Leitsatz
Beschäftigt ein Trägerunternehmen einer Gruppenunterstützungskasse, die noch keine Leistungen gewährt, keine Leistungsanwärter, die älter als 55 Jahre sind, kann es nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG 1990 seine Zuwendungen an die Gruppenunterstützungskasse nicht abziehen.
Normenkette
§ 4d EStG
Sachverhalt
Der Kläger war selbstständiger Steuerberater eines der Trägerunternehmen einer Gruppenunterstützungskasse für mittelständische Unternehmen (U-Kasse). Im Jahr 1990 meldete er dem Versorgungswerk neun Arbeitnehmer im Alter von 21 bis 40 Jahren und im Jahr 1991 zwölf Arbeitnehmer im Alter von 19 bis 42 Jahren, denen er monatliche Rentenleistungen zwischen 100 und 200 DM zugesagt hatte. Der U-Kasse wendete er in diesen Jahren 30.000 bzw. 99.000 DM zu, die er als Betriebsausgaben abzog.
Das FA versagte den Abzug, nachdem es bei einer Außenprüfung festgestellt hatte, dass die U-Kasse in den Streitjahren noch keine Leistungen gewährte und der älteste Leistungsanwärter ein über 55 Jahre alter Freiberufler – also kein Arbeitnehmer – war.
Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Die Zuwendungen des Klägers an die U-Kasse seien zwar betrieblich veranlasst. Der abziehbare Höchstbetrag betrage aber 0 DM, weil keiner der Arbeitnehmer über 55 Jahre alt gewesen sei.
Hinweis
1.§ 4d EStG regelt den steuerlich höchstens zulässigen Aufwand der Unternehmen für die betriebliche Altersversorgung über eine Unterstützungskasse (ähnlich wie § 4c EStG für die Pensionskassen). Anders als die Pensionskasse gewährt die Unterstützungskasse auf ihre Leistungen keinen Rechtsanspruch (vgl. § 1 Abs. 4 BetrAVG; so auch R 27a Abs. 1 EStR).
Um zu verhindern, dass die Arbeitgeber als Trägerunternehmen in ertragsstarken Jahren der Unterstützungskasse Gewinne zukommen lassen und dadurch die Bemessungsgrundlage für ihre Besteuerung willkürlich beeinflussen, enthält § 4d EStG erhebliche Abzugseinschränkungen und -verbote. Um solche geht es im Besprechungsfall.
2. Der Kläger hat der Unterstützungskasse (U-Kasse) in den Streitjahren zwar 30.000 DM bzw. 99.000 DM zugewendet, dennoch kann er die Zuwendungen nicht als Betriebsausgaben abziehen. Sein nach § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG abziehbarer Höchstbetrag beträgt 0 DM, weil die U-Kasse in den Streitjahren weder laufende Leistungen erbracht hatte noch der Kläger der Kasse einen über 55 Jahre alten Arbeitnehmer als Leistungsanwärter gemeldet hatte.
3. Die Tatsache, dass neben dem Kläger noch andere Trägerunternehmen ihre betrieblichen Versorgungszusagen über die U-Kasse finanzieren und deren Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug von Zuwendungen erfüllen, hat keinen Einfluss auf die steuerrechtliche Beurteilung der vom Kläger erbrachten Zuwendungen. Denn der Begriff des Leistungsanwärters ist nach dem Sinn und Zweck der Regelungen in § 4d EStG unternehmensbezogen auszulegen. Man spricht insoweit von einer Segmentierung der Leistungsanwärter.
Ohne eine solche Segmentierung ergäbe sich als Rechtsfolge, dass z.B. jedes Trägerunternehmen einer U-Kasse das Deckungskapital für die laufenden Leistungen an betriebsfremde Personen abziehen könnte oder dass der abziehbare Betrag sich nach weit höheren Versorgungszusagen anderer Trägerunternehmen richten würde. Das würde dem Zweck der Norm widersprechen, den Umfang der abziehbaren Aufwendungen dem Umfang der vorgesehenen Versorgungsleistungen anzunähern. Deshalb dient diese Gesetzesauslegung zugleich der Vermeidung von Gestaltungsmissbräuchen.
4. In der ab 1992 geltenden Neufassung des § 4d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG kommt die unternehmensbezogene Auslegung im Gesetzestext zum Ausdruck. Dort wird in Satz 5 klargestellt, dass Zuwendungen für das Reservepolster nur anzuerkennen sind, soweit die Leistungsanwärter ehemalige Arbeitnehmer des Trägerunternehmens oder diesen gleich gestellte Personen sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.1.2003, XI R 10/02