Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
In der Pfändungsverfügung muss der Schuldgrund nicht detailliert dargestellt werden.
Sachverhalt
Gegen den Kläger wurden Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Diese erfolgten durch die deutsche Finanzverwaltung für eine spanische Steuerhaftungsschuld, die im Wege eines EU-Beitreibungsersuchens (als E-Mail nebst Anhang) übermittelt worden war. In der deutschen Zahlungsaufforderung war der geschuldete Betrag nur in einer Summe genannt. Als sich für die Einkommensteuer 2001 und 2002 ein Erstattungsbetrag von rund 64.000 EUR ergab, zahlte das Finanzamt nicht aus, sondern pfändete den Betrag bei sich selber und ordnete die Einziehung an. Als Schuldgrund wurde wiederum die spanische Steuerschuld genannt, dieses Mal jedoch detailliert dargestellt. Hiergegen erhob der Kläger Einspruch und anschließend Klage. Er führte an, die Pfändungs- und Überweisungsverfügung sei rechtswidrig, da diese zu unbestimmt sei. Eine Heilung sei nicht möglich.
Entscheidung
Die zulässige Klage wurde durch das FG Hamburg als unbegründet abgewiesen. Das Gericht stellte zunächst klar, dass spanische Steuerschulden in Deutschland vollstreckt werden könnten. Auch sei es ausreichend, wenn der Schuldgrund nachträglich detailliert dargestellt werde. Zwar sei der Schuldgrund ein notwendiger Bestandteil der Pfändungsverfügung. Aufgrund gesetzlicher Sonderbestimmungen in der AO (§ 309 Abs. 2 Satz 2 AO) sei es aber ausreichend, wenn die detaillierte Mitteilung des Schuldgrundes im Nachgang zur Übersendung der Pfändungsverfügung erfolge. Schließlich dürfe das Ersuchen der ausländischen Behörde auch mittels E-Mail erfolgen.
Hinweis
Das Urteil hat die strittige Frage zum Inhalt, ob bereits in der Pfändungsverfügung der Schuldgrund detailliert dargestellt werden muss oder ob dies auch im Nachgang erfolgen kann. Die wohl überwiegend Ansicht in der Literatur fordert die ausführliche Darstellung des Schuldgrundes. Interessant ist, dass das FG Hamburg in seiner Entscheidung ausdrücklich gegen die Vollstreckungsanweisung urteilt (Abschnitt 41 Abs. 2). Dem tritt das FG Hamburg mit der Ansicht entgegen, diese Ansicht beruhe auf der alten Rechtslage und alter Rechtsprechung des BFH. Es bleibt abzuwarten, ob dies der BFH ebenso sieht. Positiv ist zumindest, dass die strittige Frage hoffentlich abschließend für die Praxis durch den BFH entschieden werden wird. Das Urteil des FG Hamburg ist zudem dahingehend interessant, als es die Praxis der Übersendung von ausländischen Vollstreckungsersuchen mittels E-Mail billigt, was angesichts der Entwicklung des elektronischen Rechtsverkehrs sicherlich zutreffend ist.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Aktenzeichen des BFH ist VII R 70/11.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 11.11.2011, 3 K 192/11