Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Zurückweisung einer Prozeßvollmacht
Leitsatz (redaktionell)
Die Zurückweisung einer Prozessvollmacht ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Gericht auf seine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vollmacht hingewiesen hat und die Prozeßpartei nicht wegen einer vorher geübten nachhaltigen Praxis des erkennenden Senats annehmen konnte, die vorgelegte Prozeßvollmacht würde den Anforderungen des Gerichts entsprechen.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1; FGO § 62 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die angegriffene Entscheidung verletzt nicht Art. 19 Abs. 4 GG. Die Gewährleistung des Rechtswegs schließt nicht aus, daß seine Beschreitung in den Prozeßordnungen von der Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen abhängig gemacht wird (vgl. BVerfGE 35, 65 ≪73≫). Das gleiche hat zu gelten, wenn das Gericht in Auslegung und Anwendung des einschlägigen Verfahrensrechts bestimmte Anforderungen – hier an die Wirksamkeit einer Prozeßvollmacht stellt.
Ob § 62 Abs. 3 Satz 1 FGO durch den Bundesfinanzhof richtig angewandt worden ist, hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen; selbst wenn sich hier Bedenken ergäben, führte dies nicht zu einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfGE 67, 90 ≪95≫).
Ein Verfassungsverstoß könnte allerdings gegeben sein, wenn das Prozeßgrundrecht der Beschwerdeführer auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt wäre. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Beschwerdeführer wegen einer vorher geübten nachhaltigen Praxis des erkennenden Senats annehmen konnten, die vorgelegten Prozeßvollmachten würden den Anforderungen des Gerichts entsprechen (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 1988 – 1 BvR 669/87 u.a. –, EuGRZ 1988, S. 302 ≪303≫). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Nach den Gründen der angegriffenen Entscheidung ist der Prozeßbevollmächtigte, der offensichtlich schon in erster Instanz mit seinen Ansichten über die Ausgestaltung einer Prozeßvollmacht nicht durchgedrungen ist, vom Vorsitzenden des I. Senats des Bundesfinanzhofs mit Schreiben vom 17. September 1982 darauf hingewiesen worden, daß sich keine der Vollmachten auf einen bestimmten Rechtsstreit beziehe. Die Beschwerdeführer haben in ihrer Verfassungsbeschwerde nicht bestritten, daß ihr Bevollmächtigter in dieser Weise unterrichtet worden ist. Wenn der Bevollmächtigte die Auffassung des Gerichts nicht für erheblich erachtete, ging er bewußt das Risiko ein, daß seine vorgelegten Prozeßvollmachten als nicht ordnungsmäßig mit der Folge beurteilt würden, daß die Revision als unzulässig verworfen wurde.
Bei der Entscheidung über die Gebühr und über ihre Höhe wurden alle Umstände, insbesondere das Gewicht der geltend gemachten Gründe, berücksichtigt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen