Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Nachlassverwalter
Leitsatz (redaktionell)
Wird die Gewährung der Prozesskostenhilfe für den Nachlassverwalter nicht nur von Angaben über die Höhe des Nachlasses, sondern auch von Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einzelner bereits bekannter Erben abhängig gemacht, obwohl noch keine Erbenermittlung stattgefunden hat und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass weitere unbekannte Erben vorhanden sind, ist das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
Normenkette
ZPO §§ 114-115, 117 Abs. 2, § 118 Abs. 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4
Verfahrensgang
OLG München (Beschluss vom 30.09.1997; Aktenzeichen 31 U 3464/97) |
OLG München (Beschluss vom 12.08.1997; Aktenzeichen 31 U 3464/97) |
Tenor
Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts München vom 12. August 1997 und vom 30. September 1997 – 31 U 3464/97 – verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, soweit den Beschwerdeführern Prozeßkostenhilfe zur Verteidigung gegen die Berufung ihrer Prozeßgegnerin versagt worden ist. In diesem Umfang werden die Beschlüsse aufgehoben. Die Sache wird insoweit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe für die Rechtsverfolgung durch einen Nachlaßpfleger im Namen unbekannter Erben.
1. Im Jahre 1994 verstarb in München die alleinstehende Frau S. Da keine nächsten Verwandten vorhanden waren, setzte das Nachlaßgericht München zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben einen Nachlaßpfleger ein. Der Nachlaßpfleger prüfte die getätigten Ausgaben und Einnahmen und stellte fest, daß ein Restnachlaß von 88,43 DM verblieb. Er brachte jedoch später in Erfahrung, daß nach dem Tod der Erblasserin von ihren Konten und von ihrem Wertpapier-Depot Vermögenswerte in Höhe von 24.582,93 DM abgezogen worden waren und daß eine Freundin der Verstorbenen eine über den Tod hinausreichende Bankvollmacht besaß. Daher verlangte er von ihr die Erstattung dieses Betrages. Die Freundin verweigerte die Zahlung in erster Linie mit der Begründung, daß die Verstorbene ihr zu Lebzeiten mündlich ihr gesamtes Vermögen geschenkt habe. Hilfsweise rechnete sie unter anderem mit Aufwendungen auf, die ihr durch die Pflege des Hundes der Verstorbenen entstanden waren.
Im erstinstanzlichen Verfahren bewilligte das Landgericht dem Nachlaßpfleger Prozeßkostenhilfe für die namens der unbekannten Erben erhobenen Klage und gab dieser in Höhe von 15.052,23 DM statt. Den vom Nachlaßpfleger vertretenen Erben stehe ein Bereicherungsanspruch zu, da die Beklagte das Geld in voller Höhe erhalten habe und eine wirksame Schenkung nicht nachgewiesen sei. Die Beklagte könne aber mit den Aufwendungen, die sie im Auftrag der Verstorbenen für den Hund getätigt habe, aufrechnen. Gegen diese Entscheidung legten sowohl der Nachlaßpfleger als auch die Beklagte Berufung ein. Gleichzeitig beantragte der Nachlaßpfleger beim Oberlandesgericht Prozeßkostenhilfe für die eigene Berufung und eine Klageerweiterung sowie für die Verteidigung gegen die Berufung der Gegenseite.
2. Das Oberlandesgericht wies den Prozeßkostenhilfeantrag ab, weil der Nachlaßpfleger die Voraussetzungen der §§ 114, 115 ZPO weder dargelegt noch glaubhaft gemacht habe. Er habe die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der vertretenen Erben nicht dargelegt. Die Erben seien nicht unbekannt, da das Nachlaßgericht festgestellt habe, daß eine Tante der Verstorbenen jedenfalls zur Hälfte Erbin geworden und mittlerweile ihrerseits von zwei weiteren Personen beerbt worden sei. Das vom Nachlaßpfleger eingelegte Rechtsmittel sei im übrigen nicht aussichtsreich, weil die Voraussetzungen einer Klageänderung nach § 263 ZPO nicht vorlägen und weil das Landgericht die für die Versorgung des Hundes angefallenen Aufwendungen nach § 287 Abs. 2 ZPO angemessen geschätzt habe.
Der Nachlaßpfleger erhob gegen diesen Beschluß Gegenvorstellung und legte ein Schreiben des Nachlaßgerichts vor, wonach Erben noch nicht festgestellt seien. Das Oberlandesgericht wies die Gegenvorstellung zurück. Für das Prozeßkostenhilfeverfahren könne es nicht auf die Feststellung aller Erben durch das Nachlaßgericht ankommen. Andernfalls könnten vermögende Erben im Wege der Prozeßkostenhilfe klagen und erst danach ihre Erbenstellung feststellen lassen. Es sei nicht ersichtlich, daß sich der Nachlaßpfleger bislang um die Erbenfeststellung bemüht habe, obwohl die Erblasserin bereits 1994 verstorben sei.
Nachdem den Beschwerdeführern die beantragte Prozeßkostenhilfe versagt worden war, hat der Nachlaßpfleger die Berufung der Beschwerdeführer und die Klageerweiterung zurückgenommen. Hinsichtlich der Berufung der Beklagten ist der Rechtsstreit noch anhängig.
3. a) Mit seiner für die unbekannten Erben gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt der Nachlaßpfleger eine Verletzung des aus Art. 3 Abs. 1 GG fließenden Willkürverbots, der in Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen rechtsstaatlichen Grundsätze und des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, daß das Oberlandesgericht in überraschender Weise von einer nachlaßgerichtlichen Feststellung der Erben ausgegangen und ohne vorherigen Hinweis von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, NJW 1964, S. 1418 f.) abgewichen sei, wonach es für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe nur auf den verfügbaren Nachlaß und nicht auf die etwaige Leistungsfähigkeit der unbekannten Erben ankomme, auf die für die Prozeßkosten noch nicht zugegriffen werden könne. Da das Oberlandesgericht sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt habe, müsse sein Vorgehen als willkürlich angesehen werden.
b) Das Bayerische Staatsministerium der Justiz ist der Auffassung, daß das Oberlandesgericht willkürlich von einer Feststellung bekannter Erben ausgegangen sei und dadurch zugleich – indem es auf deren Leistungsfähigkeit abgestellt habe – den noch unbekannten Erben willkürlich die Justizgewährung verweigert habe.
Die Gegnerin des Ausgangsverfahrens hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Der Präsident des zuständigen Amtsgerichts hat in einem vom Bundesverfassungsgericht erbetenen Bericht mitgeteilt, ein Testament der Erblasserin liege beim Nachlaßgericht nicht vor. Als gesetzliche Erben könnten nach Sachlage nur Erben dritter Ordnung (§ 1926 BGB) berufen sein. Als einzige Erbprätendentin habe bisher eine Schwester des (vorverstorbenen) Erblasservaters ermittelt werden können, die inzwischen ebenfalls verstorben sei. Ob es weitere Geschwister des Erblasservaters gebe, stehe noch nicht fest. Ebenso sei noch nicht bekannt, ob es Erben aus der Linie der Erblassermutter gebe. Ein Erbenermittlungsbüro sei vom Nachlaßgericht noch nicht beauftragt worden, weil derzeit nicht feststehe, ob ein zu verteilendes Vermögen effektiv zur Verfügung stehen werde. Ziel des laufenden Rechtsstreits sei es gerade, zum Nachlaß gehörendes Vermögen einzuziehen. Sobald dies hinreichend – zumindest zur Bezahlung der Auslagen – der Fall sei, werde die Erbenermittlung fortgesetzt.
Entscheidungsgründe
II.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde dagegen richtet, daß das Oberlandesgericht den Beschwerdeführern für die Verteidigung gegen die Berufung der Prozeßgegnerin Prozeßkostenhilfe versagt hat, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt (§ 93 c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Im übrigen nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da die Annahmevoraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
1. Für die Verteidigung gegen die Berufung der Beklagten konnte – wovon auch das Oberlandesgericht ausgeht – die Prozeßkostenhilfe nicht mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt werden (§ 119 Satz 2 ZPO). Daher werden die angegriffenen Entscheidungen insoweit nur von den Ausführungen des Oberlandesgerichts zum fehlenden Nachweis der Bedürftigkeit getragen. Diese halten der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.
a) Allerdings liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor, weil das Oberlandesgericht den gerügten Gehörsverstoß jedenfalls im Rahmen seiner Entscheidung über die Gegenvorstellung geheilt hat. Ebensowenig liegt eine willkürliche Entscheidung vor. Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß er auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfGE 87, 273 ≪278 f.≫). Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts, daß es auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Erben ankommt, kann sich darauf stützen, daß der Nachlaßpfleger der gesetzliche Vertreter der Erben ist und daß die §§ 115, 117 Abs. 2 und § 118 Abs. 2 ZPO die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für natürliche Personen grundsätzlich von der Darlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse abhängig machen. Ferner hat das Oberlandesgericht seine Ansicht, daß es im Prozeßkostenhilferecht nicht auf die endgültige nachlaßgerichtliche Erbenfeststellung ankommen könne, in jedenfalls nachvollziehbarer Weise damit begründet, daß bei einer abweichenden Interpretation die Prozeßkostenhilfe zugunsten bereits bekannter, aber noch nicht gerichtlich festgestellter (vermögender) Erben ausgenutzt werden könne. Schließlich spricht für die Vertretbarkeit seiner Auffassung, daß auch andere Gerichte in vergleichbarer Weise einen Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Erben gefordert haben (BVerwG, Buchholz 310, § 166 Nr. 17; OVG Hamburg, FamRZ 1997, S. 180 f.), mag auch die herrschende Auffassung seit langem diesen Standpunkt ablehnen (vgl. RGZ 50, 394 ≪396≫; BGH, NJW 1964, S. 1418 f.; BGHR, ZPO, § 114 Satz 1, Nachlaßpfleger 1; BFHE 104, 279 ≪280≫).
b) Die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts verletzt die Beschwerdeführer jedoch in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verbürgten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz. Die aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rechtsschutzgarantie gewährleistet in zivilrechtlichen Streitigkeiten – ebenso wie Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für den Bereich des öffentlichen Rechts – nicht nur, daß überhaupt ein Rechtsweg zu den Gerichten offensteht. Sie garantiert vielmehr auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BVerfGE 88, 118 ≪123≫). Auch der Richter muß die Tragweite des Grundrechts auf einen wirkungsvollen Rechtsschutz beachten. Soweit Verfahrensvorschriften einen Auslegungsspielraum lassen, darf er sie nicht in einem Sinne auslegen, der dem Gebot effektiven Rechtsschutzes widersprechen würde (BVerfGE 88, 118 ≪125≫); er darf den Beteiligten den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (BVerfGE 77, 275 ≪284≫).
Diese Grundsätze gelten auch bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe (vgl. BVerfGE 63, 380 ≪394 f.≫). Die Gerichte können daher die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht von Angaben abhängig machen, deren Beibringung den Beteiligten unzumutbar oder unmöglich ist. Dabei muß im vorliegenden Fall nicht darüber entschieden werden, ob es dem Nachlaßpfleger stets unzumutbar ist, Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der von ihm vertretenen Erben zu machen. Es kann insbesondere offenbleiben, ob solche Angaben verlangt werden dürfen, wenn alle Erben bekannt sind und die Nachlaßpflegschaft lediglich mangels eines Aufhebungsbeschlusses fortdauert. Denn diese Voraussetzungen liegen jedenfalls dann nicht vor, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Erbenermittlung noch nicht stattgefunden hat und vernünftigerweise nicht ausgeschlossen werden kann, daß weitere unbekannte Erben vorhanden sind. In diesem Fall verletzt es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht nur von Angaben über die Höhe des Nachlasses, sondern auch von Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einzelner bereits bekannter Erben abhängig zu machen. Denn eine solche Aufforderung stellt eine unzumutbare Erschwerung des Rechtswegs für die noch unbekannten Erben dar.
Hinsichtlich der nicht ermittelten Erben ist der Nachlaßpfleger nicht in der Lage, der Aufforderung zur Informationsbeschaffung gerecht zu werden, denn es ist ihm unmöglich, sachdienliche Angaben über Einkommen und Vermögen von Personen zu machen, deren Namen und Aufenthaltsort er nicht kennt. Fehlen im Nachlaß die finanziellen Mittel, Nachforschungen über die Verwandtschaftsverhältnisse anzustellen und die als Erben berufenen Verwandten ausfindig zu machen, kann vom Nachlaßpfleger auch nicht erwartet werden, daß er auf eigenes Risiko und mit eigenen Mitteln Nachforschungen über die Erben anstellt. Außerdem kann er seiner Aufgabe, den Nachlaß gegen den unberechtigten Zugriff Dritter zu sichern, nicht rechtzeitig nachkommen, wenn er sich vorher auf eine möglicherweise zeitraubende Suche nach dem unbekannten Erben einlassen muß.
Solange nicht alle Erben ermittelt sind, kann grundsätzlich auch nicht auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der bereits ermittelten Erben oder Erbprätendenten abgestellt und vom Nachlaßpfleger verlangt werden, daß er hierüber Angaben beibringt. Einerseits kann der Nachlaßpfleger diese möglichen oder tatsächlichen Miterben nicht zur Mitwirkung an einem Nachlaßprozeß oder zur Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse verpflichten. Andererseits ist es gemäß § 1960 BGB seine vordringlichste Pflicht, als Sachverwalter der Interessen der noch nicht bekannten Erben aufzutreten und deren Interessen – selbst gegen den Willen der bekannten Erben – zu wahren. Da jeder Miterbe nach § 2039 Satz 1 BGB berechtigt ist, Nachlaßforderungen gegenüber Dritten ohne Zustimmung der übrigen Erben geltend zu machen, kann auch im Prozeßkostenhilfeverfahren das Klagerecht der nicht ermittelten Erben nicht von der Mitwirkung bereits bekannter Erben oder Erbprätendenten abhängig gemacht werden.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß dadurch möglicherweise vermögende Erben in mißbräuchlicher Weise vom Prozeßkostenhilfeverfahren profitieren würden. Denn die Gefahr mißbräuchlicher Inanspruchnahme besteht erst, wenn alle Erben ermittelt sind und wenn kein Erbe nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der staatlichen Hilfe bei der Prozeßführung bedarf. Im übrigen ist es eine allgemeine Folge der in § 2039 Satz 1 BGB vorgesehenen Klagebefugnis jedes einzelnen Erben, daß bemittelte Erben von der auf Prozeßkostenhilfebasis geführten Klage eines unbemittelten Erben profitieren können. Da in einer vergleichbaren Zahl von Fällen auch der unbemittelte oder unbekannte Erbe von der Klage eines bemittelten Erben profitiert, kann von einer das staatliche Interesse unangemessen benachteiligenden Regelung kaum gesprochen werden.
Schließlich kann die Prozeßkostenhilfe auch nicht mit dem Argument verweigert werden, daß möglicherweise alle unbekannten Erben Vermögen hätten und daß die Unterstützung vermögender Erben nicht vom Zweck der Prozeßkostenhilfe gedeckt sei. Eine solche Vermutung ausreichenden Vermögens müßte sich zwangsläufig zum Nachteil unbekannter unbemittelter Erben auswirken und wäre schon deswegen mit dem aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Gebot der Rechtsschutzgleichheit unvereinbar (BVerfGE 81, 347 ≪356 f.≫). Sie würde aber auch dem Schutzbedürfnis des unbekannten bemittelten Erben nicht gerecht. Denn der unbekannte bemittelte Erbe ist mangels Kenntnis der Vorgänge nicht in der Lage, sein Einkommen und Vermögen in dem Zeitpunkt für die Verteidigung seiner Rechte einzusetzen, in dem dies notwendig ist. Wird er nach § 1961 BGB verklagt oder klagt der Nachlaßpfleger nach § 1960 BGB in seinem Namen zur Sicherung des Nachlasses, dann kann der zu diesem Zeitpunkt unbekannte Erbe den Prozeß auch dann nicht finanzieren, wenn er an sich leistungsfähig wäre. Er befindet sich zum entscheidenden Zeitpunkt in derselben Lage wie der vermögenslose unbekannte Erbe und hat daher ebenfalls Anspruch auf staatliche Hilfe.
Es widerspräche im übrigen dem mit der Institution der Nachlaßpflegschaft bezweckten Schutz der unbekannten Erben, wenn man ihnen allein wegen der Ungeklärtheit ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Prozeßkostenhilfe versagen würde. Denn dann wären den Nachlaßpflegern gerade in Fällen die Hände gebunden, in denen auf den gesamten Nachlaß von Dritten widerrechtlich Zugriff genommen wurde. Daher hat bereits der Bundesgerichtshof zutreffend darauf hingewiesen, daß die gegenteilige Auffassung im Ergebnis auf eine Rechtsverweigerung hinauslaufen würde (BGH, NJW 1964, S. 1418 f.).
2. Soweit den Beschwerdeführern für ihre eigene Berufung und Klageerweiterung Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, liegen die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde nicht vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich insoweit Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde dadurch ergeben haben, daß die Beschwerdeführer ihre Klageerweiterung und ihre eigene Berufung nachträglich zurückgenommen haben. Denn das Oberlandesgericht hat die Versagung der Prozeßkostenhilfe hinsichtlich dieser Rechtsverfolgung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auf die mangelnde Erfolgsaussicht dieses Begehrens gestützt. Diese selbständig tragende Begründung haben die Beschwerdeführer nicht substantiiert angegriffen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Oberlandesgericht bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels seinen fachgerichtlichen Beurteilungsspielraum überschritten hätte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 34 a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Angesichts der Gesamtumstände und der Dürftigkeit des Nachlasses entspricht es billigem Ermessen, den Beschwerdeführern vollen Ersatz ihrer Auslagen zu gewähren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Seidl, Grimm, Hömig
Fundstellen
HFR 1998, 682 |
NJW-RR 1998, 1081 |
JurBüro 1999, 250 |
ZAP 1998, 1134 |
Rpfleger 1998, 525 |