Entscheidungsstichwort (Thema)
Sprungrevision. Zustimmung. Zustimmungserklärung. Telefax. Grundsteuererlass. öffentliches Erhaltungsinteresse. Unrentabilität. Ertragsminderung. Ertragslosigkeit. Denkmalschutz. Kultureigenschaft. Kausalität. Kausalzusammenhang. Gleichheitssatz. Gleichheitsverstoß. Verhältnismäßigkeit. Einheitswert. Neufestsetzung. Einheitswertfeststellung des Grundvermögens
Leitsatz (amtlich)
Erklärt eine Partei, für den Fall, dass der Gegner ein Revisionsverfahren betreiben will, auf die Einlegung eines Rechtsmittels zu verzichten, kann die Erklärung nach §§ 133, 157 BGB analog als Zustimmung zur Sprungrevision ausgelegt werden.
Für einen Grundsteuererlass nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG muss die Ertragslosigkeit des Grundstückes gerade darauf beruhen, dass zwischen dem öffentlichen Erhaltungsinteresse und der Unrentabilität ein Kausalzusammenhang besteht (Bestätigung von BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133). Darin liegt weder ein Verstoß gegen die steuerliche Belastungsgleichheit noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Leitsatz (redaktionell)
Ein Grundsteuererlass wegen der Denkmalschutzeigenschaft des Grundstücks scheidet aus, wenn ein von vornherein ertragsloses Grundstück erworben wurde. Der Denkmaleigenschaft und der fehlenden Nutzungsmöglichkeit kann durch eine – vom Berechtigten zu beantragende – Neufestsetzung des Einheitswertes Rechnung getragen werden, die sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirkt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; BGB §§ 133, 157 analog; GrStG § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; VwGO § 134 Abs. 1 Sätze 1, 3
Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 03.12.2013; Aktenzeichen 11 K 2609/09) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Rz. 1
Die Klägerin begehrt den Erlass von Grundsteuern für die Kalenderjahre ab 2008 aus denkmalschutzrechtlichen Gründen.
Rz. 2
Sie ist seit 2008 Eigentümerin eines 756 m² großen Grundstücks in der Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, das mit einem im Jahre 1893 errichteten viereckigen Wasserturm bebaut ist. Der Wasserturm ist Teil der Kasernenanlage …, die 1995 einschließlich des Wasserturms in das Verzeichnis der Denkmale des Landkreises … gemäß § 2 des Denkmalschutzgesetzes des Landes Brandenburg eingetragen wurde.
Rz. 3
Mit Bescheiden vom 28. März 2008 setzte das zuständige Finanzamt, jeweils im Rahmen einer Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 2008, den Einheitswert – wie bisher – auf 13 958 EUR und den Grundsteuermessbetrag – wie bisher – auf 139,58 EUR fest. Eine Berücksichtigung des Denkmalschutzes erfolgte dabei im Rahmen der Bewertung nicht. Auf dieser Grundlage zog die Beklagte die Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 zur Zahlung von Grundsteuer in Höhe von jeweils 488,53 EUR und für die Jahre 2012 und 2013 in Höhe von jeweils 529,01 EUR heran. Die beiden Bescheide des Finanzamtes wurden bestandskräftig. Über die Widersprüche gegen die Grundsteuerbescheide der Beklagten wurde bislang nicht entschieden.
Rz. 4
Unter dem 23. Januar 2009 beantragte die Klägerin den Erlass der Grundsteuer wegen der Denkmaleigenschaft des Wasserturms. Sie erziele keinerlei Einnahmen oder Erträge. Das Gebäude sei nicht nutzbar, weil es komplett entkernt sei. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 8. Juni 2009 ab. Eine Vermietbarkeit sei in jedem Fall gegeben, wenn das Grundstück modernisiert würde. Außerdem bestehe die Möglichkeit einer Einheitswertüberprüfung beim Finanzamt. Der Widerspruch vom 23. Juni 2009 wurde mit Bescheid vom 28. September 2009 mit im Wesentlichen den Gründen des Ausgangsbescheids zurückgewiesen.
Rz. 5
Am 30. Oktober 2009 hat die Klägerin bei dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage erhoben, mit der sie den Erlass der Grundsteuer weiter verfolgt. Eine Wohnnutzung könne im Wasserturm nicht erfolgen, weil die nach der Bauordnung erforderliche Belichtung wegen der geringen Fensterfläche nicht gewährleistet werden könne. Veränderungen an der äußeren Fassade seien aufgrund des Denkmalschutzes aber kaum genehmigungsfähig. Im Übrigen sei auch bei einer Sanierung keine rentable Mieteinnahme zu erzielen. Die Sanierungskosten, die aufgrund des Aufwandes durch die Denkmalschutzbestimmungen erhöht seien, seien vorsichtig geschätzt mit 1 350 EUR pro Quadratmeter Wohnfläche anzusetzen bei einer Gesamtfläche von 210 m² und einer ortsüblichen Miete von netto 3,90 EUR bis maximal 4,50 EUR. Damit ließen sich die Kosten für eine Kreditsumme in Höhe von etwa 300 000 EUR inklusive des erhöhten Sanierungsaufwands und einer Tilgung von 2 % sowie einem Zinssatz von 4 % über die gesamte Laufzeit von ca. 27 Jahren, die monatlich mit ca. 1 500 EUR anzusetzen seien, bei einer Miete von 1 125 EUR nicht abdecken. Dabei seien die Kosten für Reparaturen nicht mit eingerechnet; unberücksichtigt bleibe bei dieser Berechnung auch die eingeschränkte Nutzung.
Rz. 6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar liege die Erhaltung des klägerischen Grundbesitzes im öffentlichen Interesse, nachdem der Wasserturm förmlich in die Denkmalliste des Landkreises … aufgenommen worden sei. Der klägerische Grundbesitz sei auch in der Regel unrentabel im Sinne des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG. Ein Grundsteuererlass scheitere jedoch deshalb, weil die notwendige Kausalität zwischen der Kultureigenschaft des Grundbesitzes und der Unrentabilität nicht gegeben sei.
Rz. 7
Die Klägerin hat gegen das am 23. Dezember 2013 zugestellte Urteil mit Telefax am 23. Januar 2014 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision eingelegt, der sie eine Erklärung der Beklagten vom 17. Dezember 2013 mit folgendem Wortlaut beigefügt hat: „In dem von Ihnen geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahren … hatten Sie erklärt, dass Sie möglicherweise das Revisionsverfahren gegen das Urteil anstreben. Für diesen Fall erkläre ich für die Stadt … vorsorglich, dass die Stadt als Beklagte in diesem Verfahren auf die Einlegung eines Rechtsmittels gegen das oben bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam verzichtet.”
Rz. 8
Zur Revisionsbegründung führt die Klägerin an, das Verwaltungsgericht verneine zu Unrecht die notwendige Kausalität zwischen der Kultureigenschaft des Grundbesitzes und der Unrentabilität. Die Modernisierungsmaßnahmen für eine kommerzielle Nutzung würden gerade durch den Denkmalschutz verhindert. Ihr als Architektin komme es aber in erster Linie gerade nicht auf eine kommerzielle Nutzung des Wasserturms an, sondern vielmehr darauf, diesen als so genanntes „Entrée” zu dem dahinterliegenden Bereich mit denkmalgeschützten Kasernengebäuden zu erhalten.
Rz. 9
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 3. Dezember 2013 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 zu verpflichten, ihr ab dem Jahr 2008 Grundsteuererlass gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG für das Grundstück Gemarkung …, Flur …, Flurstück …, zu gewähren.
Rz. 10
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Rz. 11
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
II
Rz. 12
Die Revision hat keinen Erfolg.
Rz. 13
1. Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig. Gemäß § 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO ist die Zustimmung des Rechtsmittelgegners zur Einlegung der Sprungrevision, die im Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen wurde, der Revisionsschrift beizufügen.
Rz. 14
a) Die Klägerin hat die Sprungrevision eingelegt und die schriftliche Zustimmungserklärung der Beklagten zur Einlegung der Sprungrevision frist- und formgerecht vorgelegt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Urteil vom 19. Februar 2015 – 9 C 10.14 – hat der Senat die Übermittlung der Zustimmungserklärung an das Gericht per Telefax genügen lassen unabhängig davon, ob der Revisionskläger die Zustimmungserklärung seinerseits per Telefax oder auf andere Weise empfangen hat und dazu weiter ausgeführt (juris Rn. 11):
„…Denn es besteht kein Grund, diesen Übermittlungsweg nicht für die Zustimmungserklärung des Gegners und deren Weiterleitung zuzulassen, nachdem auch die Einlegung der Revision selbst per Telefax zulässig ist (stRspr, zu § 161 Abs. 1 SGG, vgl. BSG, Urteile vom 19. März 1997 – 6 RKa 36/95 – NZS 1998, 152, vom 22. April 1998 – B 9 SB 7/97 R – juris Rn. 17 f., vom 13. März 2001 – B 3 KR 12/00 R – BSGE 88, 1 ≪2 f.≫, vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 153/10 R – BSGE 108, 289 Rn. 13 und vom 12. Juli 2012 – B 3 KR 18/11 R – BSGE 111, 200 Rn. 8). Soweit der 2. und der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hierzu eine gegenteilige Auffassung vertreten hatten (vgl. Beschlüsse vom 25. August 2005 – 6 C 20.04 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 52 Rn. 14 ff., vom 18. Januar 2006 – 6 C 21.05 – Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 53 Rn. 5 ff und vom 18. September 2008 – 2 C 125.07 – juris Rn. 1, 9), haben sie auf Anfrage des erkennenden Senats mitgeteilt, dass sie daran nicht festhalten.”
Rz. 15
Diese Rechtsauffassung wird auch für den vorliegenden Fall aufrechterhalten.
Rz. 16
b) Das von der Klägerin vorgelegte Schreiben, nach dem die Beklagte bereit ist, für den Fall, dass die Klägerin ein Revisionsverfahren betreiben will, auf die Einlegung eines Rechtsmittels zu verzichten, enthält zwar keine wörtliche Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision. Das Schreiben kann aber im Sinne der Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision ausgelegt werden (§§ 133,157 BGB analog), weil darin ein Rechtsmittelverzicht erklärt wird, der sich auch auf den Verzicht auf die Berufung bezieht. Dieser wiederum ist nach § 134 Abs. 5 VwGO die Folge der Zustimmung zur Sprungrevision. Dem Schutz der Beklagten, sie vor entsprechender Unkenntnis zu bewahren, ist damit genüge getan (zur Auslegung von prozessualen Willenserklärungen vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 – 8 C 70.88 – Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 5 m.w.N.).
Rz. 17
2. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG. Danach ist die Grundsteuer zu erlassen für Grundbesitz oder Teile von Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt, wenn die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile (Rohertrag) in der Regel unter den jährlichen Kosten liegen.
Rz. 18
a) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Erhaltung des im Eigentum der Klägerin stehenden Wasserturms wegen dessen Bedeutung für Kunst und Geschichte im öffentlichen Interesse liegt und die erzielten Einnahmen und die sonstigen Vorteile auch in der Regel die jährlichen Kosten unterschreiten, so dass das Grundstück unrentabel ist. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner Erörterung.
Rz. 19
b) Das Verwaltungsgericht ist weiter – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – (BVerwGE 107, 133) davon ausgegangen, dass zwischen dem öffentlichen Erhaltungsinteresse und der Unrentabilität ein Kausalzusammenhang bestehen müsse. Das ist nicht zu beanstanden. Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung fest, die auch inzwischen allgemein in Rechtsprechung und Literatur anerkannt worden ist (vgl. etwa BFH, Beschluss vom 8. September 2005 – II B 129/04 – juris Rn. 16; VGH Kassel, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 5 A 705/12.Z – juris Rn. 6; VGH München, Beschluss vom 7. Juli 2014 – 4 ZB 13.1567 – juris Rn. 14; schon früher für den Kausalzusammenhang Nenstiel, KStZ 1993, 41 ≪44≫). Die Ertragslosigkeit des Grundstückes muss gerade darauf beruhen, dass dem Grundstückseigentümer im öffentlichen Interesse, hier nach den denkmalschutzrechtlichen Vorschriften, Belastungen auferlegt werden, die ihn in seiner Verfügungsbefugnis über das Grundstück so beschränken, dass es unrentierlich ist (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133 ≪140≫, vgl. auch Nenstiel, KStZ 1993, 41 ≪45≫). Das ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des Gesetzes. Mit der wörtlichen Verknüpfung der beiden Erlassvoraussetzungen durch die Konjunktion „wenn” ergibt sich die Notwendigkeit eines Ursachenzusammenhangs als Tatbestandsmerkmal (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133 ≪139≫). Zum anderen entspricht diese Auslegung dem Grundsteuererlass bei Nutzung von Gebäuden im öffentlichen Interesse nach § 32 Abs. 2 GrStG. Dort ist der Ursachenzusammenhang eindeutig benannt: „Ist der Rohertrag… durch die Benutzung… gemindert…”. Es wäre kaum nachvollziehbar, dass der vollständige Grundsteuererlass nach § 32 Abs. 1 GrStG unabhängig von jedem Kausalzusammenhang gewährt werden sollte, während der Teilerlass nach § 32 Abs. 2 GrStG ihn eindeutig fordert (so schon Nenstiel, KStZ 1993, 41 ≪43 f.≫).
Rz. 20
Zudem ergibt sich das Kausalitätserfordernis aus dem Sinn und Zweck der Erlassregelung im Gesamtgefüge des Gesetzes. Die Grundsteuerpflicht hängt, weil die Grundsteuer als eine ertragsunabhängige Objektsteuer konzipiert ist, grundsätzlich nicht von der Ertragskraft des Grundbesitzes ab, weshalb der Erlass der Grundsteuer bei einem ertraglosen Grundstück besonderer Gründe bedarf. Diese besonderen Gründe liegen in der Beschränkung auf Ertragsminderungen oder -schwächen, die gerade auf die Kultureigenschaft und die durch sie bedingten Einschränkungen zurückzuführen sind (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133 ≪140≫).
Rz. 21
Hiervon ausgehend genügt es nicht, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend abstellt (UA S. 11), dass der Denkmalschutz – wie im vorliegenden Fall des Erwerbs eines von vornherein unrentablen Denkmalobjekts aus „Liebhaberei” – die vorhandene Unrentabilität nur verschärft. Im Gegenteil liegt dann der Mangel des erforderlichen Ursachenzusammenhangs auf der Hand (so bereits BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133 ≪142≫). Es verstößt nicht gegen das Gebot der Besteuerungsgleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG, dass die Grundsteuer zwar dann erlassen wird, wenn ein Objekt aufgrund des Denkmalschutzes unrentabel wird, nicht aber dann, wenn ein Denkmal, wie etwa der hier in Rede stehende Wasserturm, von vornherein unrentabel ist. Denn es handelt sich insoweit um unterschiedliche Sachverhalte, für deren Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund besteht. Die Privilegierung des § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG soll denjenigen Grundstückseigentümer, der ohne denkmalschutzrechtliche Beschränkungen mit seinem Grundstück einen Ertrag erwirtschaften könnte, für die Lasten entschädigen, die er dadurch zu tragen hat. Derjenige, der von vornherein ein ertragsloses Grundstück erwirbt und nicht beabsichtigt, daraus Erträge zu ziehen, trägt auch keine zusätzliche Last. Dessen Heranziehung zur Grundsteuer trotz Wahrnehmung auch im öffentlichen Interesse liegender Aufgaben des Denkmalschutzes entspricht auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Denn der Denkmaleigenschaft und der fehlenden Nutzungsmöglichkeit kann durch eine – vom Berechtigten zu beantragende – Neufestsetzung des Einheitswertes Rechnung getragen werden, die sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirkt (vgl. hier § 129 BewG i.V.m. § 52 f. Bewertungsgesetz der Deutschen Demokratischen Republik i.d.F. vom 18. September 1970 [Sonderdruck Nr. 674 des Gesetzblattes] i.V.m. §§ 41, 45 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz vom 2. Februar 1935 [RGBl. I S. 81, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 8. Dezember 1944, RGBl I S. 338], vgl. hierzu etwa BFH, Urteile vom 2. April 2008 – II R 59/06 – BFHE 225, 482 zum Einheitswert für ein denkmalgeschütztes Wasserschloss im Beitrittsgebiet und vom 14. Mai 2003 – II R 14/01 – BFHE 202, 371 zur Abgrenzung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken).
Rz. 22
c) Dies zugrundegelegt, hat das Verwaltungsgericht die erforderliche Kausalität hier zu Recht verneint. Diese ist nur dann gegeben, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Nutzungsentscheidung des Eigentümers, eine wirtschaftliche Nutzung als realistische Möglichkeit in Betracht gekommen wäre, die aber durch die Denkmaleigenschaft verhindert wird (BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – BVerwGE 107, 133 ≪141≫). Dies im Einzelnen vorzutragen, ist Sache des Eigentümers. Das Tatsachengericht ist nicht verpflichtet, die denkmalschutzrechtlichen Bindungen bzw. die baulichen Möglichkeiten ohne derartige Bindungen von sich aus aufzuklären (§ 86 Abs. 1 VwGO; vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juli 1998 – 8 C 23.97 – Buchholz 401.4 § 32 GrStG Nr. 4 S. 9, insoweit in BVerwGE 107, 133 nicht abgedruckt). An entsprechenden substantiierten Darlegungen der Klägerin fehlt es hier; diese hat vielmehr noch in der Revisionsbegründung ausdrücklich bekräftigt, dass es ihr um eine kommerzielle Nutzung des Wasserturms nicht gehe.
Rz. 23
3. Die Streitsache ist unbeschadet der durchgreifenden Zweifel, die der Bundesfinanzhof ab einem bestimmten Stichtag an der Verfassungsmäßigkeit der derzeitigen Einheitsbewertung hegt (s. Vorlagebeschluss vom 22. Oktober 2014 – II R 16/13 – BFHE 247, 150), entscheidungsreif. Die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung hätte keinen Einfluss auf das hier in Streit stehende Verfahren. Denn Streitgegenstand sind hier nicht die Grundsteuerbescheide, die auf den bestandskräftigen Grundlagenbescheiden Einheitswertfestsetzung und Steuermessbetragsfestsetzung beruhen. Streitgegenstand ist hier vielmehr allein der geltend gemachte Anspruch auf Erlass der Grundsteuer. Die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Grundsteuererlass gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG besteht, gelten unbeschadet der verfassungsrechtlichen Beurteilung des derzeitigen Systems der Einheitsbewertung.
Rz. 24
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Bier, Buchberger, Prof Dr. Korbmacher, Dr. Bick, Steinkühler
Fundstellen
Haufe-Index 8131139 |
BFH/NV 2015, 1327 |
JZ 2015, 490 |
LKV 2015, 515 |
GV/RP 2016, 454 |
GV/RP 2016, 474 |
FuNds 2016, 398 |
FuNds 2016, 449 |
GK/Bay 2016, 227 |