Dr. Philipp Thiele, Prof. Dr. Mike Schulze
3.1 Praxisorientierte Studie zur integrierten Berichterstattung
Erfahrungen aus fünf deutschen Unternehmen, alle Teilnehmer des IIRC-Pilotprojektes
Im Rahmen einer praxisorientierten Studie, die gemeinsam von EBS Universität für Wirtschaft und Recht und Horvath & Partners Management Consultants in 2015 durchgeführt wurde, wurden die Auswirkungen einer integrierten Berichterstattung auf die Organisationsstruktur untersucht. Dazu wurden insgesamt fünf deutsche Unternehmen über Mehrfachinterviews mit verschiedenen Funktionsbereichen analysiert, die bereits eine integrierte Berichterstattung eingeführt haben und darüber hinaus Teilnehmer des IIRC-Pilotprojektes waren, an dem sich weltweit über 100 Unternehmen beteiligt haben. Ziel der Studie war es unter anderem, die Vorgehensweise der Unternehmen während der Implementierung der integrierten Berichterstattung und die damit einhergehenden Veränderungen in der Aufbau- und Ablauforganisation zu verstehen. Ausgewählte Ergebnisse der Studie werden in den nachfolgenden Abschnitten beschrieben.
3.2 Strukturen zur Implementierung einer integrierten Berichterstattung
Zwei Optionen: Projekt- vs. Linienstruktur
Die Studie gab Aufschluss über die angewandten Strukturen zur Implementierung einer integrierten Berichterstattung. Hierbei standen vor allem zwei unterschiedliche Optionen im Fokus: zum einen eine eigens für diesen Zweck etablierte Projektstruktur und zum anderen eine Implementierung, die in den bestehenden Linienstrukturen abgebildet wurde.
3.2.1 Projektstruktur
Projektleitung bestehend aus zwei Bereichsverantwortlichen
Zwei der an der Studie teilnehmenden Unternehmen haben für die Implementierung eigene Projektteams gegründet, die über einen Zeitraum von 3 – 4 Jahren die Implementierung der integrierten Berichterstattung umsetzen sollten. Hierzu wurde bei beiden Unternehmen eine Doppelverantwortlichkeit in der Projektleitung eingerichtet. Im ersten Unternehmen waren der Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements sowie der Leiter der Unternehmenskommunikation für die Leitung des Projektteams verantwortlich. Im zweiten Unternehmen oblag dies dem Leiter Rechnungswesen und dem Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements. Diesen Projektleitern wurden dann jeweils Mitarbeiter aus verschiedenen Funktionsbereichen (u. A. Strategie-, Personal-, Marketing-, Finanz-/Controllingbereich) als Projektteam zugeordnet. Auf Grundlage wöchentlicher Meetings haben diese Projektteams sowohl die Konzeptphase als auch in der Folge die Umsetzungsphase durchlaufen.
In der Umsetzungsphase sind die beiden Unternehmen unterschiedlich vorgegangen. Das erste Unternehmen hat eine schrittweise Implementierung der integrierten Berichterstattung angewendet, während das zweite Unternehmen diese in einem Schritt umgesetzt hat. Die schrittweise Einführung ermöglichte eine leichtere Projektsteuerung und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Abläufe und Strukturen. Allerdings führte diese Form, im Gegensatz zur Implementierung in einem Schritt, auch zu einem erhöhten Aufwand und einer zeitlichen Verzögerung der Umsetzung.
Kontrollgremium zur Qualitätssicherung
Bei beiden Unternehmen wurde ein Kontrollgremium installiert, das den Fortschritt des Projektteams monatlich überprüft hat. In beiden Fällen war neben verschiedenen Bereichsleitern auch der Vorstand Finanzen ein Mitglied dieses Gremiums. Das Kontrollgremium war bei einem der beiden Unternehmen auch federführend verantwortlich für den Kulturwandel im Unternehmen.
Abb. 4: Projektstruktur eines der befragten Unternehmen
3.2.2 Linienstruktur
Die weiteren drei befragten Unternehmen steuerten die Implementierung der integrierten Berichterstattung aus der bestehenden Linienfunktion heraus und gründeten hierfür weder eigene Projektteams noch andere temporäre Organisationsstrukturen. Die jeweiligen Themenstellungen wurden in den Unternehmen zunächst abteilungsintern konzeptionell bearbeitet. Im Anschluss daran erfolgte, nach Vorstandsbeschluss, ein bereichsübergreifender Austausch zum weiteren Vorgehen der Umsetzung. Im Rahmen von kontinuierlichen Treffen haben die Abteilungsleiter dann Arbeitspakete definiert, die daraufhin in den entsprechenden Funktionsbereichen bearbeitet wurden. Im halbjährlichen Rhythmus haben sich die Abteilungsleiter getroffen, um den jeweiligen Ergebnisstand ihres Funktionsbereiches zu präsentieren und abzustimmen.
3.2.3 Abschließende Beurteilung von Projekt- und Linienstruktur
Projektstruktur weist klare Vorteile auf
Die Praxisstudie verdeutlicht den Mehrwert einer eigens für die Implementierung einer integrierten Berichterstattung geschaffenen Projektstruktur. Die Einzelinterviews zeigten vor allem die Vorteile der Projektstruktur auf und verwiesen auf die Nachteile einer Linienstruktur. Als wesentliche Vorteile der Projektstruktur wurden genannt:
- Implementierung der integrierten Berichterstattung erhält einen höheren Stellenwert im Unternehmen,
- regelmäßiger funktionsübergreifender Austausch auf operativer Ebene ermöglicht Entwicklung des Integrated Thinking sowie
- klare Verantwortlichkeitsstrukturen im Unternehmen sind über die bestehende Projektleitung definiert.
Im Gegensatz hierzu wurden hinsichtlich der Linienstruktur folgende wesentliche Nachteile genannt:
- Erhöhter Mehraufwand d...