegriffenen § 59e Abs. 2 Satz 1 und § 59f Abs. 1 BRAO verstoßen gegen das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und sind nichtig, soweit sie der Zulassung einer interprofessionellen Gesellschaft als Rechtsanwaltsgesellschaft (§ 59c BRAO) und damit der Möglichkeit eigener Betätigung der Gesellschaft im Rechtsanwaltsberuf (§ 59l BRAO) entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung und die Mehrheit der Geschäftsführer den Rechtsanwälten überlassen sind. In gleicher Weise verstoßen die mit den Verfassungsbeschwerden mittelbar angegriffenen § 52e Abs. 2 Satz 1 und § 52f Abs. 1 Satz 1 PAO gegen das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und sind nichtig, soweit sie der Zulassung einer interprofessionellen Gesellschaft als Patentanwaltsgesellschaft (§ 52c PAO) und damit der Möglichkeit eigener Betätigung der Gesellschaft im Patentanwaltsberuf (§ 52l PAO) entgegenstehen, wenn nicht die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte sowie die verantwortliche Führung den Patentanwälten überlassen sind.
2. Soweit die angegriffenen Entscheidungen auf der Grundlage der für teilweise nichtig erklärten Bestimmungen ergangen sind, verletzten sie die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.
a) Dies gilt in dem Verfahren 1 BvR 2998/11, das die Zulassung der Beschwerdeführerin als Rechtsanwaltsgesellschaft betrifft, für alle angegriffenen Entscheidungen; denn der Ablehnungsbescheid der Rechtsanwaltskammer sowie die Urteile des Anwaltsgerichtshofs und des Bundesgerichtshofs beruhen auf der Anwendung von § 59e Abs. 2 Satz 1 und § 59f Abs. 1 BRAO und damit auf der mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Rechtslage.
b) In dem die Zulassung als Patentanwaltsgesellschaft betreffenden Verfahren 1 BvR 236/12 beruhen die im Gutachten der Patentanwaltskammer unter Nummer 4 und Nummer 5 festgestellten Gründe für eine Versagung der Zulassung auf der Anwendung von § 52f Abs. 1 Satz 1 beziehungsweise § 52e Abs. 2 Satz 1 PAO und damit auf den Vorschriften, die in dieser Hinsicht Art. 12 Abs. 1 GG missachten. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München verletzt nur insoweit die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin, als er zu ihrem Nachteil ergangen ist und den Versagungsgrund unter Nummer 4 des Gutachtens bestätigt. Der Beschluss des Bundesgerichtshofs geht darüber hinaus, weil er nicht nur den Versagungsgrund unter Nummer 4 bestätigt, sondern den weiteren im Gutachten unter Nummer 5 genannten, auf § 52e Abs. 2 Satz 1 PAO beruhenden Grund für die Versagung der Zulassung zur Patentanwaltschaft feststellt.
Sofern der Beschluss des Bundesgerichtshofs zum Nachteil der Beschwerdeführerin auch Nummer 5 des Gutachtens als Grund für die Versagung der Zulassung gemäß § 52c Abs. 2 PAO bestätigt, ist die in dieser Hinsicht (vgl. oben B. I. 2. b) wie auch hinsichtlich weiterer Rügen (vgl. oben B. I. 2. a) unzulässige Verfassungsbeschwerde zu verwerfen.
3. Da sich die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 1 BvR 2998/11 als begründet erweist, sind der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen in diesem Verfahren nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten. Hingegen ist in dem Verfahren 1 BvR 236/12 gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG nur eine teilweise Erstattung der Auslagen anzuordnen, die sich an dem anteiligen Erfolg der Verfassungsbeschwerde orientiert.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 ≪366 ff.≫).
Unterschriften
Kirchhof, Gaier, Eichberger, Schluckebier, Masing, Paulus, Baer, Britz
Fundstellen
Haufe-Index 6639256 |
BVerfGE 2015, 90 |
DB 2014, 13 |
DStR 2014, 14 |
DStR 2014, 669 |
DStRE 2014, 755 |
NJW 2014, 613 |
BlPMZ 2014, 69 |
NZG 2014, 258 |
ZIP 2014, 11 |
wistra 2014, 3 |
AnwBl 2014, 270 |
DÖV 2014, 398 |
GewArch 2014, 223 |
JZ 2014, 212 |
MDR 2014, 309 |
NJ 2014, 3 |
GRUR-Prax 2014, 116 |
GWR 2014, 101 |
GmbHR 2014, 301 |
StBW 2014, 197 |
BGBl. I 2014, 111 |
BRAK-Mitt. 2014, 87 |
Mitt. 2014, 185 |