Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
2.1 Sachverhalt
Autohändler A handelt mit gebrauchten Fahrzeugen aller Art. Im Januar 2021 verkauft er u. a. die folgenden Fahrzeuge:
- Einen Kombi, den er für 8.000 EUR von einem Rentner erworben hatte, verkauft er an einen Angestellten zu einem Verkaufspreis von 10.380 EUR.
- Einen Kleintransporter, den er günstig von einem befreundeten Fahrzeughändler für 10.000 EUR (ohne Ausweis von Umsatzsteuer, mit Hinweis auf die Anwendung der Differenzbesteuerung) erworben hatte, verkauft er an den Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs für 13.000 EUR. Da der Käufer das Fahrzeug für seine unternehmerischen Zwecke verwenden möchte, wäre er bereit, Umsatzsteuer auch zusätzlich zu bezahlen.
2.2 Fragestellung
A möchte wissen, wie er die Besteuerung der Verkäufe vornehmen soll und wie er in diesem Fall die Rechnungen auszustellen hat.
2.3 Lösung
A ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist. Zum Rahmen seines Unternehmens gehört der Handel mit den Gebrauchtfahrzeugen. A ist auch Wiederverkäufer i. S. d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG, da er gewerbsmäßig mit solchen Wirtschaftsgütern handelt. A kann damit unter den weiteren Voraussetzungen die Differenzbesteuerung vornehmen.
Der Verkauf der beiden Fahrzeuge ist jeweils eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG, die als Beförderungslieferung dort ausgeführt ist, wo das Fahrzeug abgeholt wird; die Lieferungen sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen auch keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG.
Grundsätzlich müsste A aus dem jeweils erhaltenen Kaufpreis die Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz von 19 % herausrechnen. A kann aber jeweils auch die Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 1 UStG anwenden, da die Voraussetzungen erfüllt sind:
- A gilt als Wiederverkäufer für die Gegenstände,
- die Lieferung an ihn wurde im Gemeinschaftsgebiet ausgeführt,
- bei der Lieferung an ihn ist keine Umsatzsteuer entstanden (bei dem Erwerb des Kombi von dem Nichtunternehmer) bzw. wurde die Differenzbesteuerung (bei dem Erwerb des Kleintransporters) angewendet und
- es handelt sich nicht um Edelsteine oder Edelmetalle.
A kann nach § 25a Abs. 8 UStG auch auf die Anwendung der Differenzbesteuerung verzichten. Dies macht aber bei regelbesteuerten Gegenständen nur dann Sinn, wenn der Kunde bereit ist, die Umsatzsteuer zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis zu entrichten; dies wird bei dem Verkauf des Kombis nicht der Fall sein.
Der Verkauf des Kombi wird deshalb unter Anwendung der Differenzbesteuerung vorgenommen werden. Nach § 25a Abs. 3 UStG ist aus der Differenz zwischen dem Verkaufspreis und dem Einkaufspreis die Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz von 19 % herauszurechnen, da der Verkauf im Januar 2021 erfolgt. Damit ergibt sich folgende Berechnung:
Verkaufspreis Kombi |
10.380 EUR |
Einkaufspreis Kombi |
./. 8.000 EUR |
Differenz (brutto) |
2.380 EUR |
darin enthaltene USt (19 %) |
./. 380 EUR |
Bemessungsgrundlage |
2.000 EUR |
Bei Anwendung der Differenzbesteuerung hat der leistende Unternehmer in seiner Rechnung darauf hinzuweisen.
Gesetzlich vorgeschriebene Hinweisformulierung
Der Unternehmer hat bei der Lieferung von Gebrauchtgegenständen mit den Worten "Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung" auf die Anwendung der Differenzbesteuerung hinzuweisen.
Neben dem Hinweis auf die Differenzbesteuerung darf der Unternehmer die von ihm geschuldete Umsatzsteuer aus der Differenz nicht gesondert ausweisen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung würde ein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer zu einer unberechtigt ausgewiesenen Steuer führen, die der leistende Unternehmer (zusätzlich zu der ansonsten geschuldeten Steuer) schulden würde.
Bei dem Verkauf des Kleintransporters könnte A auch die Differenzbesteuerung anwenden. In diesem Fall würde sich eine Differenz i. H. v. (13.000 EUR ./. 10.000 EUR =) 3.000 EUR ergeben, aus der die Umsatzsteuer herauszurechnen wäre. Als Bemessungsgrundlage würden sich bei einem Steuersatz von 19 % im Januar 2021 dann (3.000 EUR ./. 479 EUR =) 2.521 EUR ergeben. Wenn der Kunde des A als vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer aber bereit ist, eine ihm zusätzlich berechnete und in der Rechnung gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer zu bezahlen, würde sich für A bei der Berechnung der Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis (13.000 EUR × 19 % = 2.470 EUR) ein Nettomarge i. H. v. 3.000 EUR ergeben. In diesem Fall ist es aus Sicht des leistenden Unternehmers sinnvoll, auf die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a Abs. 8 UStG zu verzichten.
Zustimmung des Leistungsempfängers prüfen
Die Bereitschaft eines zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängers, eine Umsatzsteuer zusätzlich zu bezahlen, ist für den Verkäufer sicher immer positiv. Die Zustimmung sollte aber aus Sicht des Käufers geprüft werden, da sie auch zu Nachteilen bei ihm führen kann. Wenn z. B. das Fahrzeug später auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden soll, müssen die den Vorsteuerabzug berechtigenden Anschaffungskosten (verteilt über den maßgeblichen Vorsteuerbericht...