Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung einer Milchreferenzmenge auf den Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses; Bedeutung des Grundsatzes der Flächenbindung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Übergang einer Milchreferenzmenge auf den Verpächter bei Beendigung des Pachtverhältnisses setzt nach Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor voraus, dass entweder der Verpächter oder der neue Pächter, an den der Verpächter die Pachtfläche alsbald wieder verpachtet, selbst Milcherzeuger ist (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 – Rs. C-401/99 –).
2. Aus dem Grundsatz der Flächenbindung von Milchreferenzmengen ergibt sich nicht, dass der ausscheidende Pächter mit dem Besitz an den Pachtflächen in jedem Falle zugleich einen dieser Fläche entsprechenden Teil seiner Referenzmenge verliert, soweit ihm nicht der Pächterschutz zugute kommt.
Normenkette
EWGV 3950/92 Art. 7 Abs. 2; EWGV 536/93 Art. 6; EWGV 3950/92 Art. 7 Abs. 1 S. 2; MGV § 7 Abs. 4
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 09.10.2002; Aktenzeichen 2 L 143/98) |
VG Schleswig-Holstein (Urteil vom 23.03.1998; Aktenzeichen 1 A 39/96) |
Tenor
Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2002 werden zurückgewiesen.
Das beklagte Amt trägt die Hälfte, die Beigeladenen tragen je ein Sechstel der Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger erzeugt Milch auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, den er von seinem Vater 1997 übernommen und bereits seit 1982 mit diesem zusammen bewirtschaftet hatte. Für das Wirtschaftsjahr 1995/96 war ihm von seinem Abnehmer – bei einer Gesamtbetriebsfläche von 81,46 ha netto – eine Anlieferungs-Referenzmenge von 445 230 kg mitgeteilt worden. 1981 hatte sein Vater von dem Rechtsvorgänger der Beigeladenen, der Schweine mästete und Marktfrüchte anbaute, eine Fläche von 34,29 ha hinzugepachtet. Das Pachtverhältnis wurde von den Beigeladenen 1993 fristlos gekündigt und in dem sich anschließenden Rechtsstreit durch Vergleich mit Ablauf des 30. September 1995 beendet. Die Pachtfläche wurde zu diesem Zeitpunkt zurückgegeben. Die Beigeladenen betreiben selbst keine Landwirtschaft. Sie haben die Pachtfläche an einen Landwirt weiterverpachtet, der ebenfalls keine Milch erzeugt, jedoch die fragliche Referenzmenge flächenlos an Milcherzeuger verpachten möchte.
Auf Antrag der Beigeladenen bescheinigte das beklagte Amt mit Bescheid vom 16. Januar 1996, bestätigt mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 1996, dass mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 – unter Berücksichtigung des gebotenen Pächterschutzes – eine Referenzmenge von 85 725 kg (für 34,29 ha bei 2 500 kg/ha) auf die Beigeladenen übergegangen sei. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die umstrittene Referenzmenge sei an die Beigeladenen übergegangen. Daran ändere nichts, dass die Beigeladenen nicht selbst Milch erzeugten. Es genüge, dass sie potentielle Milcherzeuger seien.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. September 1999 das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 des Rates über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 20. Juni 2002 entschieden, die genannte Bestimmung sei so auszulegen, dass bei Beendigung eines landwirtschaftlichen Pachtvertrags über einen Milchwirtschaftsbetrieb die vollständige oder teilweise Übertragung der daran gebundenen Referenzmenge auf den Verpächter nur dann möglich ist, wenn dieser die Eigenschaft eines Erzeugers hat oder im Zeitpunkt der Beendigung des Pachtvertrags die verfügbare Referenzmenge auf einen Dritten überträgt, der diese Eigenschaft besitzt. Für die Zuteilung der relevanten Referenzmenge an den Verpächter reiche es aus, wenn dieser im vorgenannten Zeitpunkt nachweise, dass er konkrete Vorbereitungen dafür treffe, in kürzester Zeit die Tätigkeit eines Erzeugers auszuüben (Rs. C-401/99, Slg. 2002, I-5775).
Im Berufungsverfahren haben das beklagte Amt und die Beigeladenen nunmehr bezweifelt, dass der Kläger durch die angefochtenen Bescheide in eigenen Rechten verletzt werde. Infolge der Rückgabe der Pachtflächen habe er die darauf liegende Referenzmenge – jenseits des aufgrund des Pächterschutzes bei ihm verbliebenen Teils – jedenfalls verloren. Gehe diese nicht auf die Beigeladenen über, so falle sie in die staatliche Reserve; beides berühre den Kläger nicht. Die Beigeladenen haben darüber hinaus bestritten, dass der Kläger seit 1997 den gesamten Betrieb, den er zuvor mit seinem Vater geführt hatte, alleine weiterführe.
Mit Urteil vom 9. Oktober 2002 hat das Oberverwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Zwar hätten die Voraussetzungen, an die das nationale Recht den Übergang der strittigen Referenzmenge auf die Beigeladenen knüpfe, vorgelegen. Jedoch seien die Vorschriften des nationalen Rechts unter Berücksichtigung der Auslegung, die der Europäische Gerichtshof dem zugrunde liegenden Gemeinschaftsrecht gegeben habe, einschränkend auszulegen. Ein Übergang von Referenzmengen scheide aus, wenn weder der Verpächter noch der neue Pächter Milch erzeugten. Es genüge auch nicht, dass sie die Referenzmenge flächenlos an einen Milcherzeuger übertragen wollten. Daher sei keine Referenzmenge auf die Beigeladenen übergegangen; die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Das verletze den Kläger auch in seinen Rechten. Denn die fragliche Referenzmenge sei bei ihm verblieben. Der Grundsatz der Flächenakzessorietät werde nicht nur im Rahmen des Pächterschutzes durchbrochen, sondern darüber hinaus auch wenn bei Beendigung eines Pachtverhältnisses überhaupt keine Referenzmenge mit den zurückgegebenen Pachtflächen auf den Verpächter übergehe. Weil es demnach nicht an einer Zuordnung der Referenzmenge fehle, werde diese auch nicht zugunsten der staatlichen Reserve freigesetzt. Schließlich stehe die Referenzmenge dem Kläger alleine zu, da er die bis 1997 betriebene BGB-Gesellschaft mit seinem Vater – ohne Abwicklung – alleine weiterführe. Das diesbezügliche Bestreiten durch die Beigeladenen sei unsubstantiiert.
Das beklagte Amt und die Beigeladenen haben die von dem Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt, mit der sie jeweils die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstreben.
Das beklagte Amt trägt vor: Das Berufungsurteil sei mit dem Grundsatz der Flächenbindung unvereinbar, den das nationale Recht in § 7 Abs. 4 Satz 1 MGV niedergelegt habe und demzufolge eine Referenzmenge auf einer zur Milcherzeugung genutzten Fläche ruhe, mit der sie auf Erwerber, Erben usw. übergehe. Hiervon gebe es nur die Ausnahme des Pächterschutzes nach § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV, der dem Kläger aber bereits vollständig zugute gekommen sei. Einen Grund, weshalb der Kläger darüber hinaus auch die Restreferenzmenge behalten solle, obwohl er die zugehörigen Flächen verloren habe, nenne das Berufungsurteil nicht. Ein solcher Grund bestehe auch nicht. Die Frage, ob die Restreferenzmenge auf den Verpächter übergegangen oder in die staatliche Reserve gefallen sei, berühre den Kläger nicht.
Die Beigeladenen halten den Kläger nicht für klagebefugt, weil die angefochtene Bescheinigung nicht ihn, sondern die aus ihm und seinem Vater bestehende BGB-Gesellschaft belaste; die Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Gesellschaft allein übernommen, sei prozessordnungswidrig getroffen worden. In der Sache meinen sie, die strittige Referenzmenge sei auch unter Beachtung der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Kriterien auf sie übergegangen. Der Europäische Gerichtshof habe nämlich einen Durchgangserwerb durch einen – oder mehrere – Nichterzeuger zugelassen, sofern er von kurzer Dauer sei. Das nationale Recht gestalte dies dahin aus, dass die Referenzmenge nur innerhalb eines Jahres übertragen werden könne, andernfalls sie in die staatliche Reserve falle. Ein derartiger Durchgangserwerb liege hier vor, weil sie die Pachtfläche alsbald an einen neuen Pächter übergeben hätten, der die Referenzmenge seinerseits einem Milcherzeuger überlassen habe. Damit werde dem Zweck der Erzeugerbindung genügt. Eine derartige Auslegung gebiete auch der Schutz ihres Vertrauens darauf, die vor Einführung der Milchkontingentierung verpachtete Fläche nach dem Ende des Pachtverhältnisses nunmehr selbst zur Milcherzeugung nutzen zu können.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren. Er hält die Revisionen für begründet. Nach dem Gemeinschaftsrecht sei Inhaber der auf der Fläche liegenden Referenzmenge der Besitzer dieser Fläche. In der Konsequenz verliere er diese Referenzmenge mit dem Verlust des Besitzes an der Fläche, ohne dass es hierzu eines weiteren Rechtsaktes bedürfe. Dieser Grundsatz der Flächenbindung werde nur durch die Pächterschutzregelung sowie in weiteren Einzelfällen – etwa der Übergabe von Land an die öffentliche Hand – durchbrochen. Jenseits dieser Ausnahmefälle verliere der ausscheidende Pächter die auf der Pachtfläche liegende Referenzmenge selbst dann, wenn sie aus anderen Gründen nicht auf den Verpächter oder einen neuen Pächter übergehen könne. In diesen Fällen werde die Referenzmenge nach dem Gemeinschaftsrecht freigesetzt und in der staatlichen Reserve zwischenverwaltet, weil es für sie eine Zuordnung nicht mehr gebe. Das entspreche auch dem deutschen Bescheinigungsverfahren, welches zunächst den (Zwischen-)Erwerb des Verpächters bescheinige; ob dieser auf den Pachtflächen selbst Milch erzeuge oder wiederum an einen Milcherzeuger verpachte oder nicht, betreffe erst einen weiteren Schritt. Diese Fragen berührten aber die Rechte des ausscheidenden Pächters nicht.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen sind unbegründet.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage zutreffend als zulässig angesehen. Die Bescheinigung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 MGV ist ein Verwaltungsakt, den namentlich der ausscheidende Pächter anfechten kann (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 19. März 1992 – BVerwG 3 C 58.88 – und vom 7. September 1992 – BVerwG 3 C 23.89 – Buchholz 451.512 MGVO Nrn. 54 und 60). Der Kläger kann die mögliche Rechtsverletzung auch allein geltend machen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass er den Betrieb nach Auflösung der zuvor mit seinem Vater gebildeten BGB-Gesellschaft alleine fortführt und dass die bislang der Gesellschaft bescheinigte Referenzmenge darum nunmehr ihm allein zusteht. Die von den Beigeladenen hiergegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Im Übrigen hatten die Beigeladenen bereits im ersten Rechtszug der Umstellung der Klage auf den Kläger allein zugestimmt.
2. Zur Entscheidung des Rechtsstreits sind diejenigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts und der Milch-Garantiemengen-Verordnung heranzuziehen, die sich für den Zeitpunkt der Rückgabe der Pachtflächen, also für den 30. September 1995, Geltung beimessen; denn die Rechtsänderungen, die nach § 9 MGV bescheinigt werden, treten unabhängig von der Bescheinigung mit dem Betriebsübergang kraft Gesetzes ein (stRspr; vgl. Urteile vom 30. November 1989 – BVerwG 3 C 47.88 – BVerwGE 84, 140 ≪150≫ und vom 11. November 1993 – BVerwG 3 C 37.91 – BVerwGE 94, 257 ≪259≫). Am 30. September 1995 galten die Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (ABl Nr. L 405/1), zuletzt – rückwirkend – geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1109/96 des Rates vom 20. Juni 1996 (ABl Nr. L 148/13), die Verordnung (EWG) Nr. 536/93 der Kommission vom 9. März 1993 zur Durchführung dieser Verordnung (ABl Nr. L 57/12) in der Fassung der Änderungsverordnung (EWG) Nr. 470/94 der Kommission vom 2. März 1994 (ABl Nr. L 59/5) sowie – in Ausfüllung der den Mitgliedstaaten eingeräumten Regelungsspielräume – die Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) vom 25. Mai 1984 (BGBl I S. 720) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1994 (BGBl I S. 586), zuletzt geändert durch die Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 26. September 1994 (BGBl I S. 2575). Die Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (BGBl I S. 27) ist demgegenüber für den vorliegenden Rechtsstreit nicht einschlägig.
3. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Das hat das Berufungsgericht richtig erkannt.
Als ihre Grundlage führen sie Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 und § 7 Abs. 4 MGV an. Nach Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 werden bei Beendigung landwirtschaftlicher Pachtverhältnisse, abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen, die verfügbaren Referenzmengen der betreffenden Betriebe nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bestimmungen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten ganz oder teilweise “auf die Erzeuger übertragen, die sie übernehmen”. Das setzt nach der zum vorliegenden Rechtsstreit ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs voraus, dass entweder der Verpächter, an den der verpachtete Betrieb oder die verpachteten Flächen zurückfallen, oder aber der neue Pächter, an den der Verpächter die Pachtsache alsbald wieder verpachtet, selbst Milcherzeuger ist (EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 – Rs. C-401/99 – Slg. I-5775).
Der Senat hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung angenommen, dass die auf die Pachtfläche entfallende Teilreferenzmenge auch dann auf den Verpächter übergehe, wenn dieser nicht Milch erzeugt und auch nicht wieder an einen Milcherzeuger verpachtet (Urteile vom 15. November 1990 – BVerwG 3 C 42.88 – BVerwGE 87, 94 ≪97 f.≫, vom 19. März 1992 – BVerwG 3 C 58.88 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 54 ≪S. 236≫ und vom 7. September 1992 – BVerwG 3 C 23.89 – Buchholz 451.512 MGVCO Nr. 60 ≪S. 262≫). Diese Rechtsprechung war allerdings nicht zu der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates, sondern zu der Vorgänger-Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 (ABl Nr. L 90/13) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 590/85 des Rates vom 26. Februar 1985 (ABl Nr. L 68/1) ergangen, die in der hier entscheidenden Passage – Art. 7 Abs. 1 und 4 – einen anderen Wortlaut hatte; sie lässt sich auf Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 nicht übertragen.
Im vorliegenden Fall sind weder die Beigeladenen noch der neue Pächter Milcherzeuger: Die Beigeladenen betreiben überhaupt keine Landwirtschaft, und der neue Pächter mästet Schweine. Die Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 sind – entgegen der Auffassung der Beigeladenen – auch nicht dadurch erfüllt, dass der neue Pächter die Referenzmengen an einen Milcherzeuger übertragen will. Denn dies soll nicht etwa im Wege der Unterverpachtung der fraglichen Flächen geschehen; vielmehr beabsichtigt der neue Pächter eine flächenlose Übertragung. Eine derartige dauerhafte Loslösung der Referenzmengen von der Fläche erlaubt das Gesetz jedoch gerade nicht. Die angefochtenen Bescheide bescheinigen damit zu Unrecht einen Übergang der umstrittenen Referenzmenge auf die Beigeladenen.
4. Das verletzt die Rechte des Klägers. Allerdings würden die Rechte des Klägers nicht berührt, wenn die umstrittene Referenzmenge – statt an die Beigeladenen – in die staatliche Reserve gefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. September 1992 – BVerwG 3 C 23.89 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 60 ≪S. 260≫). Das ist jedoch nicht der Fall.
Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses vertreten die Ansicht, die fragliche Referenzmenge müsse deshalb in die staatliche Reserve gefallen sein, weil es keine Vorschrift gebe, die ihren Verbleib beim ausscheidenden Pächter anordne. Das ist schon im Ansatz verfehlt. Die Referenzmenge ist dem Inhaber eines Milcherzeugungsbetriebes zugeordnet. Als Bestandteil seines Betriebes unterfällt sie dem Eigentumsschutz (Urteil vom 17. Juni 1993 – BVerwG 3 C 25.90 – BVerwGE 92, 322 ≪324 ff., 326 ff.≫). Sollen dem Milcherzeuger Teile seiner Referenzmenge entzogen werden, so bedarf es hierfür einer Rechtsgrundlage. Das gilt nicht nur für den Übergang auf einen anderen Milcherzeuger, sondern auch für den Übergang auf die staatliche Reserve. Daher muss nicht der Kläger begründen, warum er die umstrittene Referenzmenge behalten hat; vielmehr ist sie bei ihm verblieben, wenn sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz oder aus einer behördlichen Regelung etwas anderes ergibt. Ein bindender Verwaltungsakt zugunsten der staatlichen Reserve besteht nicht. Aber auch aus dem Gesetz ergibt sich nicht, dass bei Beendigung von Pachtverhältnissen der Teil der der Pachtfläche entsprechenden Referenzmenge, der nicht dem Pächterschutz unterfällt, in Fällen, in denen er nicht auf den Verpächter übergeht, in die staatliche Reserve fällt.
a) Das Gesetz ordnet den Anfall in die staatliche Reserve nicht positiv an. In Betracht kommt insofern nur Art. 7 Abs. 1 Satz 2 VO (EWG) Nr. 3950/92. Hiernach wird der Teil der Referenzmenge, der gegebenenfalls nicht mit dem Betrieb übertragen wird, der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen. In welchen Fällen ein Teil der Referenzmenge “gegebenenfalls nicht mit dem Betrieb übertragen wird”, sagt die Vorschrift nicht, sondern setzt sie voraus. Der Beklagte meint, ein derartiger Fall sei auch dann anzunehmen, wenn die Referenzmenge deshalb nicht an den Übernehmer des Betriebes fallen kann, weil er kein Milcherzeuger ist. Dem kann nicht gefolgt werden:
Schon der Wortlaut spricht dagegen. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 betrifft unmittelbar lediglich den Fall der Übernahme des gesamten Betriebes; eine entsprechende Anwendung auf Fälle einer Übertragung von Betriebsteilen ordnet erst Abs. 2 an. Die Vorschrift setzt nach ihrem Wortlaut jedoch voraus, dass ein Teil der Referenzmenge mit dem Betrieb übertragen wird, ein anderer Teil hingegen nicht. Das kann den Fall, dass der Betriebsübernehmer keine Milch erzeugt, nicht meinen; denn in diesem Fall ginge die Referenzmenge insgesamt nicht auf ihn über.
Auch der systematische Zusammenhang der Vorschrift weist in eine andere Richtung. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 schließt an den voranstehenden Satz an, mit dem er in einem Unterabsatz zusammengefasst ist. Dieser voranstehende Satz ermächtigt die Mitgliedstaaten, die Modalitäten des Übergangs von Referenzmengen aus Anlass einer Betriebsübernahme festzulegen. Das meint nicht lediglich die Festlegung der Modalitäten, nach denen die Referenzmenge bei der Übertragung des Betriebes auf den oder die Erwerber übergeht (namentlich also die Aufteilung der Referenzmenge auf mehrere Erwerber). Die Vorschrift ermächtigt die Mitgliedstaaten ebenso, einen Teil der Referenzmenge aus Anlass der Betriebsübertragung zur staatlichen Reserve einzuziehen (sog. clawback; EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 – Rs. C-313/99, Mulligan – Slg. 2002, I-5719 ≪Rn. 26 ff.≫). Dies ist der in Satz 2 des Unterabsatzes angesprochene “gegebene Fall”.
Für diese Auslegung spricht auch die Geschichte der Vorschrift. Art. 7 VO (EWG) Nr. 3950/92 trat an die Stelle von Art. 7 VO (EWG) Nr. 857/84. Nach Art. 7 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 857/84 wurde im Falle des Verkaufs, der Verpachtung oder der Übertragung eines Betriebes in Erbfolge die entsprechende Referenzmenge nach festzulegenden Modalitäten ganz oder teilweise auf den Käufer, Pächter oder Erben übertragen. Die Ermächtigung, die Modalitäten festzulegen, umfasste hiernach ausdrücklich, dass die dem Betrieb zugeordnete Referenzmenge “ganz oder teilweise” auf den Betriebsübernehmer überging, wobei der Wortlaut dieser Vorschrift den Fall einer Übertragung des gesamten Betriebes an nur einen Übernehmer ansprach. An die hierdurch eröffnete Möglichkeit eines nur teilweisen Referenzmengenübergangs schloss sich Art. 7 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 857/84 an. Hiernach konnten die Mitgliedstaaten vorsehen, dass ein Teil – der andere Teil – der betreffenden Mengen auf die staatliche Reserve übertragen wird.
Die Bundesrepublik Deutschland hat von einer solchen Ermächtigung in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt keinen Gebrauch (mehr) gemacht. Zwar wurde § 7 Abs. 4 MGV durch Art. 1 Ziffer 3 der Ersten Verordnung zur Änderung der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 27. September 1984 (BGBl I S. 1255) so gefasst, dass im Falle des Verkaufs oder der Verpachtung von Teilen eines Milch erzeugenden Betriebes – nicht jedoch bei Rückgewähr der Pachtsache – 20 v.H. der von dem Rechtsgeschäft erfassten Referenzmenge zugunsten der Bundesrepublik Deutschland freigesetzt wurden (hierzu Urteil vom 17. Juni 1993 – BVerwG 3 C 25.90 – BVerwGE 92, 322). Diese in der Folge mehrfach geänderte Bestimmung wurde jedoch durch Art. 1 Ziffer 2 Buchst. c der Zweiundzwanzigsten Verordnung zur Änderung der Milch-Garantiemengen-Verordnung vom 20. Dezember 1991 (BGBl I S. 2384) wieder aufgehoben.
Insgesamt meint Art. 7 Abs. 1 Satz 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 also nicht den Fall, dass Referenzmengen deshalb nicht auf den Betriebsübernehmer übergehen, weil dieser keine Milch erzeugt. Die Vorschrift ist daher auch nicht (über Abs. 1 u. Abs. 2 oder analog) auf den Fall anzuwenden, dass Referenzmengen des Pächters bei Beendigung des Pachtverhältnisses deshalb nicht auf den Verpächter – oder, bei dessen “Durchgangserwerb”, auf einen nachfolgenden Pächter – übergehen, weil dieser keine Milch erzeugt.
b) Das Gesetz bestimmt aber auch nicht negativ, dass die Referenzmenge jedenfalls nicht beim Kläger verblieben ist und deshalb der staatlichen Reserve zuzuschlagen wäre. Das beklagte Amt und der Vertreter des Bundesinteresses berufen sich insofern auf Art. 6 Satz 1 VO (EWG) Nr. 536/93 der Kommission. Hiernach werden Referenzmengen, für die es eine einzelbetriebliche Zuteilung nicht bzw. nicht mehr gibt, der einzelstaatlichen Reserve zugeschlagen. Die Vorschrift besagt freilich nicht selbst, unter welchen Voraussetzungen es für eine Referenzmenge eine einzelbetriebliche Zuteilung nicht oder nicht mehr gibt. Das setzt sie vielmehr voraus; es muss sich aus anderen Gründen des Gemeinschaftsrechts oder des nationalen Rechts ergeben.
aa) Eine dahingehende ausdrückliche Bestimmung des Gemeinschaftsrechts gibt es nicht. Gemeinschaftsrecht ordnet das Ende der einzelbetrieblichen Zuteilung auch nicht mittelbar an. Daran könnte man freilich wegen des Wortlauts des Art. 7 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3950/92 denken. Denn hiernach besteht der Regelungsspielraum der Mitgliedstaaten in Ansehung auslaufender Pachtverträge lediglich darin zu bestimmen, ob die der Pachtfläche entsprechende Referenzmenge “ganz oder teilweise” auf den Erzeuger übergeht, der sie übernimmt; die Vorschrift eröffnet also – anders als die Vorgängernorm (Art. 7 Abs. 4 VO ≪EWG≫ Nr. 857/84 i.d.F. des Art. 1 Ziffer 4 VO ≪EWG≫ Nr. 590/85) – nicht die Möglichkeit, die fragliche Referenzmenge zur Gänze beim ausscheidenden Pächter zu belassen. Jedoch setzt die Vorschrift voraus, dass der Verpächter Erzeuger ist oder wiederum an einen Erzeuger verpachtet. Nur unter dieser Voraussetzung ermächtigt sie die Mitgliedstaaten zu einer Aufteilung der Referenzmenge nach Maßgabe des erwünschten Pächterschutzes. Ist aber weder der Verpächter noch der neue Pächter Erzeuger, so greift die Vorschrift nicht. Sie verbietet damit nicht, dass die Referenzmenge zur Gänze beim alten Pächter verbleibt.
Auch aus nationalem Recht ergibt sich nicht, dass der ausscheidende Pächter den der zurückgewährten Pachtfläche entsprechenden Teil seiner Referenzmenge – vorbehaltlich der Pächterschutzquote – in jedem Fall verliert. In § 7 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 MGV ist lediglich bestimmt, welcher Teil seiner Referenzmenge mit der Pachtfläche auf den Verpächter übergeht. Das setzt voraus, dass ein Übergang auf den Verpächter überhaupt stattfindet. Was geschieht, wenn dieser Übergang daran scheitert, dass der Verpächter oder der neue Pächter keine Milch erzeugt, sagt die Vorschrift nicht.
bb) Ohne Erfolg berufen sich das beklagte Amt und der Vertreter des Bundesinteresses auf den Grundsatz der Flächenbindung von Referenzmengen, den sie § 7 Abs. 4 Satz 1 MGV entnehmen. Nach diesem Grundsatz soll der ausscheidende Pächter mit dem Besitz an den Pachtflächen in jedem Falle zugleich die auf den Pachtflächen ruhende Referenzmenge verlieren; wenn diese Referenzmenge nicht auf den Verpächter übergehe, weil dieser nicht selbst Milch erzeugt, so gebe es für sie keine einzelbetriebliche Zuteilung mehr (ebenso Günther, Agrarrecht 2002, S. 305 ≪308≫). Damit wird die Tragweite des Grundsatzes der Flächenbindung verkannt.
Zunächst muss hervorgehoben werden, dass der Grundsatz der Flächenbindung keine Aussage über die Größe der einem Milcherzeuger zustehenden oder zuzuteilenden Referenzmenge trifft. Es ließe sich immerhin daran denken, dass die Referenzmenge schon rein quantitativ in der Weise an die Fläche gebunden ist, dass einem Hektar Fläche eine bestimmte Referenzmenge entspricht. Das ist aber nicht der Fall. Wie groß die einem Milcherzeuger zustehende oder zuzuteilende Referenzmenge ist, hängt von ganz anderen Faktoren ab, nämlich im Ausgangspunkt von der tatsächlichen Milcherzeugungsleistung seines Betriebes bei Einführung der Milchkontingentierung im Jahr 1983, sodann – erhöhend – von seinen bis 1984 eingeleiteten Investitionen in Kuhstandplätze bzw. – verringernd – von zwischenzeitlichen Flächenstilllegungen usw. (vgl. auch Urteil vom 6. September 1995 – BVerwG 3 C 1.94 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 112). Zwar geht man allgemein davon aus, dass sich aus einem Hektar Land eine Anlieferungsmenge von etwa 5 000 kg im Jahr erwirtschaften lässt; jedoch handelt es sich hierbei um rein betriebswirtschaftliche Erfahrungswerte – zudem um bloße Durchschnittswerte –, jedoch nicht um eine rechtliche Referenzmengenfestlegung oder -beschränkung. Von Rechts wegen ist es vielmehr durchaus möglich, dass einem Milcherzeuger eine gemessen an seiner Betriebsfläche größere Referenzmenge zusteht, ebenso wie es umgekehrt möglich ist, dass seine Referenzmenge geringer ist.
Der Grundsatz der Flächenbindung ergänzt den Grundsatz der Betriebsbindung. Mit Blick auf die Übertragung von Referenzmengen hat er einen doppelten Inhalt:
Zum einen besagt der Grundsatz der Betriebsbindung, dass eine Referenzmenge an einen Milch erzeugenden Betrieb gebunden ist. Daraus folgt, dass sie nur zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann (EuGH, Urteil vom 17. April 1997 – Rs. C-15/95, EARL Kerlast – Slg. 1997, I-1961, Rn. 17 – 19; vgl. ferner Beschluss vom 7. Februar 1992 – BVerwG 3 B 5.92 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 49 sowie Urteile vom 19. März 1992 – BVerwG 3 C 58.88 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 54 ≪S. 238≫ und vom 16. September 1993 – BVerwG 3 C 37.92 – BVerwGE 94, 143 ≪146≫). Damit soll verhindert werden, dass Referenzmengen nicht zur Erzeugung oder Vermarktung von Milch, sondern dazu verwendet werden, unter Ausnutzung ihres Marktwerts rein finanzielle Vorteile aus ihnen zu ziehen (EuGH, Urteile vom 20. Juni 2002 – Rs. C-311/99, Mulligan – Slg. 2002, I-5719, Rn. 26 f., 30 m.w.N. und vom 20. Juni 2002 – Rs. C-401/99, Thomsen – Slg. I-5775, Rn. 32, 39, 45). Entsprechend besagt der Grundsatz der Flächenbindung, dass eine Referenzmenge nur zusammen mit einer zur Milcherzeugung genutzten Fläche übertragen werden kann. Negativ gewendet können Referenzmengen also nicht ohne den Betrieb oder Betriebsteile – flächenlos – übertragen werden. Von diesem Grundsatz macht lediglich Art. 6 VO (EWG) Nr. 3950/92 des Rates, umgesetzt durch § 7 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 MGV, eine Ausnahme. Aus dieser Bedeutung des Grundsatzes der Betriebs- oder Flächenbindung ergibt sich nicht, dass der ausscheidende Pächter einen der Pachtfläche entsprechenden Teil seiner Referenzmenge – vorbehaltlich des Pächterschutzes – jedenfalls verliert. Im Gegenteil wäre der Anfall einer Referenzmenge in die staatliche Reserve ein “flächenloser” Übergang, der vor dem Grundsatz der Flächenbindung der Rechtfertigung bedürfte (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Juni 2002 – Rs. C-311/99, Mulligan – Slg. 2002, I-5719 ≪5762≫ Rn. 28).
Zum anderen besagt der Grundsatz der Flächenbindung, dass die einem Milcherzeuger zugeteilte Referenzmenge auf der gesamten Fläche seines Betriebs gleichmäßig ruht und nicht nur auf Teilen davon (vgl. EuGH, Urteil vom 23. Januar 1997 – Rs. C-463/93, St. Martinus Elten – Slg. 1997, I-255, Rn. 14 ff.). Daraus folgen Anhaltspunkte dafür, nach welchem Maßstab die Referenzmenge eines Milcherzeugers aufgeteilt werden soll, wenn sein Betrieb auf mehrere Erwerber (bzw. Pächter, Erben) übergeht oder wenn nur ein Teil seines Betriebes auf einen Erwerber (bzw. Pächter) übergeht. Insofern besagt der Grundsatz der Flächenbindung, dass die Referenzmenge im Zweifel nach dem Verhältnis der für die Milcherzeugung verwendeten Flächen aufzuteilen ist (EuGH, Urteil vom 23. Januar 1997 – Rs. C-463/93, St. Martinus Elten – Slg. 1997, I-255, Rn. 24; vgl. ferner Urteile vom 7. September 1992 – BVerwG 3 C 23.89 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 60 ≪S. 260 ff.≫; vom 23. April 1993 – BVerwG 3 C 12.91 – Buchholz ebd. Nr. 72 ≪S. 308≫; vom 22. Januar 1998 – BVerwG 3 C 50.96 – BVerwGE 106, 134 ≪136≫; vom 5. Juli 2001 – BVerwG 3 C 19.00 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 136 und vom 30. Januar 2002 – BVerwG 3 C 3.01 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 137). Die Mitgliedstaaten können freilich auch einen anderen objektiven Aufteilungsmaßstab wählen (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 VO ≪EWG≫ Nr. 3950/92 des Rates). Außerdem können sie bei der Rückgabe an den Verpächter bestimmen, dass die der Pachtfläche entsprechende Referenzmenge zwischen Pächter und Verpächter aufgeteilt wird (Art. 7 Abs. 2 VO ≪EWG≫ Nr. 3950/92 des Rates). Deutschland hat sich für den Maßstab der Flächenrelation entschieden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 MGV), hiervon freilich bei Altpachtverträgen aus Gründen des Vertrauensschutzes zugunsten des ausscheidenden Pächters Abweichungen vorgesehen (§ 7 Abs. 4 Sätze 2 ff. MGV; vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 1989 – Rs. 5/88, Wachauf – Slg. 1989, S. 2609, Rn. 16 ff., 20; Urteile vom 30. November 1989 – BVerwG 3 C 47.88 – BVerwGE 84, 140 ≪147≫ und vom 7. September 1992 – BVerwG 3 C 23.89 – Buchholz 451.512 MGVO Nr. 60 ≪S. 261≫). Für den vorliegenden Rechtsstreit gibt auch diese Bedeutung des Grundsatzes der Flächenakzessorietät indes nichts her; denn zu einer Aufteilung der dem Kläger bislang zustehenden Referenzmenge zwischen ihm und den Beigeladenen ist es nicht gekommen.
Eine weitergehende Bedeutung hat der Grundsatz der Flächenbindung nicht. Sie lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass in der Rechtsprechung des Senats wie des Europäischen Gerichtshofs gelegentlich davon die Rede ist, dass die Referenzmenge “auf der Fläche ruht” oder “an die Fläche gebunden ist” oder “nach Maßgabe der Fläche zugeteilt ist” usw. Mit diesen Redewendungen sollte lediglich der Inhalt des Grundsatzes der Flächenbindung in seinen vorstehend geschilderten Bedeutungen umschrieben werden. Eine weiterreichende Aussage verbindet sich damit nicht.
cc) Das von den Revisionsklägern für richtig gehaltene Ergebnis lässt sich schließlich nicht im Wege der Lückenschließung erreichen.
Die Milch-Garantiemengen-Verordnung trifft keine besondere Regelung für den Fall, dass bei Beendigung eines Pachtverhältnisses eine bislang zur Milcherzeugung verwendete Fläche an einen Verpächter zurückfällt, der keine Milch erzeugt und die Fläche auch nicht alsbald an einen neuen Pächter weitergibt, der Milch erzeugt. Das Fehlen einer besonderen Regelung bedeutet zwar noch nicht, dass für diesen Fall überhaupt keine Regelung bestünde. Vielmehr bedeutet der Ausschluss des Übergangs von Teilen seiner Referenzmenge, dass der alte Pächter seine Referenzmenge zur Gänze behält. Diese Folgerung mag der Verordnungsgeber freilich nicht beabsichtigt haben. Die Annahme liegt nahe, dass er für den nicht Milch erzeugenden Verpächter deswegen keine besondere Regelung getroffen hat, weil er – auf der Grundlage der älteren (aber durch das veränderte Gemeinschaftsrecht überholten) Rechtsprechung des Senats – angenommen hat, dass dieser Umstand die Anwendung des § 7 Abs. 2, 4 und 5 MGV nicht hindere. Darin lässt sich eine Regelungslücke im Verordnungsrecht sehen.
Es fehlt jedoch an gesicherten rechtlichen Maßstäben, um die Lücke in dem vom Beklagten und dem Vertreter des Bundesinteresses befürworteten Sinne zu schließen. § 7 Abs. 4 MGV bestimmt für Altpachtverträge, dass der auf die zurückgegebene Pachtfläche entfallende Teil der Referenzmenge des Pächters im Grundsatz in etwa hälftig zwischen dem Pächter und dem Verpächter aufgeteilt wird. Damit nimmt die Verordnung den gebotenen Ausgleich zwischen den Interessen der Beteiligten vor (vgl. Art. 7 Abs. 2 VO ≪EWG≫ Nr. 3950/92), nämlich einerseits dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteresse des Pächters, der die Referenzmengen durch eigene Investitionen geschaffen hat, und andererseits dem Eigentums- und dem eigenen landwirtschaftlichen Erwerbsinteresse des Verpächters. Dieser Regelung lässt sich jedoch nicht die Wertung des Verordnungsgebers entnehmen, dass der ausscheidende Pächter auch dann keinen größeren Anteil seiner Referenzmenge soll behalten dürfen, wenn der Verpächter keinerlei Referenzmenge erwerben kann. § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV wertet den gebotenen Pächterschutz nur für den Fall der Kollision mit gleich gearteten gegenläufigen Interessen des Verpächters, nicht jedoch für den Fall, dass eine Kollision mit den Interessen des Verpächters gar nicht stattfindet. Demzufolge nimmt § 7 Abs. 4 Satz 2 MGV auch keine Abwägung der Interessen des alten Pächters gegenüber den Interessen der öffentlichen Hand daran vor, über genügend Reserve-Referenzmengen zu verfügen, um neue Ansprüche bedienen zu können. Ob die Referenzmenge des alten Pächters – der auf seiner Restfläche weiterhin Milch erzeugt – überhaupt zugunsten der staatlichen Reserve zu kürzen ist und in welchem Ausmaß dies gegebenenfalls zu geschehen hätte, lässt sich der ganz anders motivierten Regelung des § 7 Abs. 4 MGV nicht entnehmen. Bei dieser Sachlage kommt eine richterrechtliche Korrektur des geltenden Rechts nicht in Betracht. Vielmehr bleibt es dabei, dass der Kläger die ihm bisher zugeteilte Referenzmenge zur Gänze behalten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 VwGO, § 100 ZPO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Dette, Liebler, Prof. Dr. Rennert
Fundstellen
BFH/NV Beilage 2004, 332 |
DÖV 2004, 397 |
AuUR 2004, 260 |
BFH/NV-Beilage 2004, 332 |