Leitsatz
Der Verzicht auf eine private Kapitalforderung ist anders als der Ausfall einer solchen Forderung nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. An dieser steuerrechtlichen Behandlung hat sich durch die Neufassung des § 20 Abs. 2 EStG ab dem Jahr 2009 nichts geändert.
Sachverhalt
Der Kläger hatte im Jahr 2011 einer Gesellschaft ein verzinsliches Darlehen i. H. v. 20.000 EUR gewährt. Im Jahr 2012 verzichtete der Kläger wegen finanzieller Schwierigkeiten der Gesellschaft auf die Rückzahlung von 18.000 EUR. Diesen Darlehensverzicht verrechnete der Kläger mit positiven Einnahmen aus Kapitalvermögen des Jahres 2012. Das Finanzamt erkannte diesen Verlust als Vorgang auf der Vermögensebene nicht an. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach Auffassung des Finanzgerichts unterfällt der freiwillige Verzicht auf eine Kapitalforderung weder dem Veräußerungsbegriff i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG noch stellt er einen der der Veräußerung gleichgestellten Ersatztatbestände i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG dar. Als Veräußerung gelten demnach auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung und die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Im Streitfall sei der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht tangiert, weil der Verzicht auf eine Kapitalforderung keinen der dort abschließend aufgezählten Realisationstatbestände darstellt.
Der Gesetzgeber habe mit der Regelung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG eine Aufzählung in das Gesetz aufnehmen wollen, die gewährleistet, dass alle realisierten positiven Wertzuwächse erfasst werden. Eine derart umfassende steuerliche Verstrickung der Wertzuwächse bei Kapitalforderungen jeder Art führe unter dem Gesichtspunkt der Folgerichtigkeit dazu, dass es bei Vermögensstamm keine steuerlich irrelevante Vermögensebene mehr gibt und der Untergang einer privaten Kapitalanlage konsequenterweise steuerlich berücksichtigt werden muss. Dafür spreche auch, dass derjenige, der einen Totalausfall einer steuerverstrickten Kapitalanlage erleide, in seiner Leistungsfähigkeit genauso beeinträchtigt ist, wie derjenige, der für seine an sich wertlose Kapitalanlage wenigstens noch eine Rückzahlung von einem Euro erlangen kann. Derjenige, der auf die Rückzahlung jedoch freiwillig verzichtet, ist nach Auffassung des Finanzgerichts mit demjenigen, der einen Totalausfall wegen Uneinbringlichkeit erleidet, nicht zu vergleichen. Er habe es selbst in der Hand, sowohl den Eintritt des Verlustes als auch den Zeitpunkt zu bestimmen. Es bestehe die Gefahr, dass durch eine solche Gestaltung der Verlust gezielt herbeigeführt wird und dass steuerliche Verluste generiert werden, obwohl die Kapitalanlage letztendlich noch werthaltig bzw. noch nicht endgültig untergegangen war.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.07.2016, 3 K 1133/14