2.1 Handelsrechtliche Pflichtrückstellung
Handelsrechtlich sind Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften Pflichtrückstellungen. Aus Gründen des Gläubigerschutzes sind nach dem Imparitätsprinzip unrealisierte Gewinne nicht, unrealisierte Verluste hingegen auszuweisen. Diese Aufwandsüberschüsse aus schwebenden Geschäften können bilanziell als Rückstellung zu passivieren sein.
Sachlicher Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften beginnt und endet mit dem schwebenden Geschäft. Er beginnt frühestens mit der Abgabe eines verbindlichen Vertragsangebots, dessen Annahme mit Sicherheit zu erwarten ist, und endet mit der Gewinnrealisierung.
Die Bildung einer Rückstellung für drohende Verluste erfordert konkrete Anhaltspunkte, die bei normaler Abwicklung des Geschäfts einen Verlust erwarten lassen und somit die Vermutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung widerlegen. Die bloße Möglichkeit eines späteren Verlusts reicht nicht aus. Die Anzeichen sind aus den individuellen vertraglichen Vereinbarungen und den Umständen der Vertragsabwicklung abzuleiten.
2.2 Bewertung der Drohverlustrückstellung in der Handelsbilanz
Die Bewertung der Rückstellung für drohende Verluste richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften über die Rückstellungsbewertung. Bewertungsmaßstab ist der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung zu schätzende notwendige Erfüllungsbetrag. Die Bewertung einer Drohverlustrückstellung bemisst sich nach dem sog. Verpflichtungsüberschuss, der Saldogröße zwischen Aufwand und Ertrag. Neben vertraglich vereinbarten Haupt- und Nebenleistungen sind auch darüber hinaus gehende, durch das schwebende Geschäft verursachte konkrete wirtschaftliche Vorteile in die Beurteilung einzubeziehen. Ferner sind die allgemeinen Regeln zur Abzinsung von Rückstellungen zu beachten.
2.3 Steuerrechtliches Ansatzverbot für Drohverlustrückstellungen
Drohverlustrückstellungen unterliegen in der Steuerbilanz einem Passivierungsverbot.
Eine Rückstellung für drohende Verluste wird wirtschaftlich in der Zukunft verursacht. Eine steuerlich nicht zulässige Verlustrückstellung erfasst künftige Verluste, eine in der Steuerbilanz auszuweisende Verbindlichkeitsrückstellung hingegen bereits realisierte Aufwendungen.
Verpflichtungen können Verbindlichkeitsrückstellungen begründen. Die mit oder nach Erteilung eines Lieferauftrags gegebene Zusage, Entwicklungskosten eines Zulieferers zu übernehmen, rechtfertigt z. B. ebenso eine Verbindlichkeitsrückstellung in Handels- und Steuerbilanz wie auch die Zusage von Gewährleistungen, Garantie- oder Bürgschaftsverpflichtungen für die Zeit nach Eintritt der Gewinnrealisierung.
Ist ein Unternehmer verpflichtet, einen gegenüber Dritten abgeschlossenen Vertrag vereinbarungsgemäß zu erfüllen und kann er aus diesen Gründen den Eintritt eines Verlusts nicht verhindern, kann trotz Vorliegen eines schwebenden Geschäfts in der Steuerbilanz eine Rückstellung in Form einer Verbindlichkeitsrückstellung zu bilden sein.
Teilwertabschreibung
Eine Teilwertabschreibung hat gegenüber der Drohverlustrückstellung immer Vorrang. Das steuerrechtliche Verbot der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erfasst nur den Teil des Verlustes, der durch die Teilwertabschreibung nicht verbraucht ist. Handels- und steuerrechtlich zulässig sind z. B. Teilwertabschreibungen bei der Bewertung unfertiger oder teilfertiger Erzeugnisse bei dauernden Wertminderungen.