Entscheidungsstichwort (Thema)
Heranziehung des Ehegatten zu Kommunalabgaben auch für den Ehegatten
Leitsatz (redaktionell)
Die Erhebung einer pauschalierten Jahreskurabgabe und der Strandbenutzungsgebühr von Inhabern der im Gemeindegebiet belegenen Zweitwohnungen auch zugleich für den Ehegatten ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass bei eheähnlichen Gemeinschaften der Wohnungsinhaber nicht für den Partner mitherangezogen wird, ist durch den erheblichen Verwaltungsaufwand in diesen Fällen gerechtfertigt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
BVerwG (Beschluss vom 25.09.1991; Aktenzeichen 8 B 98/91) |
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin einer Zweitwohnung in Wenningstedt/Sylt. Sie ist zu Jahreskurabgaben 1987 und 1988 von jeweils 126 DM zugleich für ihren Ehemann gemäß der Satzung über die Erhebung einer Kurabgabe und von Strandbenutzungsgebühren der Gemeinde Wenningstedt (Kurabgabesatzung) herangezogen worden. Sie greift die Heranziehungsbescheide an, soweit sie verpflichtet ist, die Jahreskurabgabe auch für ihren Ehemann zu entrichten. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt sie eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wirft keine klärungsbedürftigen Fragen auf. Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor (§ 93 a Abs. 2 BVerfGG).
1. § 5 Abs. 6 Kurabgabesatzung verpflichtet Eigentümer oder Besitzer von Wohnungseinheiten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der Gemeinde Wenningstedt haben, unabhängig von der Aufenthaltsdauer, für sich und ihre Familienangehörigen die Kurabgabensätze der Jahreskurabgabe zu zahlen. Zwar knüpft die Verpflichtung zur Zahlung der Kurabgabe damit an das Bestehen einer Ehe an, weil die Beschwerdeführerin verpflichtet ist, die Jahreskurabgabe auch für ihren Ehemann zu entrichten. Darin allein kann aber noch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG erblickt werden. Denn die Ehe darf zum Anknüpfungspunkt wirtschaftlich nachteiliger Rechtsfolgen genommen werden, wenn sich für eine Differenzierung zu Lasten Verheirateter aus der Natur des geregelten Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe ergeben (vgl. BVerfGE 28, 324 ≪347≫; 78, 128 ≪130≫). Diese können hier darin gesehen werden, daß sich die Ehe nicht nur in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft erschöpft, sondern daß sie darüber hinaus durch innere Bindungen ausgezeichnet ist (vgl. BVerfGE 87, 234 ≪264≫). Diese rechtfertigen die Annahme, daß Eheleute Ferien und Urlaub gemeinsam verleben und daß die Nutzung einer Zweitwohnung auf Sylt nicht nur durch einen der Ehepartner, sondern durch beide gemeinsam erfolgt.
Auch für einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nichts erkennbar geworden. Dieser könnte darin liegen, daß den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft, der, wie die Beschwerdeführerin, Eigentümer einer Zweitwohnung ist, nicht die Pflicht zur Abgabe der Jahreskurabgabe zugleich für den anderen Partner trifft. Ein die unterschiedliche Behandlung rechtfertigender Grund ist indessen darin zu sehen, daß die Gemeinde das Bestehen einer Ehe ohne wesentlichen Verwaltungsaufwand feststellen kann. Gleiches gilt für eine eheähnliche Gemeinschaft nicht. Ob diese über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht, sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen (vgl. BVerfGE 87, a.a.O.), wird sich ohne einen erheblichen Verwaltungsaufwand kaum nachweisen lassen. Angesichts der Geringfügigkeit der Jahreskurabgabe würde das zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Gemeinde führen.
2. Selbst wenn zugunsten der Beschwerdeführerin von einem Verfassungsverstoß auszugehen wäre, ist die Annahme der Verfassungsbeschwerde gleichwohl nicht angezeigt. Denn der Beschwerdeführerin entsteht angesichts der Geringfügigkeit der Abgabenbeträge durch die Versagung der Entscheidung zur Sache kein schwerer und unabwendbarer Nachteil.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
NJW 1995, 1667 |
NVwZ 1995, 370 |