OFD Karlsruhe, Verfügung v. 21.8.2017, S 1445 - St 422
Bezug: Urteil des BFH vom 16.12.2014, VIII R 52/12
Der BFH hat mit dem o.g. Urteil vom 16.12.2014 entschieden, dass die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung die Herausgabe digitalisierter Steuerdaten zur Speicherung und Auswertung auf mobilen Rechnern der Prüferinnern und Prüfer nur verlangen kann, wenn Datenzugriff und -auswertung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen/der Steuerpflichtigen oder in den Diensträumen der Finanzverwaltung stattfinden.
Des Weiteren sei eine Speicherung von Daten über den tatsächlichen Abschluss der Prüfung hinaus durch § 147 Absatz 6 Satz 2 AO nur gedeckt, soweit und solange die Daten noch für Zwecke des Besteuerungsverfahrens (z.B. bis zum Abschluss etwaiger Rechtsbehelfsverfahren) benötigt werden.
Im Rahmen eines Klimagesprächs mit dem BFH erörterte das BMF das o.g. BFH-Urteil mit dem Ergebnis, dass der BFH eine Veröffentlichung dieses Urteils im Bundessteuerblatt nicht anmahnen wird. Eine Veröffentlichung ist nicht mehr vorgesehen. Das BMF vertritt folgende Rechtsauffassung (BMF-Schreiben vom 17.8.2016, IV A 4 – S 0069/15/10010):
Nach Auffassung des BMF ist das Urteil des BFH dahingehend auszulegen, dass die Daten, die im Rahmen einer Außenprüfung in digitaler Form überlassen wurden, für den Zeitraum der Prüfung auf dem Notebook der Prüferin/des Prüfers verbleiben dürfen. Dies gilt auch z.B. für Fahrten zwischen Wohnung und Amtsstelle außerhalb der Dienstzeit in einem privaten PKW und in einer Wohnung bzw. im Privatbereich, sofern an diesen Orten die Daten nicht erhoben bzw. verarbeitet werden.
§ 200 Absatz 2 Satz 1 AO i.V.m. § 6 BpO 2000 steht einer Außenprüfung am Heimarbeitsplatz nicht entgegen. Ist ein geeigneter Geschäftsraum nicht vorhanden und kann die Außenprüfung nicht in den Wohnräumen der/des Steuerpflichtigen stattfinden, ist an Amtsstelle zu prüfen (§ 200 Abs. 2 AO). § 6 Satz 3 BpO 2000 enthält eine Ausnahmeregelung: Ein anderer Prüfungsort kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Durch die Genehmigung des Finanzamtes, wonach die Prüferin/der Prüfer Außenprüferaufgaben oder prüfungsbegleitende Tätigkeiten in der eigenen Wohnung am Heimarbeitsplatz verrichten darf, wird der Heimarbeitsplatz den Diensträumen des Finanzamtes gleichgestellt – in Verbindung mit der Erklärung zum Steuergeheimnis und zum Datenschutz.
Bei mehreren Prüfungen, die parallel vorgenommen werden und noch nicht abgeschlossen sind, sind Daten fremder Prüfungen in Geschäftsräumen anderer einer Außenprüfung unterworfener Steuerpflichtiger zulässig, sofern an diesen Orten die Daten fremder Prüfungen nicht erhoben bzw. verarbeitet werden.
Des Weiteren bittet das Bp-Referat der OFD Karlsruhe um die Beachtung der drei folgenden Punkte:
1. Prüfungsanordnung
Die Anordnung zur Überlassung eines digitalen Datenträgers gehört nicht zum zwingenden Inhalt einer Prüfungsanordnung, § 5 Absatz 3 Satz 2 BpO. Im Unterschied zur Prüfungsanordnung ist für die Aufforderung zur Überlassung eines digitalen Datenträgers keine Schriftform vorgesehen, weshalb diese auch mündlich erfolgen kann. Abgesehen von der bundeseinheitlichen Rechtsbehelfsbelehrung muss die Prüfungsanordnung zum Datenzugriff auch keine Ausführungen enthalten. In den Fällen, in denen die Finanzbehörde eine schriftliche Anordnung zur Überlassung eines digitalen Datenträgers für erforderlich hält, kann sie diese mit der Prüfungsanordnung verbinden.
Um allerdings Einsprüche gegen Prüfungsanordnungen zu vermeiden (vgl. Urteil des BFH vom 16.12.2014a.a.O.), empfiehlt das Bp Referat der OFD Karlsruhe, die Prüfungsanordnung und, falls erforderlich, die Anordnung zur Überlassung digitaler Datenträger in gesonderten Schreiben an den zu prüfenden Betrieb zu verfassen.
Den entsprechenden Vordruck S 1 – 409 „Anforderung Datenträger” hat die OFD im TVS-Explorer unter dem Pfad „Formulare” → „Bp-Vorlagen” → „Prüfungsvorbereitung” bereits eingestellt. Aus Gründen der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit dieser Verfügung lege ich diesen Vordruck als Anlage zu dieser Verfügung bei.
Einsprüche gegen Prüfungsanordnungen oder Anordnungen zur Überlassung eines digitalen Datenträgers, die sich auf das oben genannte Urteil beziehen, sind dem Bp-Referat der OFD Karlsruhe zu melden (vgl. TOP 7 BpHSGL 2015).
2. Anforderung des Datenträgers
Die Verpflichtung zur Überlassung eines Datenträgers ergibt sich aus den Mitwirkungspflichten gemäß § 200 Absatz 1 Satz 2 AO i.V.m. § 147 Absatz 6 Satz 2 AO. Diese Mitwirkungspflichten entstehen erst mit dem in der Regel in der Prüfungsanordnung als Beginn der Prüfung genannten Termin. Daher besteht kein Rechtsanspruch auf Überlassung des Datenträgers vor diesem Termin. Erfolgt diese Überlassung dennoch vor dem in der Prüfungsanordnung bestimmten Termin, geschieht dies auf rein freiwilliger Basis ohne jedwede rechtliche Verpflichtung. Sollte der/die Steuerpflichtige die Herausgabe des Datenträgers vor Prüfungsbeginn verweigern, kann dies deswegen nicht sanktioniert werden.
Der Vorteil e...