Im Folgenden sollen einige Instrumente vorgestellt werden, die für das Steuern im VUCA-Umfeld hilfreich sind.
4.1 Risikodialog institutionalisieren
Im Bereich des Risikomanagements gibt es zwischenzeitlich jede Menge Tools, mit denen man Risiken mit Hilfe analytischer Methoden bewerten kann. Dies ist zweifellos wichtig. Dabei darf man aber den Dialog über das Risiko nicht außer Acht lassen, denn das entscheidende beim Umgang mit Risiken ist nicht so sehr das hochkomplexe Analysetool – bei dem zudem noch das Risiko besteht, dass die Ergebnisse von den Entscheidern nur unzureichend verstanden werden, wie es beispielsweise bei der Finanzkrise der Fall war.
Sondern, dass man sich über die Risiken unterhält, damit man sie versteht und sie als Organisation bewusst eingeht. Eine gute Methode für den Risikodialog ist beispielsweise der Project Pre-Mortem von Gary Klein.
4.2 Fragetechniken anwenden
Fragetechniken sind eine der wichtigsten Methoden, um im unsicheren Umfeld erfolgreich bestehen zu können. Sie sind das Tool, um die oben erwähnte konstruktiv zweifelnde Haltung umzusetzen. Natürlich kann man hier checklistenartig Fragen abspulen. Entscheidend ist aber die Haltung, die mit der Anwendung dieser Methode ins Handeln übersetzt werden soll. Und das ist die des Skeptikers, der einfach nicht alles glaubt, was er sieht, hört oder liest. Und damit schließt sich der Kreis, denn hier sind wir bei einer Aufgabe von Controllern, die schon immer als sehr wichtig galt, die aber im VUCA-Umfeld nochmals an Bedeutung zunimmt: Controller sollen die Manager "challengen". Das ist exakt die Rolle des Skeptikers, die dem Controller zugewiesen wird. Und es gilt: Je unsicherer das Umfeld, umso wichtiger wird diese Rolle des Skeptikers, des Challengers in Chief, des Devil's Advocate, des Sparringspartners, der Contre Rôle – oder wie auch immer man diese Aufgabe bezeichnen mag.
Eine der wichtigsten Fragen ist dabei die von Sir Karl Popper: "Was spricht gegen die Richtigkeit meiner Annahmen?" Diese Frage ist nicht nur eine Frage, sondern sie drückt – sofern sie ernst gemeint ist – eine Haltung aus. Sich zu fragen, weshalb man falsch liegen könnte, gilt im Übrigen auch als die wichtigste Debiasing-Strategie, d. h. eine Strategie, um eigene Wahrnehmungsverzerrungen zu erkennen.
4.3 Perspektivwechsel vornehmen
Gute Entscheidungen brauchen "active open-mindedness". Die Methoden des Perspektivwechsels sind hierfür wichtige Werkzeuge, weil sie helfen, Unsicherheiten und Ambiguitäten zu verstehen und Risiken zu identifizieren. "Active" weist darauf hin, dass wir eigentlich nicht nur Perspektivwechsler, sondern Perspektivsucher sein müssen. Henry Ford hat die Notwendigkeit des Perspektivwechsels einmal sehr treffend wie folgt begründet "If there is any one secret of success, it lies in the ability to get the other person's point of view and see things from that person's angle as well as from our own." Darüber hinaus ist der Perspektivwechsel auch eine gute Methode, um ein möglicherweise vorhandenes Schwarz-Weiß-Denken zugunsten der Betrachtung einer Bandbreite von Perspektiven zu überwinden.
Für den Perspektivwechsel gibt es mittlerweile eine Vielzahl von sehr guten Instrumenten, von denen nur einige beispielhaft genannt werden sollen:
- Stakeholder-Analyse
- Kognitive Konflikte in Form von Dissens
- Outside View
- Beginner's Mind.
Die Fähigkeit zum Dissens (oder die Fähigkeit zum kognitiven oder zum konstruktiven Konflikt) soll hier beispielhaft herausgegriffen werden, da sie heute in der Theorie als eine der Kernfähigkeiten angesehen wird, um zu guten Entscheidungen zu gelangen.
Grund ist, dass echter Dissens die Flexibilität im Denken erhöht und divergentes Denken stimuliert. Also genau das, was auch in einem VUCA-Umfeld essentiell ist. Dies bestätigt auch eine Studie von McKinsey.
Danach ist bei sogenannten "big bet"-Entscheidungen, das sind die grundlegenden und wichtigen Entscheidungen, die Qualität der Diskussion die wichtigste Erklärungsvariable für den Erfolg der Entscheidung. Eine hohe Qualität der Diskussion erfordert drei Dinge: Erstens, die Erkundung von Annahmen und Alternativen jenseits der vorhandenen Informationen. Zweitens, die aktive Suche nach Disconfirming Evidence. Und drittens, das Vorhandensein eines Advocatus Diaboli.
4.4 Fehler- und Lernkultur etablieren
Das Thema Fehlerkultur hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen, d. h. viele Organisationen arbeiten intensiv an der Etablierung einer oder der Verbesserung ihrer vorhandenen Fehlerkultur. Grund ist, dass Unternehmen Risiken eingehen müssen, um ihren Fortbestand zu sichern. In einer positiven Fehlerkultur werden Fehler als Chance gesehen, Erkenntnisse zu gewinnen und zu lernen, während in einer negativen Fehlerkultur die Devise gilt, dass Fehler nicht passieren dürfen. Letzteres führt dann dazu, dass Unternehmen Chancen nicht wahrnehmen, weil eine angemessene Risikobereitschaft fehlt.
Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang auch, die Kultur der Organisation in Bezug auf di...