Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweitwohnungsteuer trotz Gewerbesteuererhebung bei vermieteter und eigengenutzter Wohnung
Leitsatz (amtlich)
Wird für die Vermietung einer Wohnung Gewerbesteuer erhoben, schließt dies die Veranlagung des Wohnungsinhabers zur Zweitwohnungssteuer nicht aus, wenn er die Wohnung jedenfalls zeitweise auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung nutzt.
Normenkette
GG Art. 105 Abs. 2a; GewStG § 2 Abs. 1; EStG § 15
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 20.04.2005; Aktenzeichen 2 LB 61/04) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 24.06.2004; Aktenzeichen 6 A 103/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. April 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 502,30 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, ob für das Innehaben eines Ferienhauses Zweitwohnungssteuer erhoben werden kann, obwohl in dem maßgeblichen Veranlagungszeitraum für die Vermietung des Hauses zugleich Gewerbesteuer zu zahlen war.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, zu deren Klärung es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte, zeigt die Beschwerde damit nicht auf. Denn die Frage lässt sich ohne weiteres auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bejahen.
Im Hinblick auf die Erhebung von Gewerbesteuer für die Vermietung einer Zweitwohnung gilt insoweit im Grundsatz nichts anderes, als es der Senat in seinem Urteil vom 27. Oktober 2004 (BVerwG 10 C 2.04 – KStZ 2005, 50 = ZKF 2005, 91) für das Nebeneinander von Einkommensteuer und Zweitwohnungssteuer bei gemischt genutzten Zweitwohnungen entschieden hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist danach geklärt, dass die eine Zweitwohnungssteuer erhebende Gemeinde von Verfassungs wegen gehalten ist, solche Wohnungen von dieser örtlichen Aufwandsteuer auszunehmen, die ausschließlich der Erzielung von Einkünften durch Vermietung und Verpachtung dienen und damit als “reine Geld- oder Vermögensanlage” gehalten werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 1979 – BVerwG 7 C 53.77 – BVerwGE 58, 230 ≪235≫; Urteil vom 10. Oktober 1995 – BVerwG 8 C 40.93 – BVerwGE 99, 303 ≪307≫; Urteil vom 26. September 2001 – BVerwG 9 C 1.01 – BVerwGE 115, 165 ≪169≫). Ist indes geklärt, dass die Zweitwohnung jedenfalls auch zu Zwecken der eigenen Lebensführung genutzt wird, steht die Zweitwohnungssteuerpflicht im Grundsatz fest (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004 – BVerwG 10 C 2.04 – a.a.O.). Sie wird in einem solchen Fall auch nicht dadurch infrage gestellt, dass sich für die Zweitwohnungssteuer relevante Leerstandszeiten mit jenen überschneiden, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 6. November 2001 – IX R 97/00 – BFHE 197, 151) bei der Bestimmung der Einkommenserzielung einkommensmindernd berücksichtigt werden. Denn im Rahmen der Zweitwohnungssteuererhebung ist bei gemischt genutzten Zweitwohnungen grundsätzlich jede Leerstandszeit, für die der Wohnungsinhaber die eigene Nutzungsmöglichkeit rechtlich nicht ausgeschlossen hat, Ausdruck der Einkommensverwendung zur persönlichen Lebenshaltung; der Wohnungsinhaber kann ungeachtet seiner Vermietungsabsicht auf die Wohnung zugreifen und sie selbst nutzen. Das hat zur Folge, dass solche Leerstandstage einen Bezug zu beiden Steuertatbeständen aufweisen. Sie sind einerseits Ausdruck des mit dem Innehaben der Zweitwohnung betriebenen besonderen Aufwands für die private Lebensführung und können andererseits nach der für das Einkommensteuerrecht maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gemäß der hierfür vorgesehenen pauschalierenden Zuordnung als durch die Vermietungsbemühungen veranlasst anzusehen seien (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2004, a.a.O.).
Entsprechendes gilt für das Verhältnis zwischen Gewerbesteuer und Zweitwohnungssteuer. Wenn – wie hier nach den mit Revisionsgründen insoweit nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts – eine jedenfalls zeitweise Nutzung der Zweitwohnung zu Zwecken der eigenen Lebensführung feststeht, rechtfertigt dies im Grundsatz die Zweitwohnungssteuerpflicht des Wohnungsinhabers, ohne dass dem die Belastung der Wohnungsvermietung mit der Gewerbesteuer entgegenstünde. Denn Gewerbesteuer und Zweitwohnungssteuer beruhen auf verschiedenen Steuergründen und erfassen je unterschiedliche Steuergegenstände (im Ergebnis ebenso OVG Münster, Urteil vom 23. April 1993 – 22 A 3850/92 – NVwZ-RR 1994, 43 und FG Bremen, Urteil vom 1. Februar 2000 – 299283 K 2 – NVwZ-RR 2001, 56 zur fehlenden Gleichartigkeit von Zweitwohnungs- und Gewerbesteuer). Während die Zweitwohnungssteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Wohnungsinhabers ist, die in der Verwendung seines Vermögens oder Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf sichtbar wird (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 ≪346 f.≫), ist die Gewerbesteuer jedenfalls in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt eine Objektsteuer (BFH, Urteil vom 24. August 2000 – IV R 51/98 – BFHE 192, 534; Urteil vom 18. September 2003 – X R 2/00 – BFHE 203, 263), die den Gewerbebetrieb zum Gegenstand hat und dessen Ertrag besteuert. Dabei ist es, worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, in diesem Zusammenhang ohne Belange, ob die Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung im Falle des Klägers zu Recht als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 EStG (vgl. dazu Güroff, in: Glanegger/Güroff, GewStG, 5. Aufl. 2002, § 2 Rn. 56) angesehen werden. Wegen des je unterschiedlichen Steuergegenstandes und Steuergrundes schließt die Belastung der Erträge aus der Vermietung einer Zweitwohnung mit der Gewerbesteuer die Besteuerung wegen zeitweiser Eigennutzung derselben Wohnung mit der Zweitwohnungssteuer jedenfalls ebenso wenig aus, wie die Erhebung von Einkommensteuer für Vermietung und Verpachtung einer Zweitwohnung die Heranziehung des Inhabers dieser Wohnung zur Zweitwohnungssteuer bei Mischnutzung der Wohnung hindert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Hien, Vallendar, Prof. Dr. Eichberger
Fundstellen
BFH/NV Beilage 2006, 100 |
ZAP 2006, 740 |
ZKF 2006, 18 |
DÖV 2005, 961 |
BayVBl. 2005, 729 |
DVBl. 2005, 1597 |
GK/BW 2006, 241 |
BFH/NV-Beilage 2006, 100 |
FuBW 2006, 136 |
FuNds 2006, 422 |
GK/Bay 2006, 268 |
GK 2006, 108 |