Leitsatz
Die in § 36 Abs. 7 KStG auf den 31.12.2001 festzustellenden Endbestände und die damit verknüpften Umgliederungsregelungen sind aufgrund ihres typisierenden Ansatzes trotz nachteiliger Wirkungen für einzelne Steuerpflichtige in jeder denkbaren Hinsicht verfassungsgemäß.
Sachverhalt
Eine GmbH ging gegen Steuerbescheide mit Festsetzung auf den 31.12.2001 vor, in denen nach den Umgliederungsvorschriften des § 36 KStG der Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren vollzogen wurde. Im Einzelnen wurden zum Ende des Wirtschaftsjahres, auf welches das Körperschaftsteuergesetz 1999 letztmals anzuwenden war, folgende Endbestände festgestellt:
EK 45: |
422.164 DM |
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EK 40: |
778 DM |
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EK 02: |
- 174.273 DM |
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Nach der Verringerung des Bestandes an EK 45 aufgrund von Ausschüttungen i. S. des § 36 Abs. 2 Satz 1 KStG in Höhe von 196.428 DM wurde das in Höhe von 225.736 DM verbleibende EK 45 nach § 36 Abs. 3 KStG in 277.039 DM EK 40 und in minus 51.303 DM EK 02 umgegliedert. Entsprechend der Regelung in § 36 Abs. 4 KStG wurde das negative EK 02 (in Höhe von nunmehr insgesamt minus 225.576 DM) mit dem Positivbestand an EK 40 verrechnet. Daraus ergab sich ein EK 40 in Höhe von 52.241 DM und ein verbleibendes Körperschaftsteuerguthaben in Höhe eines Sechstels davon (8.707 DM bzw. 4.452 EUR). Die klagende GmbH wandte sich gegen die "Vernichtung" von Körperschaftsteueranrechnungsguthaben durch Verrechnung von positivem EK 40 mit negativem EK 02 und begründete dies mit der Systemwidrigkeit sowie mit verfassungsrechtlichen Bedenken.
Entscheidung
Das FG gelangt zu der Auffassung, dass die gerügten Regelungen die Klägerin zwar nachteilig betreffen, jedoch keine rechtlich oder auch verfassungsrechtlich gestützte Position dieser Folge des Systemwechsels vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren in der Körperschaftsbesteuerung verhindern kann. Einerseits weist das FG darauf hin, dass schon nach dem bisherigen System das Herabschleusen der Körperschaftsteuer auf die Tarifbelastung bei der Ausschüttung für die Körperschaft selbst materiellrechtlich keine Bedeutung hatte sondern allenfalls für die Anteilseigner. Belastungsmomente fielen auch im alten System zeitlich auseinander, und der Anspruch auf Anrechnung oder Erstattung der von der Kapitalgesellschaft gezahlten Körperschaftsteuer ist nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 EStG ausschließlich und originär in der Person des Anrechnungs- bzw. Erstattungsberechtigten entstanden. Demgegenüber basiert das neue System auf einer Definitivbelastung bei der Körperschaft und einer typisierenden hälftigen Berücksichtigung der Ausschüttungen beim Anteilseigner. Beim Systemwechsel musste der Gesetzgeber eine typisierende Regelung finden, die aus Vereinfachungsgründen nicht für jeden Sachverhalt volle Steuergerechtigkeit bereitstellen kann. Das FG zählt dabei verschiedene Benachteiligungsformen in einzelnen Konstellationen auf - aber auch Vergünstigungen, die durch den Systemwechsel bedingt sind, vor allem, wenn man die gleichzeitige und nachfolgende Entlastung beim Spitzensteuersatz mit in Rechnung stellt.
Verfassungsrechtliche Bedenken räumt das Gericht in jeder Hinsicht aus.
Hinweis
Das FG München hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Damit steht erstmals die Vernichtung von Körperschaftsteuerguthaben durch die zwingende Verrechnung von negativem EK 02 mit positivem EK 40 auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Dies ist dann der Fall, wenn das durch Verluste oder verdeckte Gewinnausschüttungen entstandene negative EK 02 vor dem maßgeblichen Zeitpunkt 31.12.2001 nicht mehr durch entsprechende Maßnahmen ausgeglichen werden konnte. Auch wenn dieses Ergebnis im Einzelfall ungerecht erscheint, stützt sich das Hauptargument des Gerichts darauf, dass die Körperschaft als solche gerade keinen, etwa als eigentumsähnliches Recht ausgestalteten, Anspruch gegen den Fiskus auf ein anrechenbares Körperschaftsteuerguthaben hat, das durch die Umgliederung vernichtet wird. Insgesamt dürfte die Revision das Urteil bestätigen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 09.06.2005, 7 K 2891/03