Dr. Björn-Axel Dißars, Dr. Ulf-Christian Dißars
Leitsatz
Bei beschränkter Steuerpflicht hat Deutschland das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Unterschiedsbetrags im Rahmen der Tonnagesteuer.
Sachverhalt
Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Belgien. Seit 2003 war er an einer Einschiffs-KG in Deutschland beteiligt. Diese KG betrieb ein Seeschiff im internationalen Verkehr und ermittelte ab 2006 ihren Gewinn nach der Tonnage (§ 5a EStG). In 2006 und 2008 übertrug der Kläger seinen Gesellschaftsanteil. Das Finanzamt stellte die Einkünfte der KG gesondert und einheitlich fest und wies dem Kläger hierbei seinen Anteil am Unterschiedsbetrag als laufenden Gewinn zu. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass es sich bei dem Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrags um einen Veräußerungsgewinn handele, für den das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat, hier Belgien, liege. Das Finanzamt lehnte den Antrag des Klägers ab, da es sich bei diesem Gewinn um einen laufenden Gewinn handele. Das Besteuerungsrecht hierfür liege bei Deutschland.
Entscheidung
Das Finanzamt wies die Klage als unbegründet ab, da das Besteuerungsrecht hinsichtlich des Unterschiedsbetrages bei Deutschland liege. Unstreitig war, dass es aufgrund der Veräußerung der Beteiligung zu einer Realisation des Unterschiedsbetrages gekommen war. Der Ertrag aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages sei entgegen der Ansicht des Klägers ein laufender Unternehmensgewinn und kein Veräußerungsgewinn. Nach dem DBA seinen Unternehmensgewinne in dem Sitzstaat des Unternehmens zu versteuern, es sei denn in Belgien seien diese durch eine Betriebsstätte erzielt worden. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Hiervon abgesehen, hätte Deutschland selbst im Fall der Annahme eines Veräußerungsgewinns das Besteuerungsrecht gehabt, da der Gewinn der deutschen Betriebsstätte zuzurechnen gewesen wäre. Dies gelte unabhängig davon, ob die KG selber abkommensberechtigt gewesen sei oder nicht.
Hinweis
Das Urteil betrifft die sehr interessante Konstellation, in der ein beschränkt Steuerpflichtiger einen Gewinn aus der Auflösung des sogenannten Unterschiedsbetrages bei der Tonnagesteuer erzielt. Obwohl dieses ein oftmals anzutreffender Fall ist, scheint dieses Urteil die erste Entscheidung zu sein, in der Rechtsfragen in diesem Zusammenhang durch ein FG zu entscheiden waren. Das Urteil folgt dabei in seiner Argumentation der - allerdings meines Erachtens fraglichen - Rechtsprechung des BFH. Dieser hat entschieden, dass der Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages laufender Gewinn und kein Veräußerungsgewinn ist (BFH, Urteil v 19.7.2011, IV R 40/08, BFH/NV 2012 S. 393) und auch der Gewerbesteuer unterliegt (BFH, Urteil v. 13.12.2007, IV R 92/08, BStBl 2008 II S. 583). Ist man über diese Brücke gegangen, sieht also den Gewinn aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages als laufenden Gewinn an, erscheint die Behandlung des Gewinns für Zwecke der Zuweisung des Besteuerungsrechts zwangsläufig. Dieser Gewinn ist dem Ansässigkeitsstaat Deutschland zuzuweisen (vgl. auch BMF, Schreiben v. 16.4.2010, IV B 2 - S 1300/09/10003, BStBl 2010 I S. 354, v. a. Abschnitt 3). Insofern erscheint das Urteil zutreffend.
Allerdings wird darüber hinaus ausgeführt, dass selbst im Fall der Annahme eines Veräußerungsgewinns Deutschland das Besteuerungsrecht zustehen würde. Auch dies ist zutreffend, doch stellt sich die Frage, warum das Gericht diese nach seinem Verständnis doch überflüssigen Ausführungen macht. In jedem Fall interessant wird sein, wie der für das internationale Steuerrecht zuständige I. Senat des BFH die Rechtsfrage wertet, denn die meines Erachtens falschen Einstufungen des Gewinns aus der Auflösung des Unterschiedsbetrages wurde sämtlich von einem anderen Senat des BFH getroffen.
Das Urteil ist vorerst nicht rechtskräftig. Das Aktenzeichend des BFH ist I R 67/12.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 08.08.2012, 2 K 221/11