Kim Louisa Dillenberger, Anne Kowalski
In den letzten Jahren ist die gesellschaftliche Relevanz von Nachhaltigkeit weiter stark gewachsen und die Green Controlling-Studie 2022 ist die dritte Studie dieser Art, die vom Fachkreis Green Controlling for Responsible Business in Kooperation mit der ICV-Ideenwerkstatt durchgeführt wurde (vgl. Abb. 7). Die im Spätsommer 2022 durchgeführte Studie zum Stand des Green Controllings in der DACH-Region fügt sich inhaltlich in die Reihe der bisherigen Studien ein und bietet aktuelle Einblicke in die strategische Ausrichtung sowie die operative Umsetzung eines Nachhaltigkeitscontrollings in der Unternehmenspraxis.
Abb. 7: Detailinformationen zur Green Controlling-Studie 2022 des ICV
2.5.1 Strategische Bedeutung der Nachhaltigkeit in Unternehmen
In den letzten Jahren wurde immer stärker von Unternehmen gefordert, Nachhaltigkeit als strategischen Faktor zu betrachten und in das Zentrum der Geschäftsstrategie zu stellen. Dabei stellt sich die Frage, wo Unternehmen hierbei stehen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der heutige Erfüllungsgrad im Hinblick auf nachhaltig gestaltete Wertschöpfungsketten schon relativ fortgeschritten ist (vgl. Abb. 8). 43 % der Befragten sehen ihre Unternehmen in diesem Bereich schon als gut aufgestellt an, 7 % sogar als sehr gut. Fortgeschrittene Erfüllungsgrade sind auch bei den Themen "Umweltfreundliche Produkte entwickeln" (51 % der Befragten stimmen diesbezüglich zu oder voll und ganz zu), "Neue Geschäftsmodelle einführen" (51 % der Befragten stimmen diesbezüglich zu oder voll und ganz zu) und "Neue Märkte schaffen" (47 % der Befragten stimmen diesbezüglich zu oder voll und ganz zu) erkennbar. Es geht also zunehmend nicht mehr nur darum, ökologische Standards zu erfüllen bzw. ggf. auch zu übertreffen, sondern durch eine stärkere Berücksichtigung von Nachhaltigkeit auf strategischer Ebene auch umsatz- und marktanteilsbezogene Potenziale für die Unternehmen zu erschließen. Bemerkenswert dabei ist, dass die zukünftige Bedeutung durch die Befragungsteilnehmer noch deutlich höher eingeschätzt wird als der aktuelle Erfüllungsgrad. Nachhaltigkeit hat sich – so lässt sich schlussfolgern – mittlerweile als fester Bestandteil der strategischen Agenda von Unternehmen etabliert.
Abb. 8: Heutiger Erfüllungsgrad der Nachhaltigkeit in den Unternehmen
2.5.2 Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in Prozessen und Instrumenten
Sobald Nachhaltigkeit als strategische Aufgabe betrachtet wird, sind Unternehmen auch angehalten Nachhaltigkeitsaspekte systematisch in ihren Prozessen und Instrumenten zu berücksichtigen. Hier zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass Nachhaltigkeitsaspekte aktuell vor allem in der strategischen Planung berücksichtigt werden. 31 % der Befragten sehen dies in eher hohem Ausmaß und sogar 12 % in sehr hohem Ausmaß in der strategischen Planung als gegeben an. Datenmanagement hingegen bezieht trotz Einstufung als wichtiger Controllingprozess laut Heat Map in Abb. 5 mit 17 % noch nicht ausreichend Nachhaltigkeitsaspekte ein, während Management Reporting und Investitionscontrolling mit 26 % bzw. 29 % ebenfalls Verbesserungspotenzial aufweisen. Was die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Prozesse des Controllings anbelangt, zeigt sich also insgesamt ein deutlicher Nachholbedarf. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Nachhaltigkeitsaspekte eher noch in geringem oder keinem Ausmaß in die verschiedenen Controlling-Prozesse integriert sind (vgl. Abb. 9).
Abb. 9: Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in Controlling-Prozessen
Ein ähnliches Bild zeigt sich, wenn man auf die Instrumente des Controllings schaut. Ökologische Aspekte finden bislang nur in geringem Umfang in Instrumenten des Unternehmenscontrollings Berücksichtigung. Am ehesten ist dies noch bei Kennzahlen und Kennzahlensystemen (27 % in eher hohem und sehr hohem Maße), der Bewertung von Investitionen (25 % in eher hohem und sehr hohem Maße) und strategischen Instrumenten wie der Balanced Scorecard (23 % in eher hohem und sehr hohem Maße) gegeben. Im geringsten Ausmaß werden ökologische Aspekte beim Target Costing und der Prozesskostenrechnung berücksichtigt.
2.5.3 Reifegrad von aktuellen Nachhaltigkeitsthemen
Hinsichtlich des Reifegrades einzelner aktueller Nachhaltigkeitsthemen in den Unternehmen zeigt sich, dass insgesamt in den Unternehmen noch erheblicher Nachholbedarf besteht (vgl. Abb. 10). Insbesondere was die neuen gesetzlichen Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung anbelangt, weist die Studie auf geringe Reifegrade im Rahmen der Umsetzung hin. So geben etwa nur 20 % der Unternehmen an, dass sie den Reifegrad der CSRD bei sich als hoch oder sehr hoch einschätzen, bei der EU-Taxonomie sind es lediglich 15 % und beim deutschen LkSG 22 %. Am weitesten fortgeschritten ist die Berechnung von CO2-Emissionen für Scope 1 und 2, für die 36 % einen hohen oder sehr hohen Reifegrad berichten. Hier lässt sich jedoch eine Diskrepanz zwischen der Berechnung von Scope 1 und 2 und der Berücksichtigung von Scope 3-Emissionen erkennen. Letztgenannte erreichen nur bei 20 % der Unternehmen einen hohen oder sehr hohen Reifegrad, 36 % geben hier hingegen ...