Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbot gewerblicher Durchführung allgemein zugänglicher Aus- und Fortbildungsveranstaltungen durch Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar
Leitsatz (redaktionell)
Das gesetzliche Verbot als Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer neben der eigentlichen freiberuflichen Tätigkeit allgemein zugängliche Aus- und Fortbildungsveranstaltungen als gewerbliche Tätigkeit auszuüben ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1; WiPrO § 43a Abs. 3 Nr. 1, § 43 Abs. 4 Nr. 7
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 28.02.1994; Aktenzeichen 46 - 119/93) |
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die gewerbliche Durchführung von allgemein zugänglichen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen durch Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Dies ist den Berufsangehörigen gesetzlich verboten (vgl. nunmehr § 43 a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 7 der Wirtschaftsprüferordnung i.d.F. vom 15. Juli 1994 ≪BGBl I S. 1569≫).
Das Beschwerdevorbringen läßt nicht erkennen, daß die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 Buchstabe a, b BVerfGG gegeben sind.
Ihr kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne von § 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG nicht zu, weil sich die aufgeworfene Frage, ob das gesetzliche Verbot, neben der Berufstätigkeit als Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer gewerblich allgemein zugängliche Aus- und Fortbildungsveranstaltungen durchzuführen, mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, aufgrund des Beschlusses des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 1992 (BVerfGE 87, 287 ≪316, 330≫) beantworten läßt. Danach kann der Gesetzgeber anordnen, daß eine erwerbswirtschaftliche Betätigung mit der Ausübung des freien Berufs unvereinbar ist, wenn sich bei gleichzeitiger Ausübung beider Berufe die Gefahr einer Interessenkollision und demnach einer Verletzung von Berufspflichten des freien Berufs deutlich absehen läßt und diese Gefahr nicht mit Hilfe von Berufsausübungsregelungen zu bannen ist.
Es ist nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber eine solche Gefahrenlage für den Fall angenommen hat, daß Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer gleichzeitig als Veranstalter von allgemein zugänglichen Aus- und Fortbildungsveranstaltungen auftreten. Die Befürchtung erscheint berechtigt, daß die ihnen obliegende Verpflichtung zur unabhängigen und unparteiischen Wahrnehmung ihrer Prüfungsaufgaben unter einer gewerblichen Veranstaltertätigkeit leidet, die nicht auf die Aus- und Fortbildung für den eigenen Berufsstand beschränkt ist. Denn der Geschäftserfolg in diesem Zweitberuf wird auch davon abhängen, daß in den Aus- und Fortbildungsveranstaltungen sogenanntes Insiderwissen über die Vorgehensweise bei Prüfungen preisgegeben wird. Vor allem werden hiermit Werbeeffekte erzielt werden. Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer dürften sich über die allgemein zugänglichen Veranstaltungen bei Teilnehmern aus der Wirtschaft für Prüfungsaufgaben in deren Unternehmen empfehlen.
Es ist nicht ersichtlich, daß diesen Gefahren durch eine einzelfallbezogene Vereinbarkeitsprüfung auf der Grundlage entsprechender Regeln der Berufsausübung wirksam entgegengetreten werden kann.
Soweit die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 GG rügen, genügen ihre Verfassungsbeschwerden den Begründungsanforderungen gemäß § 23 Abs. 1, §§ 92, 93 Abs. 1 BVerfGG nicht.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen