Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwandsteuer. Aufwand. Zweitwohnungssteuer. Hauptwohnung. Nebenwohnung. Erstwohnung. Zweitwohnung. Studierende. allgemeines Wohnbedürfnis. Grundbedürfnis. Kinderzimmer. wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Sozialstaatsprinzip. Ausbildungsförderung
Leitsatz (amtlich)
1. Länder und Gemeinden sind bundesrechtlich nicht gehindert, die Erhebung von Zweitwohnungssteuer an weitere – verfassungsrechtlich durch Art. 105 Abs. 2a GG nicht gebotene – Voraussetzungen zu knüpfen, z.B. indem an die Erst- wie auch die Zweitwohnung gleiche Anforderungen gestellt werden (wie Urteil vom selben Tage – BVerwG 9 C 17.07 –).
2. Bundesrecht, namentlich das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), gebietet es nicht, Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten, generell von der Zahlung von Zweitwohnungssteuer auszunehmen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Bundesrecht liegt ein steuerbarer Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG nicht nur dann vor, wenn neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung innegehabt wird. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt. Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird.
2. Gegenstand der Zweitwohnungssteuerpflicht ist der besondere Aufwand, der in Gestalt des Innehabens einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung (Hauptwohnung) betrieben und nicht das Einkommen, das hierfür eingesetzt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist der äußere Tatbestand des Konsums als Ausdruck und Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht die konkrete Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen. Am Vorliegen eines besonderen Aufwandes im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ändert nichts, wenn der Steuerpflichtige mit der Innehabung einer Zweitwohnung "über seine Verhältnisse lebt", die Mittel hierfür von anderen erhält oder ihm die Wohnung etwa von Verwandten unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird.
3. Bewohnt ein Studierender an seinem Hauptwohnsitz sein ehemaliges Kinderzimmer im Elternhaus, wobei lediglich die tatsächliche Möglichkeit besteht, das Grundbedürfnis Wohnen zu decken, ohne eine Verfügungsmacht inne zu haben, so kann für eine Wohnung, die er am Studienort in Rostock innehat, aufgrund der in Rostock geltenden Satzung keine Zweitwohnungssteuer erhoben werden.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2a; VwGO § 137 Abs. 1 Nr. 1; KAG M-V §§ 1, 3; BAföG §§ 1, 11
Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 20.06.2007; Aktenzeichen 1 L 242/06) |
VG Schwerin (Entscheidung vom 22.05.2006; Aktenzeichen 3 A 2649/04) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Zweitwohnungssteuer für eine Wohnung, die sie wegen ihres Studiums am Studienort Rostock gemietet hat.
Der Beklagte erhebt eine Zweitwohnungssteuer aufgrund der am 1. Januar 2001 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer in der Hansestadt Rostock (ZwStS). § 2 dieser Satzung definiert eine Zweitwohnung wie folgt:
(1) Zweitwohnung im Sinne dieser Satzung ist jede Wohnung, die eine Einwohnerin oder ein Einwohner als Nebenwohnung gemäß § 16 des Meldegesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern neben ihrer oder seiner Hauptwohnung für den eigenen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf der Familienmitglieder in der Hansestadt Rostock inne hat. …
(2) Wohnung im Sinne dieser Satzung ist jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen bestimmt ist und zu dem eine Küche oder Kochnische sowie eine Toilette gehört.
(3) …
Steuerpflichtig ist nach § 3 der Satzung
(1) … die Inhaberin oder der Inhaber der Wohnung, deren oder dessen melderechtlichen Verhältnisse die Beurteilung der Wohnung als Zweitwohnung bewirken. Als Inhaberin oder Inhaber einer Zweitwohnung gilt die Person, der die Verfügungsbefugnis über die Wohnung als Eigentümerin oder Eigentümer, Mieterin oder Mieter oder sonstige dauernutzungsberechtigte Person zusteht. Dies gilt auch bei unentgeltlicher Nutzung.
(2) Sind mehrere Personen gemeinschaftlich Inhaberinnen und/oder Inhaber einer Zweitwohnung, so sind sie Gesamtschuldner gemäß § 44 der Abgabenordnung.
(3) …
Die Klägerin war seit 2001 mit einer Nebenwohnung in Rostock gemeldet. Sie bewohnte dort seit September 2002 mit drei weiteren Personen, darunter den Klägern der Verfahren BVerwG 9 C 13.07 und 9 C 15.07, eine 107 m(2) große Fünfzimmerwohnung mit Bad nebst WC, einem weiteren WC, einer Küche, einem Kellerraum und einem Pkw-Stellplatz. Mit Hauptwohnsitz war die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum im Haus ihrer Eltern gemeldet, bei denen sie ihr ehemaliges Kinderzimmer bewohnte.
Mit Bescheid vom 12. Juli 2004 setzte der Beklagte – ausgehend von einem Mietwert i.H.v. monatlich 15,38 € – für das Jahr 2002 Zweitwohnungssteuer i.H.v. 46,14 € sowie für die Jahre 2003 und 2004 jeweils i.H.v. 184,56 €, insgesamt 415,26 € fest. Hiergegen legte die Klägerin, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezieht, Widerspruch ein, den der Beklagte mit Bescheid vom 15. September 2004 zurückwies.
Die Klägerin hat am 11. Oktober 2004 Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Mai 2006 abgewiesen hat. Auf die zugelassene Berufung hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 20. Juni 2007 das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert, die angegriffenen Bescheide aufgehoben und die Revision zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Satzung sei nach ihrem Wortlaut sowie Sinn und Zweck ihrer Regelungen so auszulegen, dass der Wohnungsbegriff sowohl hinsichtlich der Erst- wie auch der Zweitwohnung in gleicher Weise zu verstehen sei. Eine Steuerpflicht für eine Zweitwohnung bestehe mithin nur, wenn auch die Erstwohnung innegehabt werde, was eine Verfügungsbefugnis über diese Wohnung voraussetze. Die Klägerin sei in diesem Sinne jedoch nicht Inhaberin des “Kinderzimmers” in der elterlichen Wohnung. Nur in dieser Auslegung stehe die Satzung mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 und Art. 3 Abs. 1 GG im Einklang. Darüber hinaus sei der Satzungsgeber von Verfassungs wegen gehalten, Studierende, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bezögen, von der Steuerpflicht auszunehmen.
Hiergegen hat der Beklagte Revision eingelegt und zur Begründung ausgeführt, für die Erhebung der Zweitwohnungssteuer dürfe im Interesse der Verwaltungspraktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an das Melderecht angeknüpft werden. Das Abstellen auf das Innehaben der Erstwohnung verlasse den Rahmen der Aufwandsteuer. Darüber hinaus widerspreche es dem Gleichbehandlungsgebot, das Erfordernis des “Innehabens” der Erstwohnung auf “Kinderzimmerfälle” zu reduzieren, da es noch weitere Konstellationen gebe, bei denen dieses Erfordernis nicht erfüllt sei. Die fehlende Leistungsfähigkeit von BAföG-Empfängern könne nur im Einzelfall im Wege des Erlasses oder der Stundung berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20. Juni 2007 – 1 L 242/06 – aufzuheben und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Steuerpflichtig sei nur, wer Inhaber zweier Wohnungen sei. Die Prüfung dieser Frage sprenge auch nicht den Rahmen der Steuererhebung. Der Beklagte müsse mit seinem Erhebungsbogen lediglich die zur Zweitwohnung ohnehin geforderten Angaben auch für die Erstwohnung ermitteln. Mit dem BAföG-Bescheid dokumentiere die Klägerin zudem ihre fehlende Leistungsfähigkeit.
Entscheidungsgründe
II
1. Die Revision ist zulässig, jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht geht in seinen tragenden Gründen davon aus, die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten knüpfe die Steuerpflicht nach ihrem Wortlaut und nach Sinn und Zweck ihrer Regelungen daran, dass sowohl die Zweit- als auch die als Hauptwohnsitz angemeldete Erstwohnung innegehabt werde. Diese Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften ist als solche nicht revisibel, sondern nur die Frage, ob die Zweitwohnungssteuersatzung selbst mit diesem Inhalt mit dem in Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG normierten Aufwandsbegriff vereinbar ist. Das ist der Fall.
Die Zweitwohnungssteuer ist als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 – 2 BvR 1275/79 – BVerfGE 65, 325 ≪346≫). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand gemäß Art. 105 Abs. 2a GG darstellt (vgl. Urteil vom 29. November 1991 – BVerwG 8 C 107.89 – Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 5), andererseits aber keineswegs eine besonders aufwändige, luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Die Steuerpflicht hängt nicht davon ab, dass die im Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte Leistungsfähigkeit im konkreten Fall tatsächlich vorliegt. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustandes, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (so ausdrücklich BVerfG, Beschlüsse vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 348 und vom 11. Oktober 2005 – 1 BvR 1232/00, 1 BvR 2627/03 – BVerfGE 114, 316 ≪334≫).
Hiernach ist zwar die Erwägung des Berufungsgerichts nicht mit Bundesrecht vereinbar, ein steuerbarer Aufwand im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG liege nur dann vor, wenn neben der Zweitwohnung auch die Erstwohnung innegehabt werde. Bundesrechtlich kommt es nur darauf an, dass mit der Erstwohnung das Grundbedürfnis Wohnen als Teil des persönlichen Lebensbedarfs abgedeckt wird. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein Steuerpflichtiger die Erstwohnung als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er die Erstwohnung vorwiegend benutzt (vgl. § 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG). Dies indiziert wiederum, dass dort auch typischerweise das allgemeine Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Denn es ist im Allgemeinen nicht davon auszugehen, dass jemand eine Wohnung vorwiegend benutzt, die das allgemeine Wohnbedürfnis nicht befriedigt, und nicht die ihm zur Verfügung stehende weitere Wohnung, welche die Voraussetzungen dafür bietet. Wird somit das menschliche Grundbedürfnis “Wohnen” bereits in der als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung gedeckt, stellt das Innehaben einer weiteren Wohnung einen zusätzlichen Aufwand dar, der typischerweise eine besondere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziert (vgl. Urteil vom 29. November 1991 a.a.O.). Daher ist für die Erfüllung des Aufwandsbegriffs bundesrechtlich unerheblich, ob das Grundbedürfnis Wohnen in einer als Hauptwohnung angemeldeten Erstwohnung dadurch erfüllt wird, dass der Steuerpflichtige über den entsprechenden Wohnraum in rechtlich abgesicherter Weise verfügen darf oder diesen etwa nur als Besitzdiener (§ 855 BGB; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. März 2008 – I ZB 56/07 – NJW 2008, 1959 f. m.w.N.) nutzt, ob es sich um eine abgeschlossene Wohnung, nur ein Zimmer – wie hier ein ehemaliges Kinderzimmer im elterlichen Haus – oder gar nur eine “Mitwohnmöglichkeit” handelt oder ob Wohnraum in der elterlichen Wohnung lediglich als Teil der Unterhaltsleistungen seitens der Eltern genutzt wird. Entscheidend ist, dass das menschliche Grundbedürfnis Wohnen bereits in der “Erstwohnung” abgedeckt wird.
Jedoch sind die Länder und Gemeinden, die Zweitwohnungssteuer erheben dürfen (vgl. im vorliegenden Fall §§ 1, 3 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. April 2005, GVOBl M-V 2005, 146), bundesrechtlich nicht gehindert, das Vorliegen eines steuerbaren Aufwands an weitere – verfassungsrechtlich nicht gebotene – Voraussetzungen zu knüpfen. Der Satzungsgeber darf innerhalb der ihm gesetzlich und verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen er Steuern erheben will. Ihm ist im Bereich des Steuerrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 354). In diesem Sinne macht die Zweitwohnungssteuersatzung des Beklagten in ihrer Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht die Steuerpflicht “überschießend” davon abhängig, dass nicht nur eine als Hauptwohnung angemeldete Erstwohnung vorhanden ist, in der das Grundbedürfnis Wohnen befriedigt werden kann, sondern dass der Steuerpflichtige darüber hinaus Inhaber dieser Erstwohnung mit eigener Verfügungsbefugnis sein muss. Dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz. Der Satzungsgeber kann zugunsten der Steuerpflichtigen davon ausgehen, dass die im besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit typischerweise geringer ist, wenn nur die Zweitwohnung, nicht jedoch die Erstwohnung im Sinne einer Verfügungsbefugnis innegehabt wird, vielmehr dort lediglich die tatsächliche Möglichkeit besteht, das Grundbedürfnis Wohnen zu decken. Auch steht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG der Normierung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Steuerpflicht in unterschiedlichen Körperschaften nicht entgegen. Denn Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung nur innerhalb des jeweiligen Rechtsetzungsbereichs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1976 – 1 BvR 355/67 – BVerfGE 42, 20 ≪27≫). Schließlich entfällt der für eine Aufwandsteuer verfassungsrechtlich gebotene örtliche Bezug nicht deshalb, weil die Inhaberschaft an der – gegebenenfalls außerhalb des Gemeindegebiets liegenden – Hauptwohnung ein Merkmal des Steuertatbestands in seiner Auslegung durch das Oberverwaltungsgericht ist. Die Innehabung der Hauptwohnung wird dadurch nicht zum Gegenstand der Besteuerung, sondern zum Abgrenzungskriterium für eine Besteuerung der im Gemeindegebiet belegenen Zweitwohnung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 349 f.).
Nach allem ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen, weil die Klägerin nach Feststellung des Berufungsgerichts nicht Inhaberin ihrer Erstwohnung ist.
2. Auf die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, Studierende, die – wie hier die Klägerin – Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhielten, könnten generell nicht zur Zahlung von Zweitwohnungssteuer verpflichtet werden, kommt es hiernach im Ergebnis nicht mehr an. Daher weist der Senat insoweit lediglich zur Klarstellung auf Folgendes hin:
Gegenstand der Zweitwohnungssteuerpflicht ist der besondere Aufwand, der in Gestalt des Innehabens einer weiteren Wohnung neben der Erstwohnung (Hauptwohnung) betrieben, und nicht das Einkommen, das hierfür eingesetzt wird. Wie bereits ausgeführt, ist ausschlaggebendes Merkmal der äußere Tatbestand des Konsums als Ausdruck und Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, nicht die konkrete Leistungsfähigkeit des einzelnen Steuerpflichtigen. Am Vorliegen eines besonderen Aufwandes im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ändert nichts, wenn der Steuerpflichtige mit der Innehabung einer Zweitwohnung “über seine Verhältnisse lebt”, die Mittel hierfür von anderen erhält oder ihm die Wohnung etwa von Verwandten unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 a.a.O. S. 347 ff.). Angesichts der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG kann auch keine Rede davon sein, dass eine an den besonderen Aufwand der Innehabung einer Zweitwohnung anknüpfende Besteuerung gegen den Gleichheitssatz oder das Sozialstaatsprinzip verstoßen könnte. Das schließt nicht aus, eine im Einzelfall fehlende Leistungsfähigkeit etwa im Wege eines Erlasses aus Billigkeitsgründen (§§ 163, 227 AO) oder einer Stundung (§ 222 AO) zu berücksichtigen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Domgörgen, Buchberger, Dr. Christ
Fundstellen
ZKF 2009, 67 |
DÖV 2009, 541 |
NJ 2009, 124 |
VR 2009, 143 |
BayVBl. 2009, 699 |
DVBl. 2009, 263 |
KommP BY 2009, 107 |