Dipl.-Finanzwirt (FH) Tobias Gerauer
5.3.2.1 Grundsatz:
Das OECD-MA gibt nicht vor, in welchen Fällen die Anrechnungsmethode anzuwenden ist. Alle von Deutschland abgeschlossenen DBA sehen aber für bestimmte Einkunftsarten die Anrechnungsmethode vor.
Ausweislich der Verhandlungsgrundlage für deutsche DBA soll die Anrechnungsmethode regelmäßig angewendet werden auf
- Dividenden, soweit der ausländische Staat ein Quellenbesteuerungsrecht hat,
- Veräußerungsgewinne aus Gesellschaftsanteilen, deren Wert zu mehr als 50 % auf unbeweglichem Vermögen beruht,
- Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen,
- Sozialversicherungsrenten und Renten, die unter bestimmten Voraussetzungen in beiden Staaten besteuert werden dürfen.
Die einzelnen DBA können hiervon Abweichungen enthalten. Es ist daher in jedem Fall erforderlich, das DBA hinsichtlich der anzuwendenden Methode zu prüfen.
5.3.2.2 Ausnahmen
Bei den Vereinigten Arabischen Emiraten und Zypern kommt ausschließlich die Anrechnungsmethode zur Anwendung.
Anrechnungsmethode: Vereinigte Arabische Emirate
Die verheiratete deutsche Staatsangehörige P (Familienwohnsitz in Deutschland) wird von ihrem Arbeitgeber in das Emirat Dubai gesandt. Sie hält sich dort innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten 220 Tage auf. Das Besteuerungsrecht liegt gem. Art. 14 Abs. 1 DBA Vereinigte Arabische Emirate im Tätigkeitsstaat, also in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ein Rückfall des Besteuerungsrechts an den Ansässigkeitsstaat gem. Art. 14 Abs. 2 DBA Vereinigte Arabische Emirate kommt nicht infrage, da sie sich mehr als 183 Tage in den Vereinigten Arabischen Emiraten aufhält.
Das Besteuerungsrecht liegt zwar in den Vereinigten Arabischen Emiraten, aufgrund der Anrechnungsmethode wird der in Dubai erzielte Arbeitslohn dennoch in Deutschland besteuert. Da in Dubai auf Arbeitslöhne keine Steuern erhoben werden, sind im Rahmen der deutschen Einkommensteuerveranlagung keine Steuern anzurechnen.
5.3.2.3 Behandlung in der deutschen Einkommensteuerveranlagung
Bei der Anrechnungsmethode werden die ausländischen Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung vollständig in die Bemessungsgrundlage miteinbezogen, also voll versteuert. Die auf diese Einkünfte erhobene ausländische Steuer wird, wenn sie mit der deutschen Einkommensteuer vergleichbar ist, auf die deutsche Steuer angerechnet.
Zur Anrechnung der ausländischen Steuern ist der durchschnittliche Einkommensteuersatz, der sich aus dem gesamten zu versteuernden Einkommen ergibt, auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden.
Anrechnung ausländischer Steuer
Der alleinstehende Y erzielt im VZ 2024 ausländische Einkünfte i. H. v. 10.000 EUR in einem Nicht-DBA-Staat. Auf diese Einkünfte bezahlt er im Ausland umgerechnet 3.500 EUR Steuern, die mit der deutschen Einkommensteuer vergleichbar sind. Insgesamt beträgt das zu versteuernde Einkommen inklusive der ausländischen Einkünfte 100.000 EUR.
zu versteuerndes Einkommen: |
100.000 EUR |
darauf entfallende Einkommensteuer: |
32.027 EUR |
durchschnittlicher Steuersatz: |
32,027 % |
Bei Anwendung des durchschnittlichen Steuersatzes (32,027 %) auf die ausländischen Einkünfte (10.000 EUR) ergibt sich somit eine maximale anrechenbare ausländische Steuer i. H. v. 3.203 EUR. Es sind somit 3.203 EUR von den 3.500 EUR im Ausland bezahlten Steuern auf die deutsche Einkommensteuer anrechenbar.