Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff der wesentlichen Beteiligung
Leitsatz (redaktionell)
Der steuerbegründende Tatbestand des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG genügt rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuergesetzes, soweit er eine wesentliche Beteiligung als gegeben ansieht, wenn der Veräußerer von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft an dieser zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3; EStG § 17 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 17.12.1984; Aktenzeichen IX R 28/80) |
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 17.09.1980; Aktenzeichen XI (II) 141/75) |
Gründe
Die angegriffenen Entscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Bundesfinanzhof hat ohne Verkennung der Tragweite und Bedeutung der Grundrechte in Auslegung und Anwendung einfachen Rechts entschieden, daß der Beschwerdeführer als Erbe einen Veräußerungsgewinn in Höhe von – unstreitig – 168 000,– DM aus dem Verkauf einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 EStG zu versteuern hat. Die wesentliche Beteiligung leitet sich aus einer unmittelbaren Beteiligung des veräußernden Erblassers an der Firma X-AG in Höhe von 24,97 % und einer mittelbaren Beteiligung in Höhe von 10,48 % durch eine Beteiligung an der Firma Y-AG in Höhe von 21 % ab, die ihrerseits an der Firma X-AG mit 49,94 % beteiligt war.
Der steuerbegründende Tatbestand genügt, auch den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuergesetzes, soweit § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG eine wesentliche Beteiligung als gegeben ansieht, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beteiligung diesen Merkmalen unterfällt, läßt sich mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln hinreichend sicher erkennen. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und ihre Auslegungsbedürftigkeit nehmen dem steuerbegründenden Tatbestand noch nicht seine hinreichende Bestimmtheit. Die Voraussetzungen für eine derartige, überhaupt nur ausnahmsweise zu treffende Feststellung mangelnder Bestimmtheit, sind nicht gegeben (BVerfGE 59, 36 ≪52≫).
Die weitere Rüge, der Beschwerdeführer sei in seinem wohlbegründeten Vertrauen auf Fortführung der bis 1970 in Verwaltung und Rechtsprechung praktizierten engen Auslegung des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG zu schützen, greift nicht durch. Es kann offenbleiben, ob die Rüge überhaupt in ausreichender Form erhoben worden ist, und es kann ferner dahinstehen, ob unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung von Rechtsvorschriften ausnahmsweise verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Rückwirkungsverbotes begegnen kann, wenn sich die Gesetzesinterpretation als „Wandel der Rechtsprechung” erweist (BVerfGE 18, 224 ≪240≫). Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht erfüllt, weil – soweit ersichtlich – eine gefestigte Rechtsprechung zu der im Ausgangsverfahren zu entscheidenden Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen eine mittelbare Beteiligung anzunehmen sei, nicht bestand. Diese Frage wurde vielmehr kontrovers behandelt (vgl. Uelner, DStZ 1965, S. 136, 141 und Anm. HFR 1978, S. 480).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen