Kai Grönke, Adrian Glöckner
Digitalisierung in Unterstützungsfunktionen wird häufig vernachlässigt
Nahezu täglich wird man in den Medien mit dem Schlagwort "Digitalisierung" konfrontiert. Dabei beschränken sich die vermittelten Botschaften meist auf Themen wie die technische Weiterentwicklung von Endgeräten sowie die damit verbundenen Vorteile für den Verbraucher oder die intelligente Vernetzung von Maschinen mithilfe modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Die Herausforderungen der Digitalisierung lassen sich aber auch auf die Organisation und Prozesse der Unternehmen übertragen. Dennoch schenkt der Großteil der Unternehmen dem Einzug der Digitalisierung in den Unterstützungsfunktionen, wie bspw. im Einkaufs- oder Finanzbereich, bisher noch wenig Aufmerksamkeit.
Welche Relevanz diese Funktionen und insbesondere der Finanzbereich haben, zeigen viele Beispiele produzierender, mittelständischer Unternehmen. Viele Geschäftsmodelle dieser Unternehmen befinden sich in einem Umbruch. So werden Entwicklungszyklen immer kürzer, Kunden verändern kurz- und langfristig ihr Nutzungsverhalten und neue Marktteilnehmer drohen die über Jahrzehnte entstandenen Machtverhältnisse binnen kürzester Zeit zu verschieben. Beispielhaft sei ein Unternehmen herausgegriffen. Ein Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie nahm diesen Wandel zum Anlass, sich in sämtlichen Unternehmensbereichen proaktiv mit dem Thema Digitalisierung auseinanderzusetzen und somit im Wettbewerb zu bestehen.
Vorteile durch automatisierten Forecast
In dem Unternehmen wurde der Forecast innerhalb des Vertriebscontrollings mithilfe einer Kombination aus Zeitreihenmodellen ("Ensemble-Modell") und eines "Machine-Learning-Verfahrens" automatisiert. Damit kann heute den Marktverantwortlichen eine täglich aktualisierte Prognose des Absatzes in verschiedenen Zielmärkten bis zu 31 Tage im Voraus zur Verfügung gestellt werden. Die Forecast-Genauigkeit liegt dabei deutlich über der, die mit dem herkömmlichen Forecast-Prozess erreicht wurde. Der Einsatz dieser daten- und faktenbasierten, analytischen Modelle ("Business Analytics") führt zu einer Verbesserung in der betrieblichen Entscheidungsfindung und dient letztendlich der Erhaltung bzw. beziehungsweise Steigerung des Unternehmenserfolgs.
Digitaler Transformationsprozess – eine Reise ins Ungewisse
Dieses Beispiel verdeutlicht einen der 3 häufigsten Auslöser, die zu einer Transformation des Finanzbereichs und -prozessen führen.
- Eine Triebfeder ist – wie im oben gezeigten Beispiel – eine vom Vorstandsvorsitzenden angeordnete, unternehmensweite Digitalisierungsinitiative, die alle Unternehmensbereiche einschloss.
- Der zweithäufigste Beweggrund ist das intrinsische Bestreben des Finanzbereichsverantwortlichen, den Finanzbereich zu optimieren. Effizienzdruck kann dabei die Handlungsmotivation sein, sich die Digitalisierung für den eigenen Unternehmensbereich zu Nutze zu machen.
- Als dritthäufigster Anlass ist die Einführung von innovativen, digitalen Geschäftsmodellen zu nennen. Diese neuartigen Geschäftsmodelle erfordern neue oder erweiterte Steuerungslogiken, -informationen und -instrumente, um den neuen Wertschöpfungsformen sowie den damit verbundenen Umsatz- und Gewinnmodellen Rechnung zu tragen.
Die hier aufgeführten Auslöser zeigen stellvertretend, dass es viele Wege in die Digitalisierung des Finanzbereichs gibt. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre es jedoch vermessen zu behaupten, man wüsste zweifellos, wohin die "Digitalisierungsreise" schlussendlich geht. Dass die Digitalisierung nachhaltige Veränderungen im Finanzbereich und allen anderen Unternehmensbereichen mit sich bringt, darüber sind sich alle Experten einig. Sich daher als Unternehmen auf die "Digitalisierungsreise" zu begeben ist unverzichtbar, um auch in Zukunft den Unternehmenserfolg sicherzustellen.
Im Folgenden wird anhand der 3 Dimensionen "Prozesse", "Organisation" und "Rollen" des Finanzbereichs beschrieben, wohin die "Digitalisierungsreise" gehen könnte und welche Konsequenzen für den Finanzbereich in Zukunft zu erwarten sind.