Dr. Christian Briem, Mark René Hertting
2.1 Technische Herausforderungen für eine digitale Planungslösung
Die Vorteile einer digitalen Planung liegen auf der Hand, doch um diese auch nutzen zu können, bedarf es wesentlicher Investitionen. Nicht nur der Aufbau der IT-Infrastruktur ist ein ressourcenintensiver Prozess, sondern vor allem die fachliche Spezifizierung der Lösung. Um einen wirklichen Mehrwert erzielen zu können, muss diese auf die Datenströme im Unternehmen zugeschnitten werden. Dabei entstehen drei Herausforderungen:
- Datenvolumen & Performance,
- Komplexität & Flexibilität und
- Automatisierung & Transparenz.
Diese gilt es für eine Best-in-Class Lösung gemeinsam zu bewältigen.
Vielfältiges Planungsmodell am Beispiel einer Versicherung
Dadurch, dass die Vertragsportfolien nach Richtlinien wie IFRS bewertet werden müssen, ist vielfach eine individuelle Analyse von Nöten. Dabei können durch verschiedene Ansichten, wie bspw. Segment oder Branche, schnell bis zu 50 verschiedene Dimensionen entstehen. Das dadurch aufkommende immense Datenvolumen erfordert leistungsstarke Planungsmodelle. Solche Lösungen zählen daher zu Recht auch zu den Big-Data-Lösungen. Außerdem verlangen die Fülle an Rechnungslegungsstandards, die Unterschiedlichkeit der Geschäftsmodelle innerhalb des Konzerns und die Differenzierung nach verschiedenen Unternehmensbereichen eine ausgeprägte Anpassungsfähigkeit und Flexibilität des Datenmodells. Um eine nachhaltige Lösung zu erarbeiten muss auch die kontinuierliche Veränderung dieser Rahmenbedingungen als Faktor in den Aufbau des Modells miteinbezogen werden. Nicht zu unterschätzen ist auch die Komplexität der Berechnungslogik. Eine automatisierte und transparente Lösung, die z. B. nach Produkt oder Tarifen aufgeschlüsselt ist und nicht nur auf Konzernebene Einsichten bietet, erfordert wesentliche Investitionen.
2.2 IT-Planungslösungen bedürfen spezieller Lösungsansätze
Es stellt sich die Frage, wie mit diesen Herausforderungen umgegangen wird. Im Folgenden soll beispielhaft aufgezeigt werden, wie die erwähnten Hürden zu bewältigen sind.
Die Implementierung einer neuen Planungslösung bietet die Möglichkeit für eine konzeptionelle Umgestaltung der Prozesse. Der neue Prozess beginnt zunächst mit der Zulieferung von Daten aus Controlling, dezentrales Controlling oder weiteren Fachbereichen. Aufgrund dieser Informationen erstellt das Rechnungswesen in einem ersten Schritt eine Jahresplanung nach HGB. Die Resultate der Jahresplanung und die zugelieferten Daten der genannten Bereiche für den Mittelfristzeitraum bilden die Basis für eine mögliche Mittelfristplanung und werden zunächst individuell für jede Einzelgesellschaft im Konzern berechnet. Die Berechnungen werden dann unmittelbar im Planungstool konsolidiert.
In Zeiten größerer Veränderungen, ist Flexibilität auch in der Planung notwendig. Das Aufkommen neuer oder erweiterter Geschäftsmodelle stellt die Planung vor Herausforderungen. Zukunftstechnologien wie bspw. autonomes Fahren erfordern eine erhöhte Flexibilität vom Planungsprozess. Die Abbildung von neuen Geschäftsmodellen in der Planung setzt zudem ein hohes Maß an Modellierbarkeit voraus. Die Unsicherheit, die beim Ausbau eines neuen Geschäftszweiges ein wesentlicher Aspekt ist, stellt einen weiteren Faktor dar, der Anpassungsmöglichkeiten der Planung erfordert. Neue Geschäftsmodelle und ggf. dazu neu gegründete Gesellschaften werden in Business Cases abgebildet. In der Praxis wird der zugrundeliegende Business Case durch Excel-unterstützte Modellrechnungen laufend an die Rahmenbedingungen angepasst und mit dem Basis Case verglichen. Diese Berechnungen werden dann auch häufig für die Planung herangezogen. Diese manuelle Anpassung ist mit einem wesentlichen Aufwand verbunden. Aus diesem Grund sind relevante Treiber des jeweiligen Geschäftsmodells in der integrierten Lösung abzubilden und können dadurch auch für die Planung zur Verfügung gestellt werden. Die Treiber bieten die Basis für die Berechnung von Vorschlagswerten und dem Aufbau einer kompletten Erfolgsrechnung und Bilanz in der Planung. Deren Aufstellung ist zwar bei der Implementierung mit zusätzlichem Aufwand verbunden, bietet jedoch längerfristig Einsparpotenziale durch einen reduzierten Planungsaufwand und einfachere Integration von zukünftigen Geschäftsmodellen.
Rückstellungen bilden eine zentrale Bilanzposition und ein anschauliches Beispiel für eine Größe, deren komplexe Berechnung mit hohem Aufwand verbunden ist. Die Rückstellung dient dem Ausgleich der unterschiedlichen künftigen Aufwände im Zeitablauf und dadurch der Glättung der Ergebnisse. Je nach zugrunde liegender Aufwandsart ist eine Rückstellung auf einen Beobachtungszeitraum von 15–30 Jahren ausgerichtet. Der lange Zeitraum und die Prüfung verschiedener Bedingungen auf mehreren Organisationsebenen führt zu einer ressourcenintensiven Berechnung. Aus diesem Grund ist bei der Implementierung darauf zu achten, dass die Berechnung auch in Zukunft für alle Planungseventualitäten gemäß gesetzlicher Vorschriften umgesetzt werden kann. Des Weiteren ist aufgrund der Wichtigkeit der Größe auf eine transparente Berechnun...