Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Aufsichtsbefugnisse der OFD über Lohnsteuerhilfevereine
Leitsatz (redaktionell)
1. Gegen die in den Vorschriften der §§ 27 bis 29 StBerG normierten Aufsichtsbefugnisse der Oberfinanzdirektionen gegenüber Lohnsteuerhilfevereinen bestehen keine grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
2. Die unterschiedliche Behandlung der Lohnsteuerhilfevereine gegenüber den Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften ist durch besondere Sachgründe gerechtfertigt.
Normenkette
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; StBerG §§ 27-29
Verfahrensgang
Gründe
1. Gegen die in den Vorschriften der §§ 27 bis 29 StBerG normierten Aufsichtsbefugnisse der Oberfinanzdirektionen bestehen keine grundlegenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Als Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind sie mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, da sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Zweck der Regelung ist erkennbar, den Schutz der Arbeitnehmer vor unseriösen Lohnsteuerhilfevereinen zu verbessern (vgl. dazu im einzelnen BTDrucks. 7/2852, S. 29 f.; BTDrucks. 7/3526, S. 3). Dieses gesetzgeberische Ziel ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist auch nicht erkennbar, daß die gesetzliche Regelung zur Erreichung dieser Zielsetzung ungeeignet, nicht erforderlich oder bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe unzumutbar wäre. Bei den Lohnsteuerhilfevereinen handelt es sich nicht um freie Berufe, die in Berufskammern organisiert sind und deren Überwachung unterliegen. Sie müssen sich auch nicht vor Berufsgerichten verantworten. Wenn der Gesetzgeber angesichts dessen die Oberfinanzdirektionen mit der Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen betraut hat, dient dies erkennbar der gesetzgeberischen Zielsetzung, Mißständen im Tätigkeitsbereich der Lohnsteuerhilfevereine entgegenzutreten und die Einhaltung gesetzlicher Schutzvorschriften sicherzustellen. Aus Art. 12 Abs. 1 GG ergibt sich nicht, daß der Gesetzgeber andere Behörden mit dieser Aufgabe hätte betrauen müssen, zumal die Oberfinanzdirektionen und die ihnen unterstellten Behörden über einschlägige besondere Fachkunde zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufsichtsbefugnisse verfügen. Auch die in § 28 StBerG vorgesehenen Einzelbefugnisse der Aufsichtsbehörden genügen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In den angegriffenen Entscheidungen des Finanzgerichts und des Bundesfinanzhofs wird dies im einzelnen näher dargelegt und klargestellt, daß sich die Kontrolle im Ausgangsfall nicht auf das Beratungsverhältnis zu den steuerpflichtigen Vereinsmitgliedern erstrecken sollte.
b) Die Regelungen verstoßen auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung der Lohnsteuerhilfevereine gegenüber den Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten und Steuerberatungsgesellschaften ist durch besondere Sachgründe gerechtfertigt. Sowohl die persönlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit als auch die Betätigungsfelder unterscheiden sich beträchtlich.
c) Es ist auch nicht erkennbar, daß durch die Regelungen der §§ 27 bis 29 StBerG die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) verletzt würde. Ebenso ist ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG nicht ersichtlich.
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die angegriffenen Entscheidungen richtet, hat sie ebenfalls keinen Erfolg. Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts sind grundsätzlich Sache der Fachgerichte und der verfassungsgerichtlichen Überprüfung entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; st. Rspr.). Ein verfassungsgerichtliches Eingreifen kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts Bedeutung und Tragweite von Grundrechten verkannt haben. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen