Leitsatz
Die Differenzbesteuerung ist auch dann anwendbar, wenn ein Unternehmer Gegenstände liefert, die er gewonnen hat, indem er zuvor von ihm erworbene Gebrauchtfahrzeuge zerlegt hat.
Normenkette
§ 25a Abs. 1 UStG, Art. 311 Abs. 1 Nr. 1, Art. 315, Art. 318 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger kaufte in den Jahren 2009 bis 2011 häufig nicht mehr fahrtüchtige Gebrauchtfahrzeuge von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet an, zerlegte sie in ihre Einzelteile und verkaufte diese Einzelteile, insbesondere über eine Auktionsplattform. Er wendete dabei die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG an. Das FA ging demgegenüber von Umsätzen aus, die der Regelbesteuerung unterliegen. Einspruch und Klage zum FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1.10.2015, 7 K 7183/13, Haufe-Index 8703406, EFG 2015, 2249) hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil des FG auf und wies die Sache an das FG zurück. Der Kläger sei im Grundsatz zur Anwendung von § 25a UStG berechtigt. Es seien aber weitere Feststellungen zur Differenzbildung zu treffen.
Hinweis
1. Nach § 25a Abs. 1 UStG gilt für die Lieferungen von beweglichen körperlichen Gegenständen unter bestimmten Voraussetzungen die sog. Differenzbesteuerung.
Zu den Voraussetzungen hierfür gehört insbesondere, dass der Unternehmer ein Wiederverkäufer ist. Als Wiederverkäufer gilt insbesondere, wer gewerbsmäßig mit beweglichen körperlichen Gegenständen handelt. Die Gegenstände müssen an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert worden sein, wobei für diese Lieferung Umsatzsteuer entweder nicht geschuldet oder nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben oder die Differenzbesteuerung angewendet wurde. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 311 ff. MwStSystRL. § 25a UStG ist dementsprechend richtlinienkonform auszulegen.
2. Handelt ein Unternehmer mit Fahrzeugteilen, die er durch Zerlegung von zu diesem Zweck erworbenen Fahrzeugen gewinnt, ist er zur Anwendung der Differenzbesteuerung berechtigt.
3. Bei Anwendung der Differenzbesteuerung auf derartige Zerlegungsumsätze ist fraglich, wie die maßgebliche Differenz ermittelt werden kann.
a) Nach § 25a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 UStG wird der Umsatz nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Der Wiederverkäufer kann nach § 25a Abs. 4 Satz 1 UStG die gesamten innerhalb eines Besteuerungszeitraums ausgeführten Umsätze nach dem Gesamtbetrag bemessen, um den die Summe der Verkaufspreise und der Werte nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 UStG die Summe der Einkaufspreise dieses Zeitraums übersteigt (Gesamtdifferenz). Die Besteuerung nach der Gesamtdifferenz ist nach § 25a Abs. 4 Satz 2 UStG nur bei solchen Gegenständen zulässig, deren Einkaufspreis 500 EUR nicht übersteigt. Unionsrechtliche Grundlage dafür sind Art. 315 und Art. 318 MwStSystRL.
b) Wird keine Gesamtdifferenz gebildet, darf der Unternehmer die Einzeldifferenz aber nicht durch Gegenüberstellung der Summe der Einkaufspreise und der Summe der Verkaufspreise aller innerhalb eines bestimmten Bemessungszeitraums gelieferten Gegenstände ermitteln. Erforderlich ist vielmehr, dass der Unternehmer über ggf. mehrere Besteuerungszeiträume den konkreten Einkaufspreis des jeweiligen Fahrzeugs und die konkreten Verkaufspreise der hieraus entnommenen Einzelteile gegenüberstellt. Dies muss sich aus entsprechenden Aufzeichnungen ergeben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 23.2.2017 – V R 37/15