Carsten Bork, Khalid Sabeeh
Zusammenfassung
- Explorative Analysen auf Basis großer Datenbestände (Big Data) werden auch im Finanzbereich zunehmen, um zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen und bessere Entscheidungen für den Geschäftserfolg treffen zu können.
- Dabei können sehr spezifische und abstrakte Fragestellungen untersucht werden, die Einflüsse auf das Geschäft und die Ergebnislage haben.
- Die Fähigkeiten und das Zusammenspiel der dazu notwendigen Bereiche wie bspw. Finanzen, IT, Produktion und dem "Data Science Center" verändern sich signifikant.
- Der Beitrag soll dem Leser einen ersten Überblick über die Vorgehensweise und Herausforderungen bei der Durchführung von Advanced-Analytics-Projekten geben.
1 Digitale Analyse als neue Disziplin der Finanzorganisation
1.1 Advanced Analytics als Kompetenzfeld moderner Finanzbereiche
Advanced Analytics als neue Kompetenz im Finanzbereich
Advanced Analytics wird als ein wesentlicher Bestandteil zunehmend in den Finanzbereichen zum Einsatz kommen. Dabei bezeichnet Advanced Analytics die Fähigkeit datenbasierte und (vor allem) zukunftsgerichtete Untersuchungen durchzuführen. Hierzu werden unterschiedliche Verfahren wie bspw. Data Mining angewandt. Die daraus erwachsenden Vorteile deutlich erhöhter Transparenz und des Erkennens der Wirkzusammenhänge wird entscheidend sein, um geeignete Maßnahmen zur Verbesserung des Geschäfts zu entwickeln. Der Controller wird sich nicht dauerhaft als "Business Partner" positionieren können, ohne dass er (sie) die zusätzlichen Erkenntnisse aus Big Data und Advanced Analytics interpretieren und in Maßnahmen überführen kann.
Abb. 1: Neues Rollenmodell im Finanzbereich
Finanzbereiche werden zunehmend unter Druck geraten, sofern keine Lösungen angeboten werden können, die den zukünftigen Informationsbedarf abdecken. Daraus resultiert ein klarer Handlungsbedarf, stärker in zukunftsorientierte Methoden und Technologien zu investieren.
1.2 Zukünftig mehr als Reporting und Analyse
Das traditionelle Bild des Reporting in Finanzbereichen unterteilt sich zum einen in das abschlussbasierte Monats-, Quartals- und Jahresreporting und zum anderen in das Analysereporting als Grundlage der Detailanalyse z. B. einzelner Belege, Kostenarten und Konten.
Moderne Reportingkonzepte beziehen bereits umfangreiche funktionale Inhalte aus Vertrieb, Produktion, Logistik und anderen Funktionsbereichen mit ein. Dabei sind oftmals nicht mehr nur die monetäre Sichtweise, sondern auch funktionale nicht-finanzielle Kennzahlen auf der Tagesordnung.
Mit traditionellen Berichten ist jedoch eine Analyse von Big Data nicht gegeben. Die notwendige Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur und die Methodik (z. B. Clusteranalysen, modellbasierte Auswertungen) sind noch nicht im breiten Einsatz verfügbar. Zunehmend wird sich nun die Frage gestellt welche Erkenntnisse aus den großen verfügbaren Datenmengen in welcher Form gezogen werden können. In funktionalen Bereichen wie Vertrieb, insbesondere bei digitalen Geschäftsmodellen, geschieht dies bereits. Dabei handelt es sich bspw. um Erkenntnisse die richtigen Waren, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort anzubieten und bereitzustellen.
Neue Kompetenzen müssen aufgebaut werden
Mit den Produkten und Dienstleistungen des Finanzbereichs muss auch die richtige Information, zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort angeboten werden, um z. B. geeignete Maßnahmen für eine positive Geschäftsentwicklung beisteuern zu können. Dies wird zukünftig deutlich über das bisherige Leistungsspektrum der Finanzbereiche hinausgehen, vorausgesetzt, die entscheidenden Kompetenzen werden aufgebaut.
Abb. 2: Advanced Analytics als Disziplin im Steuerungsprozess
1.3 Vorgehen bei der Durchführung von explorativen Advanced-Analytics-Projekten
Wichtiger Ansatz zur Optimierung in Unternehmen
Explorative Advanced-Analytics-Analysen haben das Ziel, datengetriebene Erkenntnisse zu gewinnen, um teilweise sehr spezifische, zuvor definierte Sachverhalte aufzuklären oder aufzulösen. Der explorative Charakter dieser Analysen bezieht sich auf die dabei sehr offene und uneingeschränkte Vorgehensweise. Dabei sind typischerweise Themenstellungen anzutreffen, die ohne datengetriebene Analysen nicht weiterführend aufgeklärt werden können. In Abb. 3 ist eine vereinfachte Skizze einer beispielhaften Vorgehensweise dargestellt.
Abb. 3: Vereinfachtes Vorgehen bei der Durchführung explorativer Analysen
In den nachfolgenden Abschnitten skizzieren die Autoren ein Beispiel einer explorativen Analyse auf Basis von "Advanced Analytics" aufzeigen und die wesentlichen Herausforderungen solcher Themenstellungen.
2 Digital Reporting und Optimierung – Ein Projektbeispiel
Volatile Wertberichtigungen bei einem MRO-Unternehmen als Ausgangspunkt
Das Unternehmen im Projektbeispiel ist ein internationaler Anbieter von Maintenance-, Repair- und Overhaul-Dienstleistungen. Teil des Geschäftsmodells ist die Flatrate-Versorgung der Kunden mit Bauteilen im Rahmen vertraglich vereinbarter Servicelevel. Die Versorgung wird dabei mit einem globalen Materialpool gewährleistet, aus dem heraus die Kunden mit Bauteilen versorgt werden. Kommerziell wird dies i. d. R. in Form eines Flatrate-Vertrages auf Basis der Nutzungsanteile am Materialpool abgegolten. Die Kostenbelastung des Materialpools erfolgt durch eine Abschreibung auf die bevorrateten Bauteile.
Für die Ermit...