Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Kreditgewinnabgabe. Rückwirkung. Vertrauensschutz
Leitsatz (redaktionell)
Die Kreditgewinnabgabe verstößt nicht wegen unzulässiger Rückwirkung gegen das Rechtsstaatsprinzip, den Gleichheitssatz und die Eigentumsgarantie.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20; LAG § 161
Verfahrensgang
Gründe
I.
1. Der Beschwerdeführer betreibt eine Mehlgroßhandlung. Im Jahre 1945 überwies sein Bruder einen Betrag von 250000 RM auf das Bankkonto des Betriebs. Hinsichtlich der am Währungsstichtag noch vorhandenen Rückzahlungsverbindlichkeit in Höhe von ca. 100 000 RM wurde der Beschwerdeführer auf Grund der §§ 161 ff. LAG im Jahre 1956 zur Kreditgewinnabgabe herangezogen. Mit Einspruch, Berufung und Rechtsbeschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, daß es sich bei der fraglichen Verbindlichkeit nicht um eine Betriebsschuld, sondern um eine private Schuld gehandelt habe. Die Rechtsmittel blieben ohne Erfolg.
2. Mit der form- und fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG. Er ist der Meinung, die einschlägigen Bestimmungen des LAG seien wegen verbotener Rückwirkung verfassungswidrig; ihre Anwendung verletze daher Art. 2 Abs. 1 GG. Die Vorschriften über die Kreditgewinnabgabe, insbesondere die unterschiedliche Behandlung von privaten und betrieblichen Schulden, seien am Währungsstichtag nicht vorhersehbar gewesen. Anderenfalls hätte der Beschwerdeführer der Kreditgewinnabgabe dadurch „ausweichen” können, daß er das Darlehen seines Bruders in der Reichsmark-Schlußbilanz durch eine Eigenkapitalzuführung ausgetauscht hätte. Es verstoße auch gegen den Gleichheitssatz, daß der Beschwerdeführer mit einer Abgabepflicht im Gegensatz zu demjenigen belastet werde, der in der Reichsmark-Schlußbilanz eine fremde Schuld gegen eine Eigenkapitalzuführung ausgetauscht habe. Schließlich stelle die auf Grund verfassungswidriger Bestimmungen erhobene Kreditgewinnabgabe auch eine entschädigungslose Enteignung dar.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet. Sie widerspricht in wesentlichen Punkten der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, so daß von ihrer Entscheidung eine Klärung verfassungsrechtlicher Fragen nicht zu erwarten ist.
a) Die Bestimmungen des LAG über die Kreditgewinnabgabe sind nicht wegen verbotener Rückwirkung verfassungswidrig. Seit den Währungsgesetzen und dem Gesetz zur Sicherung von Forderungen für den Lastenausgleich vom 2. September 1948 mußte der Staatsbürger damit rechnen, daß Schuldnergewinne, die durch die Währungsreform entstanden sind, durch aufzuerlegende öffentliche Abgaben erfaßt werden können. Die Lastenausgleichsgesetzgebung steht daher dem Schutz des Vertrauens auf bestehendes Recht nicht entgegen (vgl. BVerfGE 1, 264 [280]; 2, 237 [246, 259f.]; 8, 274 [304]; 13, 261 ff.).
b) Das LAG mußte notwendigerweise – und zwar zum gemeinen Wohl – ein Stichtagsgesetz sein, das ein steuerliches „Ausweichen” unmöglich macht.
c) Der Bundesgesetzgeber hat als Ausgleichslasten die Kreditgewinnabgabe, die Hypothekengewinnabgabe und die Vermögensabgabe gewählt. Die Ausgestaltung dieser Ausgleichslasten läßt Willkür nicht erkennen. Der behauptete Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist daher nicht gegeben.
d) Da die Vorschriften über die Kreditgewinnabgabe nicht verfassungswidrig sind, kann die Auferlegung dieser Abgabe auch nicht gegen Art. 14 GG verstoßen.
Fundstellen