Ausgangspunkt einer modernen Banksteuerung, d. h. einer integrierten Ertrags- und Risikosteuerung, stellt ein Datenhaushalt dar, der die erforderlichen Daten aus dem Rechnungswesen, Controlling, Risikomanagement und regulatorischen Meldewesen konsolidiert und harmonisiert. Was nach einer Selbstverständlichkeit klingt, ist in der Praxis eher die Ausnahme als die Regel[1], denn ein derart integrierter Datenhaushalt setzt voraus, dass die Hürden der Dateninkonsistenzen über verschiedene Datenhaushalte hinweg fachlich überwunden und historisch gewachsene IT-Lösungen zusammengeführt werden.

Als zentraler Erfolgsfaktor haben sich hierbei fachliche Datenmodelle etabliert, durch die Unternehmen eine gemeinsame Sprache und ein gemeinsames Verständnis für ihre Daten entwickeln sowie die Datenkonsistenz zwischen verschiedenen Systemen und Anwendungen fördern können. Ein fachliches Datenmodell kann somit als semantische Klammer über eine fragmentierte Datenlandschaft genutzt werden und bildet die Grundlage einer integrierten Datenhaltung und modernen Banksteuerung.

Betrachtet wird im Folgenden das Beispiel einer großen europäischen Bank. Im Rahmen der Harmonisierung des Vertragslebenszyklus wurden bei der initialen Analyse des Datenbestandes aller Fachbereiche insgesamt 83 verschiedene, teils fachbereichsindividuelle Datumsfelder identifiziert. Letztendlich konnten durch die Harmonisierung Abstimmdifferenzen im mehrstelligen Millionenbereich eingespart werden, und somit die Effizienzen insbesondere in den Fachbereichen gesteigert werden (s. Abb. 6).

Abb. 6: Kundenbeispiel fachübergreifender Vertragslebenszyklus

[1] Vgl. hierzu auch EZB-Chefaufseher Andrea Enria: "Institute mit angemessenen Fähigkeiten bei der Risikodatenaggregation und der Berichterstattung sind immer noch die Ausnahme, obwohl die Finanzaufsicht in diesem Bereich in den vergangenen Jahren den Druck erhöht und zahlreiche Mängel identifiziert hat." (vgl. Atzler, 2023).

3.2.1 Moderne Ansätze zur Lösung des Datenharmonisierungsproblems

Im Rahmen der technischen Umsetzung integrierter Datenhaushalte kamen in der Banksteuerung bislang vor allem zentrale Ansätze wie Data Warehouse-Architekturen zum Einsatz. Aufgrund der Herausforderungen, mit denen herkömmliche zentralisierte Datenverwaltungsansätze konfrontiert sind, wie z. B. dem Mangel an Verantwortung über Daten und Datenqualität, kommen in führenden Häusern zunehmend dezentrale Ansätze der Datenverwaltung wie z. B. Data Mesh zum Einsatz.

Mit Data Mesh wird die Verantwortung von Daten dezentralisiert und auf verschiedene Bereiche verteilt, anstatt von einem zentralen Team kontrolliert zu werden. Dies ermöglicht es Fachleuten, die Verantwortung für die von ihnen erzeugten Daten zu übernehmen und ein größeres Mitspracherecht bei der Verwaltung und Nutzung der Daten zu haben. Infolgedessen sind sie stärker daran interessiert, die Qualität und Genauigkeit der Daten sicherzustellen. Einhergehend mit dem erhöhten Mitspracherecht werden Datenproduzenten bei diesem Ansatz vermehrt in die Pflicht genommen, die Verantwortung für Datenprodukte und deren Datenqualität zu übernehmen.

Die Vorteile eines integrierten Datenhaushaltes sind erheblich: Laut Harvard Business Review verschwenden Fachkräfte 50 % ihrer Zeit mit der Suche nach Daten sowie dem Finden und Korrigieren von Fehlern.[1] Beim Aufbau eines integrierten Datenhaushalts in Verbindung mit einer verbesserten Datenqualität können somit insbesondere in den Fachbereichen Effizienzen gehoben (z. B. durch Vermeidung aufwendiger Abstimmungsprozesse und Überleitungsrechnungen) und Kosteneinsparungen erreicht werden. Darüber hinaus können durch einen integrierten Datenhaushalt und eine Verbesserung der Datenqualität die Entscheidungsgrundlagen und Handlungsempfehlungen für die Entscheidungsträger auch qualitativ verbessert werden.

[1] Vgl. Redman, 2013.

3.2.2 Verwendung integrierter Analyse- und Simulationstools in der Gesamtbanksteuerung

Ein integrierter Datenhaushalt bildet gleichzeitig die Basis für verbesserte Analyse- und Simulationsmöglichkeiten. Im Gesamtbanksteuerungskontext kommt hierbei der Planungs- und Simulationsrechnung eine wesentliche Bedeutung zu. Während in vielen Häusern noch umfassende bereichsindividuelle, z. T. parallel ablaufende Planungs- und Simulationsprozesse durchgeführt werden, mit unterschiedlichen Daten und z. T. nicht aufeinander abgestimmten Szenarien und Berechnungslogiken, kommen in führenden Häusern zunehmend integrierte Lösungen zum Einsatz, die fachbereichsübergreifend harmonisierte Ergebnisse sowohl für interne als auch externe Zwecke liefern.

Grundlage hierfür bilden immer leistungsfähigere IT-Tools, die in der Lage sind, bereichsübergreifende Funktionalitäten abzubilden und sich in integrierte "Planning Ecosystems" einfügen. In der Folge können die heute sehr aufwändigen Planungs- und Simulationsprozesse signifikant vereinfacht und beschleunigt werden.

Fachlich bildet das Rückgrat solcher Planungslösungen ein klares Verständnis der Wirkungszusammenhänge und der Wert-/Risikotreiber im Unternehmen. Auf Basis solcher Werttreiberbäume nutzen führende Häuser bereits fortgeschrittene, KI-basi...

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