Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Bewohnt der Steuerpflichtige gemeinsam mit seinem Partner eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort, so muss er konkret nachweisen, dass sein Mittelpunkt der Lebensführung weiterhin am Ort der Erstwohnung liegt und der zweite Haushalt nur beruflichen Zwecken dient. Im Urteilsfall gelang dieser Nachweis nicht, sodass die doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt wurde.
Sachverhalt
Ein Ingenieur übernahm die Leitung eines Ingenieurbüros in P-Stadt und mietete dort eine Wohnung an, die er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin bezog (die ebenfalls in P-Stadt arbeitete). Die Lebensgefährtin verfügte zudem noch über eine Wohnung im Haus ihrer Eltern in O-Stadt. Der Ingenieur machte geltend, dass sein Haupthausstand in der Wohnung der Lebensgefährtin in O-Stadt lag und die gemeinsam bezogene Wohnung in P-Stadt lediglich eine beruflich veranlasste Zweitwohnung darstellte.
Entscheidung
Es liegt keine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vor. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG muss der Arbeitnehmer außerhalb des Orts seines Hausstands beschäftigt sein und daneben auch am Beschäftigungsort wohnen. Die Einrichtung des zweiten Haushalts muss dabei konkreten beruflichen Zwecken dienen. Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn der Berufstätige allein am Beschäftigungsort wohnt und die Hauptwohnung weiter von der Familie bewohnt wird. Im Urteilsfall war die Wohnsituation vollkommen anders, da der Steuerpflichtige am Beschäftigungsort mit seiner Lebensgefährtin zusammenlebte. In diesem Fall kann die berufliche Veranlassung der Zweitwohnung und damit die doppelte Haushaltsführung selbst nur angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der Wohnsitz in O-Stadt der Haupthausstand war, an dem der Mittelpunkt seiner Lebensführung lag und an dem er sich regelmäßig aufhielt. Diesen Nachweis konnte er nicht erbringen.
Hinweis
Den erforderlichen Nachweis für den Lebensmittelpunkt in O-Stadt versuchte der Ingenieur in erster Linie durch die Vorlage einer Meldebescheinigung zu erbringen. Wie zu erwarten war, hielt das FG dagegen, dass einer solchen Bescheinigung keine Aussagekraft über die tatsächlichen Wohnverhältnisse zu entnehmen ist. Der Nachweis des Lebensmittelpunkts könnte in gleichgelagerten Fällen besser gelingen, indem der Steuerpflichtige z.B. Arzt- und Einkaufsrechnungen vom Wohnort vorlegt oder Zeugenaussagen von Nachbarn, Freunden und Verwandten vorweisen kann.
Hinweis: Eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung kann auch vorliegen, wenn der Steuerpflichtige seinen Haupthausstand aus privaten Gründen vom Beschäftigungsort wegverlegt und daraufhin einen Zweithaushalt in einer Wohnung am Beschäftigungsort begründet. Mit dieser Entscheidung läutete der BFH einen Richtungswechsel in der Rechtsprechung zur doppelten Haushaltsführung ein.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.10.2010, 5 K 5230/07