Leitsatz
Bei der Ermittlung des für den Progressionsvorbehalt zu berechnenden besonderen Einkommensteuersatzes nach § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 sind die nach einem DBA steuerfreien ausländischen Einkünfte, um die das nach § 32a Abs. 1 EStG 1997 zu versteuernde Einkommen zu vermehren ist, um die tatsächlich angefallenen Werbungskosten zu kürzen. Das gilt auch dann, wenn bei der Ermittlung des im Inland zu versteuernden Einkommens der sog. Arbeitnehmer-Pauschbetrag gem. § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 gewährt wurde.
Normenkette
§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 19 EStG , § 32a Abs. 1 EStG , § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG , Abs. 2 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Ein inländischer Arbeitnehmer erhielt neben geringen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Lohnersatzleistungen (Arbeitslosen- und Krankengeld) in Höhe von 8.919 DM. Er erzielte im ersten Halbjahr 2001 im Inland einen Bruttoarbeitslohn von 29.880 DM, dem Werbungskosten von 686 DM gegenüberstanden. In der zweiten Jahreshälfte 2001 war er bei einem in Luxemburg ansässigen Arbeitgeber beschäftigt und erzielte dort Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von umgerechnet 19.415 DM. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit machte er Werbungskosten von 8.700 DM geltend.
Das FA bezog bei der Bemessung des Steuersatzes gem. § 32b Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 die ausländischen Einkünfte des Klägers in Höhe von 12.029 DM ein, die es wie folgt ermittelte: Bei den inländischen Einkünften zog das FA den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gem. § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 i.H.v. 2.000 DM ab. Bei den luxemburgischen Einkünften gelangten hingegen die tatsächlichen Werbungskosten in Ansatz, dies allerdings nicht in voller Höhe von 8.700 DM, sondern diese gekürzt um den verbleibenden, bei den inländischen Einkünften nicht ausgenutzten Unterschiedsbetrag von 7.386 DM zwischen den gesamten angefallenen Werbungskosten und dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag.
Das FG gab dem klagenden Arbeitnehmer Recht: Der Pauschbetrag sei nicht aufzuteilen.
Entscheidung
Das wurde vom BFH bestätigt. Eine Aufteilung des Pauschbetrags komme nicht in Betracht.
Hinweis
1. Erzielt ein im Inland ansässiger Arbeitnehmer im Inland wie im Ausland Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, dann sind die ausländischen Einkünfte im Inland gemeinhin nach Maßgabe des einschlägigen DBA steuerbefreit. Allerdings: Ganz ungeschoren kommt der Arbeitnehmer auch im Inland mit den im Ausland erzielten Einkünften nicht davon. Sie sind im Rahmen des Progressionsvorbehalts gem. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen.
2. Zu Letzterem ist ein besonderer Steuersatz zu ermitteln. Das ist jener, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer das nach § 32a Abs. 1 EStG 1997 zu versteuernde Einkommen um die nach dem DBA steuerfreien ausländischen Einkünfte vermehrt wird (§ 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997). Das nach § 32a Abs. 1 EStG 1997 zu versteuernde Einkommen bestimmt sich nach Maßgabe der in § 2 Abs. 5 Satz 1 EStG 1997 gegebenen Definition unter Zugrundelegung der Abs. 1 bis 4 dieser Vorschrift, im Fall von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 19 EStG 1997) also nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 durch Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten und hierbei unter Gewährung des sog. Arbeitnehmer-Pauschbetrags gem. § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1997 in Höhe von 2.000 DM (derzeit 1.044 5; ab dem VZ 2004: 920 5), sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden. Das zu versteuernde Einkommen ist um die steuerfreien ausländischen Einkünfte zu vermehren. Diese Einkünfte errechnen sich ihrerseits nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1997 als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
3. Das bedeutet: Für das inländische zu versteuernde Einkommen ist der Pauschbetrag gem. § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG 1997 zu gewähren, sofern keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden. Bei den ausländischen Einkünften sind hingegen die tatsächlichen Werbungskosten anzusetzen. Für eine Aufteilung des zuvor abgezogenen Pauschbetrags und dessen anteilige Berücksichtigung bei den ausländischen Einkünften belässt das Gesetz keinen Raum.
4. Damit wird ein Steuerpflichtiger mit in- und ausländischen Einkünften im Ergebnis besser gestellt als ein Steuerpflichtiger mit ausschließlich inländischen Einkünften. Letzterem würde der Pauschbetrag nicht gewährt, wenn die tatsächlichen Gesamt-Werbungskosten diesen übersteigen. Die unterschiedliche Behandlung widerspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip, das durch den Progressionsvorbehalt gerade gewährleistet werden soll.
Das Ergebnis ist dennoch in Kauf zu nehmen, hat der Gesetzgeber § 32b EStG doch gerade in diesem Sinn geändert, um – im Gegensatz zu der früheren Rechtslage nach Maßgabe des § 32b Abs. 2 EStG 1990 i.d.F. bis zu dessen Änderung durch das JStG 1996 vom 11.10.1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) – insbesondere keine sog. Schattenveranlagung mehr durchzuführen ist, die die nur einmalige Verrechnung der tatsächlich angefallenen Werbungskosten mi...