Zusammenfassung
- Die Verschiebung von Geschäftsmodellen revolutioniert den Handel mit offenem Ausgang.
- Treiber der Veränderungen sind Technologie in Verbindung mit neuen Mehrwerten für Verbraucher. Geschäftsmodelle im Handel müssen den Kundenerwartungen folgen. Dabei geht es nicht nur um digitale Prozesse. Mehrwerte für Kunden können digital oder offline entstehen.
- Geschäftsmodelle sind nicht definiert und sind nur eine Hilfskonstruktion für Unternehmen zu erkennen, womit heute und in Zukunft das Unternehmen Kernfunktionen erfüllt und am Ende Geld verdient. Für Berufsfelder im Wandel, wie das Controlling, könnte es eine neue Aufgabe sein, Geschäftsmodelle zu erarbeiten und Unternehmer beraten, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln.
- Dargestellt werden die Basisarchitektur digitaler Geschäftsmodelle, spezifische Erlösmodelle im Handel sowie konkrete Empfehlungen für die Umsetzung am Beispiel der häufigsten Erlösform im eCommerce, dem Online-Shop.
- Gemäß der These "Handel sind Plattformen" wird der besondere Vorteil mehrseitiger Plattformen sowie Ausblicke in Plattformökonomie darstellt.
1 Der Handel im Umbruch: Gewinner und Verlierer der Digitalisierung
Der Handel gehört zu den großen Branchen, die am stärksten durch die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft berührt werden. Kritische Mahner sehen heute die meisten Händler in ihrer Existenz bedroht, wenn sie nicht in der einen oder anderen Form am Wachstum des Online-Handels partizipieren. Die Wirtschaftswoche führt sogar eine Liste von "bedrohten Handelsunternehmen"."Das Ende des Konsums" ist der Titel einer Studie mit düsteren Prognosen von der Entmaterialisierung von Käufen und Dienstleistungen bis hin zu verwaisten Innenstädten.
Der Hintergrund ist einfach: Seit Jahren sind schnell wachsende Um- und Absätze im elektronischen Handel zu verzeichnen. Unter elektronischer Handel, eCommerce oder Online-Handel ist die Produktsuche (Information), die Auswahl sowie die Bestellung und Bezahlung (Kaufabschluss) über das Internet zu verstehen. Weitere, mit dem Kauf verbundene, Dienstleistungen können ebenfalls über das Internet bestellt und bezahlt werden: Konfiguration von Produkten, Verpackung, Auslieferung, Versand an Dritte oder Abholung und vieles mehr.
Zudem sind mit dem elektronischen Handel neue Ebenen der Informations- und Geldströme entstanden, die im traditionellen, stationären Handel so nicht möglich waren. Während dort die Interaktion mit dem Kunden vorrangig im Laden, beim Kauf der Ware stattfindet, ist der Online-Handel auch durch eine zunehmende Vernetzung der Konsumenten und neue Formen der Interaktion sowohl zwischen Kunden untereinander, als auch zwischen Kunden und Herstellern oder Händlern gekennzeichnet.
Daraus resultieren zum Teil neue Geschäftsmodelle, welche teilweise ausschließlich online-basiert sind. Deren Etablierung übt einen erheblichen Druck auf konventionelle stationäre Händler aus, die sich einer neuen Wettbewerbssituation gegenübersehen und entsprechend reagieren oder besser noch agieren müssen. Aufgrund dieser anhaltenden Entwicklung kommt es zu dynamischen Anpassungsprozessen, sowohl auf Seiten der Pure Online Player, als auch auf Seiten des stationären Handels am Point of Sale (PoS).
Aus den beschriebenen Entwicklungen ergeben sich für stationäre Händler große Herausforderungen: Wie können sie am Wachstum des Online-Handels teilhaben und ebenfalls davon profitieren? Welche Gefahren gibt es für ihre Geschäftsmodelle? Sind neue Akteure, z. B. reine Online-Händler in der Lage ihr Business zu übernehmen?
2 Treiber des Wandels: Einfache Technik und hoher Nutzen
Es gibt zwei wesentliche Treiber, welche die Veränderungen im Handel in den letzten Jahren massiv begünstigt haben. Zu einen hat die Informations- und Kommunikationstechnologie gewaltige Entwicklungssprünge vollzogen und stellt Basistechnologien flächendeckend und kostengünstig zur Verfügung. Dazu gehören vor allem immer besser verfügbare Breitbandverbindungen sowie immer noch schnell wachsende Rechner- und Speicherkapazitäten, die gleichzeitig permanent günstiger werden. Zum anderen wurden neue Technologien wie beispielsweise Mobile Computing, Cloud oder Analytics entwickelt, die neue Anwendungen und Geschäftsmöglichkeiten bieten.
Der Online-Handel befriedigt Wünsche der Verbraucher bzw. Konsumenten in einer vorher nicht gekannten Weise. So können die Kunden einkaufen, wann sie wollen, sie müssen sich an keine Ladenschlusszeiten halten und keine Parkplätze suchen. Sie können einkaufen, wo sie wollen und sich die Waren nach Hause senden lassen. Es gibt keine Warteschlangen vor den Kassen und das Schleppen schwerer Einkaufstaschen entfällt. Oder sie bestellen die Ware von zu Hause, um sie sich im Laden anzusehen und zu kaufen. Umfassende Informationen über Produkte oder Sonderangebote, Bewertungen anderer Konsumenten und vieles mehr stehen den Kunden immer und überall zur Verfügung: Zu Hause, am Computer, unterwegs auf dem Smartphone oder natürlich d...